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(c) Pester Lloyd / 45 - 2009  WIRTSCHAFT 05.11.2009
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Das große Loch

Erste Abstimmung und weitere Debatte über das Budget in Ungarn

Es hat nur drei Stunden gedauert bis die Reaktion der nationalkonservativen Oppsitionspartei Fidesz auf die Korrektur der zu erwartenden Staatsdefizite Ungarns durch die Europäische Kommission vorlag. Genüsslich nutzte die Partei von Ex-Premier Viktor Orbán, der im kommenden Frühjahr ein überwältigender Wahlseig prognostiziert wird, die Ausführungen aus Brüssel, um die fehlende Kompetenz der Regierung anzuprangern.

Allerdings genügten dem Vizeparteichef Mihály Varga (Foto) nicht die vorhergesagten 4,2% Haushaltsdefizit für 2010 (im Beudgetentwurf stehen 3,8%) aus, seiner unbescheidenen Einschätzung nach müsse das Land mit 5-7% Defizit rechnen. Seine Partei werde nach dem Wahlsieg "ihr bestes dafür tun", dass das Defizit "nicht davonlaufe". Damit verstrickte sich Varga, der bereits in der ersten Orbán Regierung 1998-2002 Finanzminister war, allerdings in einen Widerspruch.

Seine Partei erklärte bis dato nämlich stets, dass Defitziele hinter sozialer Abfederung für die ungarische Bevölkerung und Investitionen zurückstehen müssten. Varga sieht im Budgetentwurf ein "1 Billion-Forint-Loch". Ungarn brauche eine "Wirtschaftspolitik, die neue Arbeisplätze schaffen kann, Anreize für Investitionen bietet und es gleichzeitig ermöglicht, Staatschulden zurück zu zahlen." Wie diese Quadratur des Kreises zu schaffen sein soll, ließ Varga jedoch offen.

Am Dienstag passierten die ersten wichtigen Eckpfeiler des Gesetzentwurfes über den ungarischen Staatshaushalt 2010 das Parlament. Mit 200 Ja- zu 156 Nein-Stimmen funktionierte die informelle Koalition zwischen den ehemaligen Regierungspartnern MSZP und den Liberalen vom SZDSZ. Am 30. November steht jedoch noch die Verabschiedung des Haushaltes als Ganzes auf dem Plan. Man darf davon ausgehen, dass die Zusammenarbeit weiter hält, auch wenn der vor kurzem gewählte neue Vorsitzende des SZDSZ "darauf besteht", dass die Fraktionsmitglieder mit "Nein" stimmen.

Attila Retkes hat der liberalen Partei, die ohnehin schon um ihr politisches Überleben bangt, durch seinen ruppigen Kurswechsel bereits den Rest gegeben. Eine Austrittswelle beraubte sie einer Reihe prominenter Mitglieder, darunter Ikonen der Wendezeit. Und Fraktionschef János Koka, früher Wirtschaftsminister, kümmert sich wenig bis gar nicht um die Anweisungen seines Parteichefs. Er weigerte sich den Fraktionsvorsitz abzugeben und führt seine Abgeordneten wie ein Schattenvorsitzender auf seiner Linie. Retkes meinte, dass im Budgetentwurf die Interessen der "armen Leute" nicht ausreichend berücksichtig sind, Maßnahmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen fehlen und die Kommunen im Stich gelassen würden. Dieser politische Profilierungsversuch erscheint ziemlich hilflos, da dieselben Forderungen bereits u.a. vom Fidesz erhoben werden.

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