THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 53 - 2013 WIRTSCHAFT 30.12.2013

 

Konszolidáció = Übernahme

Nationalbankchef: "Vier große Banken werden aus Ungarn verschwinden"

Großes kommt im neuen Jahr auf die in Ungarn tätige Finanzwirtschaft zu. Aus Anlass des neuen Bankenkonsolidierungsabkommens für die Eurozone, will Ungarn sein Bankengesetz gründlich überarbeiten. Dabei werden "bis zu vier große Banken aus Ungarn verschwinden", sagt Nationalbankchef Matolcsy voraus. Orbán kommt seinem postulierten Ziel, die Hälfte des Finanzmarktes in seine Hände zu bekommen, näher. Der normale Kunde kommt nur vom Regen in die Traufe.

Nationalbankchef Matolcsy will “nutzlose” Banken eliminieren.

Zwar hat Ungarn mit der Eurozone nichts zu schaffen und will dies auch auf lange Sicht nicht, aber die Orbán-Regierung nahm immer gerne Stichworte aus Brüssel auf, um die angebliche Notwendigkeit für in "bestimmten Kreisen" unpopuläre Schritte begründen zu können. Kurz: durch ein neues Bankengesetz soll der Markt zu Gunsten einheimisch und staatlich kontrollierter Kreditinstitute bereinigt werden.

Allerdings sollte sich der Jubel bei systemkritischen Zeitgenossen, die Orbán womöglich als Volkstribun gegen die ausgeuferte Macht der Banken sehen wollen, in Grenzen halten, denn es geht nicht um den kleinen Mann, sondern um Marktanteile und Macht. Mit den bisherigen Schritten, u.a. bei Kreditprogrammen der Nationalbank, dem Forex-Umtausch bzw.- Ablösemodellen, in erster Linie aber mit der Quasi-Nationalisierung der Spargenossenschaften, hat die Regierung klar gemacht, dass es lediglich um einen Kontrollwechsel im Schuldenwesen, nicht um eine Änderung der Prinzipien der Zinsabhängigkeit von Mensch und Wirtschaft gehen soll. Kurz: saß früher die ausländische Großbank am Geldhahn, soll es zukünftig der jeweilige Fidesz-Statthalter sein. Dieser bedient nun Klientelinteressen, es entsteht eine Art "informeller" Kreditmarkt, der sich nicht mehr in erster Linie an kaufmännischen, sondern an machtpolitischen und lokalökonomischen Prämissen orientiert, mit allen denkbaren Folgen...

Finanz- und Wirtschaftsminister Mihály Varga, der das neue nationale Banken- und Finanzmarktregularium schon bis zum Frühjahr 2014 zum Gesetz erhoben haben will, nennt als Ziel die "Konsolidierung von in Not geratenen Banken ohne den Einsatz von Steuergeldern", nutzt also die gleiche Phrase wie die Euro-Finanzminister. Geschickter Neusprech: während beim staunenden Zuhörer das "ohne Steuergelder" ankommt, überhört er die "Konsolidierung", die man hier mit Aneignung oder Übernahme übersetzen darf. Dazu wird - auch das soll ins neue Bankengesetz - eine Kriegskasse eingerichtet, die von den Banken zum größten Teil selbst zu füllen ist. Im ironischsten Falle also finanzieren die Banken ihre Übernahme durch staatliche oder regierungsnahe Strukturen, ihren Rausschmiss aus Ungarn auch noch selbst.

Der um zünftige Sprüche nie verlegene Amtsvorgänger Vargas, György Matolcsy, der heute die Nationalbank als "Gouverneur" verheeren darf, schob nach, wofür das neue Gesetz wirklich gedacht ist. "Vier der acht größten in Ungarn aktiven Banken könnten in den kommenden eineinhalb Jahren das Land verlassen", so "Matman" vorvorigen Samstag in einem Interview beim regierungsnahen Sender HírTV. Um welche Häuser es sich da handelt "wird die Nationalbank nicht sagen", es handelt sich aber um solche, die "momentan nichts oder kaum noch verleihen", sich "im Leerlauf" befinden und "so der ungarischen Wirtschaft nicht mehr helfen". MKB (BayernLB muss wegen Staatshilfe in DE verkaufen) und Raiffeisen (machte bereits Andeutungen über einen Rückzug) sowie die Budapest Bank (General Electric) stehen dabei ganz oben auf der Liste, auch K&H oder ERSTE, die ebenfalls mit die höchsten Kreditausfallraten haben, könnten irgendwann die Lust, die bei Banken ganz klar über die Rendite definiert ist, verlieren und dem Land den Rücken kehren, wobei sie ganz sicher ein Angebot bekommen, das man eigentlich nicht ablehnen kann.

 

Die Orbán-Regierung nutzt also den Umstand, dass sich viele der Banken in den Zeiten der Marktaufteilung im Osten in ihrer maßlosen Gier übernommen haben. Mit der Besteuerungs- und Regulierungspolitik verschlechterte man die Geschäftsgrundlagen weiter, schoss den Sektor also immer mehr sturmreif. Dabei übersieht man, dass es neben den internen, auch objektive ökonomische Gründe für die Kreditklemme in Ungarn gab und gibt. Den neuen Einfluss den "der Staat" im Bankensektor gewinnen wird, werden daher nur erwählte Kreise zu ihrem Vorteil nutzen können, der ungarische Mittelstand wird indes weiter vom internationalen Kapitalmarkt abgekoppelt. Die normalen Bankkunden, Schuldner und kleine Geschäftskunden, denen das Wasser heute schon bis zum Halse steht, kommen lediglich vom Regen in die Traufe.

Beiträge über die Forex-Schulden, den Bankenmarkt und die Aneignung der Spargenossenschaften lesen Sie im FINANZMARKT.

red.

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