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(c) Pester Lloyd / 43 - 2011  KULTUR 27.10.2011

 

Demo gegen "Nazitheater"

Dirigent Dohnányi boykottiert Ungarn aus politischen Gründen

Am vergangenen Samstag fand in Budapest eine Protestkundgebung gegen die Ernennung zweier bekannter Rechtsextremisten zu Theaterleitern statt. Rund tausend Menschen nahmen an dem Protest teil, unterstützt von Solidaritätsadressen aus dem In- und Ausland. Dabei äußerten sich auch jene Theater und Künstler, die der neue Direktor Dörner in seiner Bewerbung aufgeführt hatte, ohne jemals mit ihnen in Kontakt gestanden zu haben.

"Die Stadtregierung hat hier eine rote Linie überschritten", sagte Organisator und Schauspieler Mihály Hajagos bei einer Ansprache, György Dörner und István Csúrka hätten eine "derart extreme und hasserfüllte Einstellung", dass sie als Führung für ein Theater (das Új Színház, hier unser Beitrag dazu) der ungarischen Hauptstadt untragbar seien. Beide erklärten, dass sie das Theater von der "liberalen Hegemonie" befreien und "nationale" Stücke spielen wollten. Csúrka, selbst Theaterautor, ist Chef der antisemitischen MIÉP, Dörner trat mehrfach bei der neofaschistischen Jobbik auf. Eine von ihnen geplante Umbenennung in "Hinterland"-Theater wurde von der Stadt allerdings verworfen. Die Ernennung durch Oberbürgermeister fand gegen den Rat einer (auch von fidesznahen Leuten besetzten) Fachjury statt. Die Kritik daran bezeichnte der OB als "aggressiven Akt".

Einen eher unfreiwillig komischen Beitrag steuerte der Komiker Sándor Fábry zur Protestaktion bei, als er eine Lanze für Dörner brach, der sei schließlich sein Nachbar im Dorf und er habe mit ihm schon öfter mal an der Supermarkt-Kasse gestanden. Er sei kein schlechter Kerl, ein guter Schauspieler ohnehin (was weithin bezweifelt wird). Fábrys groteseke Ansprache wurde ausgepffiffen, anschließend durfte er sich als Faschistenfreund beschimpfen lassen, viele hatten das Gefühl er wollte sich gegenüber den Machthabern empfehlen oder wurde sogar entsandt.

Weiterer Paukenschlag rund um die Ernennung: Der bekannte deutsche Dirigent Christoph von Dohnányi (mit ungarischen Familienwurzeln) hat zwei Konzerte am Monatsende in der Ungarischen Staatsoper mit Hinweis auf die Ernennung von Dörner und Csúrka abgesagt. In einem Schreiben an die Opernleitung, das diese nur auszugsweise auf der Webseite veröffentlichte, erklärte der Dirigent, dass er "nicht in einer Stadt auftreten werde, deren Bürgermeister zwei bekannten Rechtsextremisten und Antisemiten ein Theater anvertraut." Die Oper stellte das Programm um und teilte lapidar mit, dass man "die Möglichkeit einer Schadensersatzklage" gegen den Dirigenten "prüft."

Varga / red.

 

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