THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 05 - 2014   POLITIK 31.01.2014

 

"Auf alles vorbereitet": Ungarn befürchtet Flüchtlingswelle aus der Ukraine

Die ungarische Regierung befürchtet wegen der anhaltenden Konflikte im Nachbarland, bald eine "Flüchtlingswelle" aus der Ukraine. Regierungschef Orbán hat Innenminister Pintér mit der Bildung eines "operativen Lagezentrums" instruiert, um "mögliche unvorteilhafte Entwicklungen" abfangen zu können. Außenminister Martonyi erklärte heute im Radio, dass Ungarn "für jeden Fall, auch den schlimmsten" vorbereitet sein soll. Die Ukraine gehe gerade durch die "schwerste Krise ihrer jüngeren Geschichte", was zur Destabilisierung des ganzen Landes führen könnte. Ungarn habe, "an der Spitze der V4 Staaten" (Visegrád Vier = PL, CZ, SK, HU) eine "diplomatische Kampagne gestartet", um solche "Entwicklungen zu verhindern". Ihn stimme jedoch optimistisch, dass das "ukrainische Parlament einige der unglaublich fehlgeleiteten Gesetze" zurückgezogen habe. "Beide Seiten" müssen "die Gewalt aufgeben". Die "Integration" der Ukraine sowohl in die EU wie gegenüber Russland müsse über eine "politische Vereinbarung" verhandelt werden.

Das offizielle Ungarn befindet sich hinsichtlich einer Positionierung zur Ukraine mehrfach in der Zwickmühle. Hinsichtlich des Anspruches "Schutzmacht" für die ethnischen Ungarn in der Karpatho-Ukraine zu sein, hat man es sowohl mit dem ukrainischen Nationalismus wie mit russischen Hegemonialansprüchen zu tun. Zwar überwiegt im nationalen bis revisionistischen Orbán-Lager traditionell die Sympathie für nationale/separatistische Bewegungen (solange sie nicht das eigene Land spalten, versteht sich) und der Russenhass, angesichts des Orbán-Putin-Atompaktes und weiterer Absprachen, macht sich eine Kritik an der russischen Linie derzeit aber nicht so gut.

Dass sich die Regierung nicht festlegen mag, ist im Falle der Ukraine eine (unfreiwillig) weise Positionierung. Das Märchen von “prowestlichen”, gar “proeuropäischen” Demonstranten glaubt mittlerweile nur noch die engste Runde der alten Kalte-Kriegs-Dinosaurier der Konrad-Adenauer-Stiftung und ihrer Lohnschreiber.

 

Ungarns Probleme mit dem Nachbarn sind hingegen sehr praktisch: die vereinfachte Vergabe des ungarischen Passes an alle "ethnischen Ungarn im Ausland", führte schon jetzt zu einem Anstieg des Konfliktpotentials in der ungarisch-ukrainischen Grenzregion. Hüben: weil immer mehr "Ungarn" mit blütenneuem Pass, aber ohne ungarische Sprachkenntnisse ins "Kernland" einreisen, um sich u.a. kostenlos bzw. -günstig medizinisch versorgen zu lassen, drüben: weil die ukrainischen Nationalisten sich nicht lange mit Symbolen anderer Nationalitäten an Kultureinrichtungen, Denkmalen oder aus Budapest neuerdings gesponserter "Kontaktbüros" aufhalten.

Sollte - aufgrund der erhöhten Durchlässigkeit durch die die Passvergabepolitik - wirklich eine ukrainische Flüchtlingswelle nach Ungarn schwappen, werden sich die "Kernungarn" bei der Wahl herzlich für den Mehraufwand und die Konkurrenz auf dem sehr engen Arbeits- und Sozialmarkt bei ihrem Regierungschef bedanken.

red.

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