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(c) Pester Lloyd / 47 - 2014 NACHRICHTEN 20.11.2014
Trotz Mittelsperrung: Norwegen will ungarischen Polizisten Rassismus austreiben
Trotz des Konfliktes der norwegischen mit der ungarischen Regierung über den Umgang mit NGO´s und bilateralen Verträgen sowie des daraus resultierenden Zahlungstopps für rund 140 Mio. EUR seitens der Norwegischen Fonds (EEA), setzt die Osloer Regierung einzelne Projekte in Ungarn fort. Am Mittwoch startete die Botschafterin des Landes, Tove Skarstein, ein Projekt, das ungarische Polizisten im Umgang mit rassistisch motivierten Straftaten, bzw., wie es im ungarischen Gesetz heißt, "Verbrechen aus Hass gegen eine Minderheit oder die Mehrheit", sensibiliseren und die Integration von Angehörigen der Roma-Minderheit in den Sicherheitsappart fördern soll. Der ungarische Partner ist dabei das Innenministerium.
"Wenn Verbrechen aus Hass nicht vor Gericht gebracht werden, wird die Demokratie gefährdet, was Folgen für die gesamte Gesellschaft hat", so die Botschafterin. Ziel des Projektes sei, kommandierende Polizisten auf "den abrupten Ausbruch von ethnischen Konflikten oder Akte der Provokation" vorzubereiten, ethnisch motivierte Straftaten zu erkennen und entsprechend konsequent, aber auf der Opferseite auch sensibel zu handeln. Man wolle ihnen aber auch "eine positive Einstellung gegenüber Roma als Mitarbeiter bei den Sicherheitsorganen" vermitteln. Der Staat hat für die Eingliederung von Roma bei der Exekutive ein eigenes Stipendien- und Förderprogramm aufgelegt, jedoch stellte sich heraus, dass es weniger die Roma-Absolventen der Polizeiakademie waren, die Schulung und Nachhilfe brauchten, sondern die Polizeiführer und -kollegen in den Dienststellen.
Der Ansatz der Botschafterin erscheint hinsichtlich der gelebten Praxis reichlich euphemistisch: Das Gesetz über Hassverbrechen, eingeführt bzw. verschärft von der Orbán-Regierung, wurde bis dato fast ausschließlich gegen Roma angewandt, wobei der richterlich festgestellte "Hass auf das Ungarntum" zu massiven Strafverschärfungen führte (hier ein Beispiel). Die offen rassistisch motivierten - und laut Gesetz verbotenen - uniformierten Aufmärsche neonazistischer und rechtsextremer Kräfte wie der Jobbik und ihrer diversen "Garden" und "Milizen" bleiben indes meist ungeahndet, ebenso die regelmäßigen Hetzreden gegen die Minderheit in verschiedenen Medien. Hier mehr zur: Sabotage am Rechtsstaat.
Berichte von Bürgerrechtsgruppen sprechen von massivem Rassismus im Polizeiapparat und zahlreichen Befugnisübertretungen, unterlassene Hilfeleistung von Polizeibeamten im Einsatz sowie dem Vorenthalten der Grundrechte, wie Zugang zu Rechtsbeistand, Belehrung, Besuchsregelungen, Unschuldsvermutung, Zeugenschutz etc. Höhepunkt dieser Auswüchse war die Übernahme der Polizeigewalt durch nazistische Gruppen im Ort Gyöngyöspata 2011, bei der die Polizei eine Woche lang tatenlos zusah, wie rassistisch auftretende Privatpersonen hoheitliche Rechte sowie das Gewaltpmonopol übernahmen. Durch die Macht der Gemeindevorstände bei den Kommunalen Beschäftigungsprogrammen und die Übernahme zahlreicher Bürgermeisterposten durch Jobbik- oder von dieser Partei unterstützte Kandidaten, ist der amtliche Rassismus in Ungarn mittlerweile alltäglich geworden.
Der aktuelle Stand im Streit Ungarn / NGO´s / Norwegen
red.
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