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(c) Pester Lloyd / 14 - 2015   NACHRICHTEN    02.04.2015

 

Volk nicht zuständig: Nationale Wahlkommission schmettert Referenden-Initativen ab

Wie berichtet, will eine Allianz oppositioneller Gruppen, wichtige Regierungsvorhaben des Orbán-Regimes mittels Volksabstimmungen zu Fall bringen. Eine entsprechende Initiative wurde auf einer Demonstration aus Anlass des Nationalfeiertages am 15. März gestartet, zuvor hatten "Runde Tische" u.a. auch ein Manifest zur Widerherstellung von Grundrechten, Rechtsstaat und Demokratie erarbeitet. Die Volksabstimmungsinitiativen richten sich hingegen gegen ganz konkrete Maßnahmen der Regierung.

Mehr dazu in:
Mit 19 Fragen zur "neuen Republik"

14nepszavazas (Andere)
Fast alle Referenden in Nachwende-Ungarn scheiterten, entweder an zu wenig Unterstützerunterschriften oder - spätestens - am hohen Quorum von 25% der Wahlberechtigten. Seit einigen Jahren ist jedoch schon bei Hürde 1, der Wahlkommission, Schluss...

Allerdings gelten für bindende Referenden hohe administrative und numerische Hürden. Nicht wirlich überraschend scheitert der Großteil der eingereichten 19 Fragen bereits an der ersten davon. Die Nationale Wahlkommission lehnte jetzt bereits sieben Fragen ab, weil sie formal oder inhaltlich nicht mit den gesetzlichen Vorgaben übereinstimmen.

Darunter u.a. jene nach der Öffnung der Stasiakten sowie der Offenlegung der finanziellen Details zum Ausbau des Kernkraftwerkes in Paks, aber auch jene nach Abschaffung der gerade erst eingeführten Ausweitung der PkW-Maut.

Die Wahlkomission beanstandet, dass eine Änderung dieser Gesetze auch eine Änderung der Verfassung erfordere, was außerhalb der Kompetenz von Referenden liege. Dabei ist es interessant zu wissen, dass die aktuelle Regierungspartei exzessiv Tagespolitik in die Verfassung oder die daran gekoppelten Kardinalsgesetze geschrieben hat, um sie auf diese Weise sowohl späteren neuen Mehrheiten, aber offenbar auch dem Zugriff des "Souveräns" zu entziehen. Gesetze, deren Abschaffung oder Modifikation bilaterale oder internationale Verträge tangieren würde, sind ebenfalls "exklusives Kompetenzfeld des Parlamentes". Übrigens wurde auch die Verfassung nicht vom Volk abgesegnet, sondern nur von den beiden Regierungsparteien.

Zugelassen wurden hingegen zwei eher marginale Fragen der Initiative, jene danach, ob das Volk die Wiederherstellung des Regelschulabgangsalters auf 18 Jahre wünscht sowie jene, die sich gegen die Zwangsmitgliedschaft von Unternehmen bei der Wirtschaftskammer inkl. Zwangsgebühr richtet.

 

Über weitere Fragestellungen wird noch beraten, darunter auch jene zur Sonntagsöffnung, die Fidesz viele Wähler gekostet haben dürfte. Es gibt bereits Vorschläge aus der KDNP, die Sonntagsruhe als “christlichen Wert” in die sich auf Gott berufende Verfassung zu setzen, um sie für irdische Mächte unangreifbar zu machen.

Verfassungsrechtler kritiserten die Initiative der oppositionellen Gruppen als fachlich und formal stümperhaft. Man hätte bei geschickter Fragestellung, die z.B. gezielt auf bestimmte Durchführungsgesetze zielt, durchaus eine Reihe von Themen effizienter bearbeiten und so vielen Unzufriedenen demonstrieren können, dass es sich lohnt, seine Stimme zu erheben. Auch wäre es schlauer gewesen, die Referenden nacheinander und mit aufsteigender Bedeutung der Fragen zu initiieren.

Die Nationale Wahlkommission ist mehrheitlich mit bekennenden Fidesz-Kadern besetzt, darunter z.B. auch der Rektor der Beamtenuni.

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