THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 15 - 2014   POLITIK 08.04.2014

 

Vorzeitiges Mandatsende: Ungarn hat bei Datenschutzbehörde EU-Recht gebrochen

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg erkannte am Dienstag in der vorzeitigen Mandatsbeendigung des früheren Datenschutzbeauftragten András Jóri einen Bruch von EU-Recht. Die Fidesz-Regierung hatte die vorzeitige Abberufung mit der Etablierung eines "neuen Systems" veranlasst und begründet. Arbeitete der Datenschutz vorher ähnlich wie das parlamentarische Ombudssystem, wurde 2012 eine eigene Datenschutzbehörde geschaffen - und entsprechend besetzt.

Dies sei an sich auch kein Problem, meinte die EU, allerdings hätte man dann Jóris Kompetenzen für die Restlaufzeit beibehalten müssen. Denn: die Kontinuität, Unantastbarkeit und Verlässlichkeit demokratischer Kontrollinstanzen wie die eines Datenschützers hat für die Bürger und damit auch für die Qualität des Rechtsstaates eine hohe Bedeutung. Die vorzeitige Abberufung durch eine Systemänderung ist ein unzulässiger Eingriff der Regierung in demokratische Grundnormen, befand die Kommission und klagte.  Im Lichte der gesamten Umgestaltungsaktivitäten der Regierung Orbán am Verfassungssystem und seinen Institutionen und den Gewalten war dieser Vorgang ohnehin nur eine Randnotiz, immerhin aber konnte so die Kommission einmal einen Sacheverhalt außerhalb von Binnenmarkts- oder Kaptialfreiheitsbestimmungen beeinspruchen, wenn man schon die Grundwerte aus Artikel 2 des Lissabon-Vertrages, also Grund- und Menschenrechte sowie demokratische Grundnormen nicht beobachten und Verstöse sanktionieren darf.

 

Das EU-Gericht folgte dem Antrag und stellte EU-Rechtsbruch fest, in der Urteilsbegründung betonte man mehrfach deutlich, dass ein Datenschutzbeauftragter lt. EU-Verträgen vollständig unabhängig von Regierungseinfluss arbeiten können muss, wozu auch die unbedingte Einhaltung seiner Amtszeit (außer bei schwerwiegenden, objektiven Gründen) geört. Die Vorgänge in Ungarn waren dazu geeignet, politisch genehmes Personal in Stellung zu bringen. Das Urteil erwähnte explizit auch, dass der neue Datenschutzbeauftragte für neun Jahre ernannt wurde, auch wenn das mit der Verhandlungssache eigentlich nicht direkt etwas zu tun hat. Die Urteilsbegründung des EuGh in deutscher Sprache zusammengefasst.

Ob das Urteil Konsequenzen hat und wenn ja welche, blieb bislang offen. Denn in diesem Falle kann Ungarn dem Urteil kaum mehr folgen und Jóri nun wieder ins Amt holen, ohne die "Unabhängigkeit" des neuen Amtes ad absurdum zu führen. Alternative wäre eine Geldstrafe.

red.

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