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(c) Pester Lloyd / 30 - 2013   WIRTSCHAFT 22.07.2013

 

Das ganze Land ein Ponyhof...

Reitunterricht und Pferdetherapie: "Ungarn wird das Pferdezentrum Europas!"

Das ländliche Ungarn, das ganze Ungarn, das christliche Ungarn, die Reiternation Ungarn. Bei der nationalkonservativen Neuprogrammierung des Volksfeelings darf auch das Pferd nicht fehlen, immer einmal wieder wird daher auch von offizieller Seite betont, was für eine urige Reiternation wir sind. Krankenkasse und Schulen sollen nun für eine staatlich gesponsorte Konjunktur der Pferde-Branche sorgen und die Wälder werden bald wieder von Hobby-Husaren durchstreift werden....

Jedes Pferd hat zwei Seiten von denen man herunter fallen kann...
Altes Reiterprichwort

Der alljährliche “Nationale Aufgalopp”, natürlich auf dem “Heldenplatz” in Budapest,
ist Höhepunkt des Schaulaufens des ungarischen Reiterstolzes.

Eindrücklich und in sehr martialischen Worten wies Verteidigungsminister Hende schon beim "Nationalen Aufgalopp" 2011 auf die brachliegende Kultur unserer Ahnen hin, siehe hier: "Die Menschen reisen nach Österreich zum Skifahren, nach Spanien, um das Meer zu genießen. Eines Tages werden vielleicht die, die reiten wollen, wieder nach Ungarn kommen." Was Sie da erwartet, ist aber kein Ponyhof: "...die Tradition einer Reiter- und Kämpfernation. Die Tradition dieser ausgezeichneten Männer, die unsere Geschichte mit ihren Husarenschwertern meißelten und jener, die wir als Bogenschützen verehren. Diese Traditionen fanden Eingang in die Annalen der Welt und sind bekannt bei den Armeen rund um den Globus."

Fidesz-Parteisprecherin Gabriella Selmeczi wollte den Minister in diesem Jahr noch übertrumpfen, was keine leichte Sache ist. Und so schüttelte sie ihre beachtlich blonde Mähne dieser Tage beim Lipizzaner-Festival in Szilvasvárad (Foto rechts) und verkündete, dass man "Ungarn zu dem Zentrum des Pferdesports in Europa" ausbauen werde. Die spanischen Araberzuchten und die Wiener Lippizaner können sich brausen gehen... Der Equestrianismus zieht Touristen an und schafft Arbeitsplätze, so das einleuchtende und deutlich zivilere Argument, als das mit den meißelnden Schwertern.

Die Eigner von Reitställen und Gestüten, meist nicht gerade die Ärmsten des Landes, dürfen sich bald auf weitreichendes staatliches Sponsoring ihrer Angebote freuen: ab September werden die Schüler von 200 Grundschulen staatlich finanzierten Reitunterricht erhalten, der Teil des "nationalen Rahmenlehrplanes" ist und in wenigen Jahren allen Schülern zu Teil werden wird.

Außerdem werden künftig Reit- und Pferdetherapien, bisher eher privat genutzter Nebenzweig naturnaher Therapiemethoden, von der Krankenkasse, dem zentralen Gesundheitsfonds übernommen und bezahlt. Das wäre an sich lobenswert, wenn nicht gleicher Fonds die Mittel für "herkömmliche" Krebs- und Insulintherapien teilweise derart drastisch kürzen würde, dass Ärzte bei der Auswahl der zu behandelnden Patienten in schwere Gewissensnöte gestoßen würden. So taucht auch hier unvermeidlich wieder der Verdacht von Klientelwirtschaft auf, der bestätigt wird, beschaut man sich das sehr bescheidene sonstige Kassenangebot an alternativen Behandlungsmethoden im Lande.

Der Csikós mit der Peitsche treibt seine Herde Zackelschäfchen. Ist das die wahre Idee hinter der “Reiternation”?

 

Außerdem, so Selmeczi arbeitet das Ministerium für ländliche Entwicklung an der Freigabe von Waldwegen für Reiter, was das "nationale Wegenetz" um 1.140 Kilometer ausdehnt, das ganze Land ein Ponyhof sozusagen. Erschrecken Sie also nicht, wenn Sie künftig beim Pilze sammeln von einer Horde Möchtegern-Husaren über den Haufen geritten werden.

Wir schlagen zudem noch regelmäßig Pferdeleberkäse und -gulasch beim Schulessen vor, in der Lasagne und der Salami haben wir die Gäule ja schon stecken sowie die Umstellung des Honvéd-Fuhrparks von Panzern auf eine zünftige Kavallerie, was wegen des erhöhten Anfalls an Biomasse auch einen Beitrag zum Ausbau der Erneuerbaren Energien darstellte. Stadtversammlungen.

red.

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