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(c) Pester Lloyd / 29 - 2012     POLITIK 19.07.2012

 

Persilschein aus der Heimat

Kriegsverbrecher Csatáry hatte Ungarn und der Slowakei sein Kommen angekündigt

Der gestern auf Druck des Wiesenthal Zentrums von der Budapester Staatsanwaltschaft verhörte mutmaßliche Kriegsverbrecher László Csatáry (unser Bericht), äußerte sich in der rechtspopulistischen Tageszeitung "Magyar Hírlap". Er sagte, dass er 1997, von seinem Exil in Kanada aus, zwei Anfragen an die Behörden in der Slowakei und Ungarn gesandt hatte, um herauszufinden, ob gegen ihn etwas strafrechtlich Relevantes vorliegt oder Ermittlungen zu erwarten seien. Damit ist klar, dass den Behörden schon viel länger die Anwesenheit Csatárys bekannt gewesen sein musste als diese eingestehen.

László Csatáry verlässt am Mittwoch die Bezirksstaatsanwaltschaft in Budapest. Er wurde unter Hausarrest gestellt, eine Flucht halten die Behörden bei dem 97jährigen für unwahrscheinlich.

Csatáry teilte in seinen Briefen mit, dass er in den Vierziger Jahren Polizeioffizier in Kosice / Kassa (heute Slowakei, damals von Ungarn besetzter Teil der Tschechoslowakei, früher Teil Ungarns) war und "Kontakt mit den Deutschen" hatte, weil "ich der einzige war, der ihre Sprache beherrschte". Weitere Angaben zu seiner Tätigkeit dort machte er freilich nicht. Die nicht näher benannten Behörden (vermutlich das Innenministerium) in Ungarn und der Slowakei beschieden die Anfrage negativ, gegen Csatáry würden keine Ermittlungen geführt. Die Schreiben lägen ihm vor, so Csatáry gegenüber der Zeitung. Daraufhin habe er sich "guten Glaubens" zurück in die Heimat begeben.

 

Dies war auch notwendig, denn die kanadischen Behörden hatten ihm die Aufenthaltsgenehmigung entzogen und ihn zur persona non grata erklärt, bereits seit 1948 existierte ein Todesurteil gegen ihn aus der damaligen Tschechoslowakei. All dies war weder für die slowakischen noch die ungarischen Behörden Anlass zu handeln. 1997 war der Sozialist Gyula Horn Ministerpräsident Ungarns.

Das Ergebnis des gestrigen Verhörs ist nicht ganz klar zu deuten. Csatáry soll seine Unschuld beteuert haben, er habe überhaupt nur auf Befehl gehandelt und seine Pflicht erfüllt. In einer Pressekonferenz berichtet die Staatsanwaltschaft davon, dass Csatáry "nicht hinnehmbare Äußerungen über Angehörige anderer Glaubensrichtungen" gemacht habe, was ihm eine zusätzliche Anklage einbringen könnte.

Das Wiesenthal Zentrum wirft ihm eine "Schlüsselrolle bei der Deportation von 15.700 Juden nach Auschwitz im Frühjahr 1944 aus Kosice" vor. Bereits 1941 soll Csatáry Konzentrationslager bzw. Ghettos in der Gegend installiert und überwacht haben, auch von dort gab es - noch vor der deutschen Besetzung Ungarns - bereits Transporte in Arbeits- und Verbichtungslager. Außerdem soll sich Csatáry auch persönlich an sadistischen Handlungen gegenüber Juden bis hin zu deren Ermordung schuldig gemacht haben.

 

Die Staatsanwaltschaft kündigte an, die Vorwürfe, die seit September 2011 Gegenstand von Ermittlungen sind, weiter prüfen zu wollen und ließ indirekt durchblicken, über eine relativ eindeutige Beweislage zu verfügen. Eine Anklage gibt es bisher nicht. Csatáry wurde zunächst unter Hausarrest gestellt. Inwieweit er auch mit den Hauptvorwürfen konfrontiert wurde und wie das weitere Vorgehen aussehen soll, dazu hielten sich die Ermittler bedeckt.

Die gestrige Aktion der Staatsanwaltschaft wirft kein gutes Licht auf die Unabhängigkeit der ungarischen Justiz und zwar der letzten 15 Jahre. So wurde sie praktisch gestern erst auf Zuruf des Wiesenthal Zentrums aktiv - womöglich auch, weil der ungarische Präsident gerade in Israel weilt, um allfällige Verstimmungen zu reparieren. Doch vor allem die Zögerlichkeit zuvor, immerhin hat Csatáry seinen Umzug nach Ungarn ja selbst angekündigt, nährt den Verdacht, dass man auch diesen Fall nicht mit der gebotenen Konsequenz angegangen ist und ihn lieber der "Lebensuhr" überlassen wollte.

Mehr zum Thema in: "Lebendige Geister: Csatáry verhaftet - Präsident auf Reparaturbesuch in Israel - Ungarn und "sein" Antisemitismus"

red.

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