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(c) Pester Lloyd / 35 - 2009  POLITIK 02.09.09
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Proteste und Dialog

Sprachengesetz: Demos in der Slowakei und in Ungarn
Treffen der Regierungschefs am 10. September

Am 1. September trat die umstrittene Novelle des Gesetzes zum Schutzer der slowakischen Sprache in Kraft, dass die Benutzung von Fremdsprachen in der Slowakei außerhalb des Privaten unter Strafe stellt. Die zahlreiche ungarische Minderheit im Süden der Slowakei sieht sich als Ziel und Opfer dieser Verordnung, das bilaterale Klima zwischen Ungarn und der Slowakei ist, nicht nur dadurch, seit geraumer Zeit vergiftet.

Der Chef der SMK, der Partei der Slwoakenungarn, Pál Csáky, bei der
Kundgebung in Dunajska Streda

Heute forderten einige Hundert Demonstranten vor der Botschaft der Slowakei in Budapest erneut eine Rücknahme des Sprachengesetzes, dass Ungarn als diskriminierend empfindet. Redner bezeichneten die Maßnahmen als Zensur und als Attacke gegen die ethnischen Ungarn. In ungarischen Gemeinden, auch außerhalb Ungarns, erklangen aus Solidarität mit den Slowakenungarn um 15 Uhr Kirchglocken. Es wurden Parolen wie, "Staatsgrenzen sind keine Völkergrenzen", "Nieder mit Trianon" skandiert.  Die Polizei sperrte das Gebiet um die Botschaft, die in der vergangenen Woche bereits Ziel einer Molotow-Cocktail-Attacke war, ab und war mit zwei Hundertschaften in Bereitschaft.

In der Slowakei verhärten sich indes die Fronten zwischen der Staatsgewalt und der nationalen Bewegung der Slowakenungarn. Die Polizei marschierte massiv bei einer Demonstration in Dunajska Streda, Region Trnava, auf, bei der ca. 12.000 Anhänger (lt. Veranstalter, die Polizei spricht von 6.500) der SMK, einer der Parteien der ungarischen Minderheit, teilnahmen. Die Veranstalter erklärten im örtlichen Fußballstadion, dass sich ihre Proteste gegen niemanden richten, man wolle lediglich für die eigenen Rechte eintreten. In pathetischen Worten breitete sich Pál Csáky aus, Chef der Ungarn-Partei, von der sich kürzlich ein gemäßigter Flügel abgespalten hat. Die Ungarn in der Slowakei sollten für ihre Rechte einstehen und keine Angst haben. Er forderte weitgehende Änderungen am Gesetz. Bereits am 30. August enthüllten Slowakenungarn in Cicov bei Komarnó eine "Trauerstatue", die aus Anlass des Gesetzes von einem slowakisch-ungarischen Künstler geschaffen wurde. Heute hat die SMK zudem Klage beim slowakischen Verfassungsgericht eingereicht.

Auf diplomatischer Ebene machte Ungarn indes keine spürbaren Fortschritte. Die Anrufung von OSZE, EU und UNO brachte nur reservierte bis abweisende Reaktionen. Die Slowakei führte sogar an, dass der Hochkommissar für Menschenrechte keinerlei Beanstandungen bei dem Gesetz machen konnte, da es den privaten Bereich nicht tangiere. Positiv aufgenommen wurde in Ungarn, dass der slowakische Kulturminister angedeutet habe, dass Verstösse gegen das Sprachgesetz nicht unbedingt geahndet werden würden.

Es gibt aber auch erste Anzeichen für Verständigungen auf höchster Ebene. Die Außenminister beider Länder, Lajcak und Balázs vereinbarten bei einem Treffen, dass sich die Ministerpräsidenten, Robert Fico und Gordon Bajnai am 10. September zu einem Gespräch treffen. Dieses soll vor allem "praktische" Themen erörtern, wie Maßnahmen im Kampf gegen die Wirtschaftskrise. Beide Seiten wollen ihre vorwärts gewannte Kooperationsbereitschaft demonstrieren. Kontraproduktiv war hingegen ein Treffen von Präsident Sólyom und dem designierten Regierungschef und jetztigem Oppositionsführer Viktor Orbán, in dem es ebenfalls um die gemeinsame Ablehnung des Gesetzes ging.

Letzter Höhepunkt der national-populistischen Propagandaschlacht zwischen den beiden Nachbarländern war das Einreiseverbot für Ungarns Präsidenten László Sólyom, der einen Tag nach dem ungarischen Nationalfeiertag im slowakischen Komarnó eine Statue für den ungarischen Staatsgründer, den Heiligen Stephan, einweihen wollte. (unsere Berichte). Die Behandlung der ungarischen Minderheit in der Slowakei in punkto kultureller Autonomie, nationalistische Ausfälle auf beiden Seiten und der Vertretungsanspruch der ungarischen Rechten für "alle Ungarn im Karpatenbecken" sind ein belastendes Dauerthema beider Länder, dass von hasstriefenden Nationalisten wie Jan Slota von der SNS oder der ungarischen Jobbik gerne aufgenommen und ausgeschlachtet wird.

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(c) Pester Lloyd

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