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(c) Pester Lloyd / 36 - 2013   WIRTSCHAFT 07.09.2013

 

"Wertlose Lüge"

Linke Opposition in Ungarn hält Energiepreissenkungen der Regierung für Taschenspielertrick

Die ungarische Mitte-Links-Opposition versucht sich daran, die monetären Wahlgeschenke der Regierung, hier die angekündigte, erneute Absenkung der Energiepreissee mit Fakten zu demontieren. "Gemeinsam 2014"-Chef, Ex-Premier Bajnai, spricht von einer "wertlosen Lüge", die man dem Volk im Tausch für die Wählerstimmen anbietet. Die Regierung solle lieber in energetische Sanierung und Erneuerbare Energien investieren.

Schon die erste sog. Preissenkung von 10% war "irreführend", die jetzt angekündigte zweite um 11,1% nicht minder. Denn während der drei Jahre der Orbán-Regierung stiegen, so Bajnai, die Kosten für Strom, Gas und Fernheizung für Private im Schnitt um 17% (dass sie zuvor ebenso anstiegen, sagte er lieber nicht). Rechnet man weitere reale Verluste der Menschen durch gestiegene Steuern, z.B. das Entfallen des Steuerfreibetrages für Geringverdiener durch die Flat tax, in Summe 20 gestiegene oder neue Steuern, zweistellig gestiegene Preise fürGrundnahrungsmittel hinzu, wird deutlich, dass man die Menschen offen belügt, wenn man die gesetzliche Preissenkung als "soziale und geldwerte Entlastung" für Familien verkauft.

Hinzu kommt, dass die pauschale Preissenkung ungerecht sei, da Besserverdiener von dieser genauso profitieren wie die wirklich Bedürftigen (unter der Vorgängerregierung gab es Energiepreissubventionen für Geringverdiener, die Bajnai aber im Angesicht der drohenden Pleite während der Lehmankrise reduzieren musste). Anstatt solcher populistischer Maßnahmen sollte die Regierung lieber in Nachhaltigkeit investieren und die energetische Sanierung von Gebäuden und alternative, dezentrale Energieerzeugung unterstützen, so könnten Stromverbrauch und Heizkosten nachhaltig und deutlich gesenkt werden, wovon Bürger, Staatshaushalt und Wirtschaft einen Nutzen hätten.

Die von der Regierung ebenfalls geplanten Erweiterungen bei den Steuerfreibeträgen für Familien und die Einführung eines Kinderbetreuungsgeldes begrüßte Bajnai, erwartet sich dort aber noch weitere Schritte im Hinblick auf die untersten Einkommensschichten.

 

Mögen die Argumente der Opposition hinsichtlich der Fadenscheinigkeit der Maßnahme auch richtig sein - und es gäbe noch eine Reihe weiterer Risiken dieser paternalistischen Aktion anzumerken - so scheint doch klar, dass die Ankündigung der gesetzlichen Preissenkung ihr wahltaktisches Ziel nicht verfehlt und die Opposition kaum mit "Vernunft" allein dagegen ankommen wird. Orbán nannte es seine “stärkste Waffe im Wahlkampf”. Es gab noch keine Regierung, die derart direkt in eine der größten Kostenpunkte des täglichen Lebens eingegriffen hätte, man könnte auch sagen, der Ertrinkende schätzt den Strohhalm selbst dann, wenn er ihm vom Verursacher der Überschwemmung gereicht wird. Oder wie es Bajnai andernorts formulierte: erst nahm man den Ärmsten das Brot, jetzt wirft man ihnen die Krümel zurück. - Zeitgleich mit dem “Geldgeschenk” kann die Regierung weiter an ihrer Fremdschuldthese werkeln, in dem man auf die “Milliarden Profite” verweist, “die aus Ungarn von multinationalen Konzernen bisher abgezogen” wurden, was man nun beendet. Bajnai wird als Interessensvertreter dieser fremden Mächte karikiert, was für die Mehrheit ein in sich stimmiges Bild ergibt und Orbán die Wiederwahl sichern hilft. Von einer “wertlosen” Lüge kann also wirklich nicht die Rede sein.

red.

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