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(c) Pester Lloyd / 29 - 2009 POLITIK 15.07.2009
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Hinter den Siebenbürgen

Rumänien und Ungarn auf vorsichtigem Versöhnungskurs

Am Dienstag unterzeichneten Vertreter von Ungarn und Rumänien ein Protokoll über die Belange ethnischer Ungarn in Rumänien und ethnischer Rumänen in Ungarn. Dabei ging es in erster Linie um die Beilegung eines Streits um die "massenhafte Entlassung von Beamten der ungarischen Minderheit" und ihre Ersetzung durch rumänische Rumänen bei etlichen Lokalbehörden in Siebenbürgen.

Die Maßnahmen der Bukarester Zentralregierung hatten zu starken Protesten unter den ethnischen Ungarn geführt, am lautesten regten sich jedoch nationalkonservative Politiker in Ungarn selbst auf. Hier sprachen einige sogar von "ethnischen Säuberungen".

Die rumänische Regierung berief sich dabei auf das Prinzip der "besten Qualifikation". Der ungarische Vertreter argumentierte bei den jetztigen Gesprächen nochmals, dass Minderheiten gemäß ihres Anteils an der Bevölkerung auch in den lokalen und regionalen Institutionen vertreten sein sollten. Staatssekretär Aurescu erwiderte, dass die Demokratische Union der Ungarn in Rumänien zum Zeitpunkt der Maßnahmen nicht mehr Teil der Regierungskoalition war und jede demokratisch gewählte Regierung das Recht habe, ihre Vertreter zu entsenden.

Beide Staatssekretär vereinbarten eine Art gemeinsame Versöhnungsreise, um sich gegenseitig über die Sprachausbildung in Schulen der Minderheiten zu informieren. Als positives Beispiel wurde die durch beide Länder finanzierte rumänische Schule im ungarischen Battonya angeführt, die sich wachsender Akzeptanz erfreut.

Die historisch nicht einfachen Beziehungen zwischen beiden Ländern (Stichwort: Trianon) werden immer wieder durch gegenseitige Vorwürfe und Scharmützel belastet, deren Umstände geübteren Europäern zum Teil skurril vorkommen müssen. Während Rumänien sich bei der Minderheitenpolitik, etwa im Sprachgebrauch und im Schulwesen, im Einklang mit den EU-Vorschriften wähnt, aber keinen Grund für die Erteilung eines expliziten Autonomiestatus´ für die ungarischen Rumänen sieht, meint Ungarn stets, die Landsleute drüben seien in der Ausübung ihres Ungarntums behindert. Rumänien versucht tatsächlich in regelmäßigen Abständen, die Rolle der Zentralmacht in den von Ungarn besiedelten Regionen zu stärken und den Einfluss der Ethnienvertreter zu beschneiden. Je nach wahltaktischen Überlegungen arbeitet man hier gerne mit Zuckerbrot und Peitsche.

Ungarn seinerseits provoziert auch von höchster Ebene: so reiste der ungarische Präsident zum ungarischen (!) Nationalfeiertag nach Rumänien, um dort mit "Landsleuten" zu feiern. In Ungarn wunderte man sich anschließend sogar noch über die abweisende Reaktion der Rumänen, die László Sólyom praktisch wie eine persona non grata behandelten und der Präsidentenmaschine die Landegenehmigung verweigerten, was diesen zu einer umständlichen Autofahrt zwang. Die Karte von Großungarn, in der "Erdély", also Siebenbürgen, ein selbstverständlicher Teil Ungarns ist, sieht man hierzulande noch allzu häufig, übrigens nicht nur bei Nationalen und Rechten. Die Belange der ca. 3 Mio. ethnischen Ungarn in den Nachbarländern sind fixer Bestandteil jeden Wahlkampfes. Die Vertretung "aller Ungarn" ein, trotz Europa und Schengen, wiederholter Anspruch der national orientierten Landeshälfte. Besonders heftig sind die bilateralen Streitigkeiten derzeit mit der Slowakei.

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