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(c) Pester Lloyd / 36 - 2012   POLITIK 04.09.2012

 

"Acht Jahre sind genug..."

Axtmörder-Affäre: Aserbaidshan leugnet Milliardendeal mit Ungarn

Es wird immer deutlicher, dass sich Ungarn von Aserbaidshan über den Tisch ziehen ließ. Zumindest soll es für die Öffentlichkeit so aussehen. Am Montag veröffentlichte der Staatliche Ölfonds des Kaukasusstaates SOFAZ eine Stellungnahme, in der er ausschloss "irgendwelches Engagement oder Investitionen in ungarische Schuldverschreibungen oder andere Finanzpapiere" vornehmen zu wollen. Nun wird über Mittelsmänner spekuliert. Die Regierungspartei geht mit der Affäre gelassen bis zynisch um, denn "der Kaukasus ist weit...".

Ungarns Premier Orbán zu Besuch in Alijews Residenz am Kapsischen Meer

Die Axt im Hause: Armenien bricht Beziehungen zu Ungarn ab

Botschafter dankt für "Humanismus und Freundlichkeit"

Der Staatsfonds SOFAZ ergänzte in seiner dementierenden Aussendung, dass man gefälligst "Rücksprache mit uns zu halten habe, bevor solche falschen Informationen (über den geplanten Kauf von ungarischen Staatspapieren) an die Öffentlichkeit gebracht werden." Auch der aserbaidshanische Botschafter in Budapest, Vilayat Guliyev, der gestern ins Außenministerium einbestellt worden ist, sagte danach, dass "jede Spekulation, unser Land wolle ungarische Schuldscheine kaufen, kompletter Unsinn ist” womit er auch in der Wortwahl deckungsgleich mit Orbáns Außensprecher Lázár blieb.

Er betonte, dass man über die Auslieferung zwei Monate zwischen den Justizministerien verhandelt hatte und der Präsident des Landes "das Recht habe, lebenslage Freiheitsstrafen abzumildern." Im Falle Safarovs befand der Präsident, dass "achteinhalb Jahre in einem ungarischen Gefängnis ausreichend" gewesen seien. Für Ungarn bedeute die Überstellung einen "großen Vorteil", müsse man ja nun nicht mehr "mit Steuergeldern den Gefängnisaufenthalt eines Ausländers finanzieren", so der Botschafter, der Ungarns Regierung für ihre "Freundlichkeit und ihren Humanismus" dankte, die den Beziehungen beider Länder "in jedem Falle einen Schub geben wird."

Ungarische Offizielle berufen sich auf internationale Abkommen und werfen Aserbaidshan nun Wortbruch vor. Hier alles weitere dazu. Ob oder warum sein Land Ungarn im Unklarn über die Begnadigungsabsicht gelassen hat, dazu sagte der Botschafter natürlich nichts. Die ungarische Seite tat so, als falle sie ob der Maßnahme aus allen Wolken, dabei wurde der Mörder in seiner Heimat schon seit Jahren als “Held” gefeiert.

Womöglich irgendwann doch eine Schubkarre voll Geld und Öl?

 

Seit Anfang August gab es Berichte, wonach Aserbaidshan ungarische Staatsanleihen im Gegenwert von 2-3 Milliarden Euro und einer Laufzeit von 2-3 Jahren kaufen könnte, für die Ungarn wiederum relativ günstig Gas und Öl im Lande kaufen könnte, da man mit der Landeswährung Aserbaidshans sonst nicht viel anzufangen weiß. Darüber soll es bereits auch konkrete Verhandlungen auf Regierungsebene gegeben habe.
Diese Gespräche standen im Zusammenhang mit den derzeit laufenden IWF-Verhandlungen, Arrangements mit alternativen Finanziers im Osten sollen die Verhandlungsposition der Orbán-Regierung verbessern. Später meinte der Chef des Staatlichen Schuldendienstes ÁKK, dass man vor einem Abschluss der IWF-Gespräche nicht an die Ausgabe von Anleihen in fremden Währungen denkt, gleichwohl schaue man sich aktiv nach alternativen Finanzierungsquellen um.

Allgemein wird hinter der Überstellung des in Ungarn als Mörder an einem Armenier verurteilten aserbaidshanischen Offiziers Safarov ein Deal mit der Regierung in Baku gesehen. Diese hatte zum Abbruch der Beziehungen seitens Armenien geführt. Im Lichte der bisherigen Außenpolitik der Orbán-Regierung ist es wahrscheinlich, dass Ungarn Aserbaidshan um eine solche Stellungnahme gebeten haben könnte, um Druck aus der Affäre zu nehmen.

Immerhin könnte der Anleihedeal, sobald Gras über die Sache gewachsen ist, über eine andere Quelle als die SOFAZ erfolgen. Aus Quellen der Regierungspartei war bereits durchgesickert, dass man sich nun nach "Mittelsmännern" umschaue, um den Deal mit Aserbaidshan indirekt abwickeln zu können, im Gespräch sind dafür u.a. türkische und russische Unternehmen, die mit Gas und Öl aus Aserbaidshan handeln. Im Unterschied zum Chef des ÁKK will man die Ölmilliarden unbedingt noch vor Abschluss des IWF-Deals haben.

Pragmatik und Zynismus auf der Regierungsseite, Armenien “bereit zum Krieg”

 

Ein ungenannt bleiben wollender, höherer Fidesz-Funktionär erläuterte gegenüber unserer Zeitung, dass man sich in Parteikreisen schon im Klaren darüber gewesen sei, dass die Auslieferung des Axtmörders von Armenien nicht unbeantwortet bleiben würde, unabhängig davon, ob er begnadigt würde oder nicht und man habe sich bereits Szenarien zurecht gelegt, wie dem anschließenden "Shit-Storm" zu begegnen sei. Einen direkten Zusammenhang zu dem gemutmaßten Deal wollte unsere Quelle jedoch nicht behaupten, schloss ihn jedoch auch nicht aus. Er könne dazu nichts sagen, da die Entscheidungen dazu auf "allerhöchster Ebene" getroffen worden sind. Ein anderer Fidesz-Offizieller wurde in den Medien dahingehend zitiert, dass die Parteiführung und Regierung die Sache gelassen sehen. Die Armenier seien kein wirklicher Gegner und die ungarische Bevölkerung wird "den fernen Kaukausus" angesichts sie direkt betreffender Maßnahmen im eigenen Lande bald wieder vergessen haben. Wir stimme mit Fidesz, wie eigentlich fast immer, hier voll überein.

Zwischenzeitlich hat auch der Zentralrat der Armenier in Deutschland zu weltweiten Protesten vor ungarischen Vertretungen aufgerufen, neben der Vertretung in Eriwan, waren auch die Botschaften in Berlin, London und Sofia bereits Schauplätze von Protesten. Der armenische Präsident, Serzh Sarkisian, versicherte seinen feindlichen Nachbarn, dass sein Land “zum Krieg bereit” sei, wenn man in Baku den Boden überspanne.

red.

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