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(c) Pester Lloyd / 50 - 2014   WIRTSCHAFT   09.12.2014

 

Probleme mit dem "Nebenjob": Chef des staatlichen Schuldenamtes in Ungarn geht

Der Chef der Staatlichen Schuldenverwaltung, ÁKK, István Töröcskei, hat das Handtuch geworfen. Doch es nicht der sich immer höher türmende Schuldenberg - die Nettoschulden des Landes sind auf einem Allzeithoch, die Schuldenquote pendelt um die 80% des BIP, regionaler Rekord - der ihn verzweifeln ließ, sondern massive Probleme in seinem "Nebenjob". Töröcskei ist nämlich in seiner Freizeit nicht nur Besitzer eines großen Weingutes und Aufsichtsratsmitglied bei der teilstaatlichen MOL, sondern auch Mehrheitseigentümer der Széchenyi Bank, SZKB.

Die Széchenyi Bank verlor in der Vorwoche ihre Lizenz. Die Zentralbank leitete zudem die Liquidierung ein und stellte die Bank unter Kuratel, sonst wären "Kundeninteressen gefährdert." Das Institut ist seit knapp einem Jahr zu 49% bereits in staatlichem Besitz und ohne jegliche Marktrelevanz. Es werkelte eine Weile als dubioses privates Finanzierungskarussell von "Genossenschaften", vor allem aber war es ein Werkzeug von Oligarchen rund um Töröcskeis früheren Geschäftspartner Lajos Simicska (Töröcskei war früher bei dessen Medienholding) sowie den Doyen der ungarischen Paten, Tri-Granit Boss Demján, die zeitweise Miteigner, Letzterer auch Gründer der Bank waren und einmal große Pläne hatten. So wollte man zu Jahresanfang die schwächelnde ungarische Tochter der Raiffeisen International für einen Euro aufkaufen und die Österreicher so von der Last fauler Kredite und steigender Verluste befreien.

 

Doch die Sache zerschellte nicht nur am Unwillen der Raiffeisen, sondern vor allem an internen "Umstrukturierungen". Orbán hat - im Namen des ungarischen Staates - kürzlich die MKB von der Bayern LB und -  gerade eben - die Budapest Bank von der GE Capital (USA, General Electric) gekauft. Um Banken aufzukaufen und zu kontrollieren, braucht er also keine unberechnbaren Strohmänner mehr. Hinter dem Rücktritt steht ein weiterer Move im Oligarchenkrieg zwischen der Orbán-Clique und seinem einstigen Weggefährten Simicska, der bereits für jede Menge Aufsehen sorgte und bald auch eine politische Fortsetzung haben könnte.

Die Zentralbank merkte noch an, dass Guthabeninhaber der SZKB aus dem staatlichen Einlagensicherungsfonds mit den EU-weit verabredeten bis zu 100.000 EUR entschädigen würde, die Verluste also wieder einmal sozialisiert werden. Allerdings soll die Bank praktisch keine Einlagen mehr haben, was ja der Grund für ihre Schließung war, denn die Oligarchen werden schon wissen, warum sie ihr Geld nicht in dieser Bank, geschweige denn in diesem Land parken...

Das Finanzministerium dankte Töröcskei in einer Aussendung für sein "cooles Handling der Staatsschulden in den letzten Jahren", es seien "zwei Sachen, die man getrennt sehen sollte".

red.

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