(c) Pester Lloyd / 32 - 2009 POLITIK 05.08.2009 _______________________________________________________
Schrittweiser Abgang
Die ersten MSZP-Minister wollen schon im Herbst die Regierung in Ungarn verlassen - Beratungen über Budget 2010
Bereits in der Sommerpause berät das Parteipräsidium der in Minderheit regierenden MSZP mit dem Premier über die Eckpunkte des Staatshaushaltes
2010 und gleichzeitig über eine Exitstrategie für die Minister der Sozialisten. Einige von ihnen verlassen ihre Posten mutwillig ein halbes Jahr vor den
regulären Wahlen, um sich besser auf den Wahlkampf vorbereiten zu können.
In einem gemeinsamen Treffen mit Ministerpräsident Gordon Bajnai, der selbst
nicht Mitglied bei den Sozialisten ist, soll am Freitag im Vorfeld der parlamentarischen Debatte weitgehende Einigkeit über möglicherweise strttige Punkte beim Staatshaushalt 2010 erreicht werden. Bajnai
hat angekündigt, die parlametnarische Entscheidung darüber bereits im Oktober, drei Monate früher als sonst üblich, abzuhalten. Während der Premier an allen Ecken und Enden sparen will, wird die
MSZP versuchen, möglichst öffentlichkeitswirksam, ihr Engagement für die sozialen Belange zu betonen. Bajnai sagte, dass "Grunddienstleistungen" wie
Bildung, Sozialhilfe und Gesundheitswesen "als letztes betroffen sein sollen".
Die zwei größten Brocken des Budgets für nächstes Jahr werden die Einsparungen
bei den kommunalen Verwaltungen in Höhe von mindestens 120 Mrd. HUF, rund 400 Mio EUR sein sowie 40 Milliarden weniger für den öffentlichen Verkehr. Die
Kommunen und Komitate sind mehrheitlich in der Hand der konservativen Opposition, außerdem hat Bajnai in einem geschickten Schachzug kürzlich einen
Fidesz-Mann zum Bahnchef ernannt, der die Einsparungen dann umsetzen muss. Den Kommunen sollen die Sparmaßnahmen schmackhaft gemacht werden, in dem
man sie von diversen administrativen Aufgaben befreit, was Kosten spart, aber das ohnehin zentralistisch veranlagte Ungarn weiter auf die Hauptstadt konzentriert.
Hinter den Kulissen wird aber auch darüber gesprochen, dass die Verhandlungen
eine Art Exit-Strategie für die MSZP-Mitglieder in der Regierung im Vorfeld der Wahlen im Frühjahr 2010 beinhalten werden. Ein Hinweis darauf ist die
Ankündigung, dass sich nach der Verabschiedung des Budgets mehrere Minister der MSZP aus der Regierung zurückziehen werden, um sich für den
bevorstehenden Wahlkampf zu positionieren. Ádám Ficsor, Minister für die zivilen Geheimdienste und Kanzleramtschef Csaba Molnár werden wohl die ersten sein,
die gehen, ersterer bestätigte dies bereits. Auch der große Strippenzieher bei den Sozialisten, Sozialminister Péter Kiss, könnte sich bald zurückziehen.
Verteidigungsminister Imre Szekeres wird derzeit als Wahlkampfleiter der MSZP gehandelt.
Die MSZP befindet sich seit Jahren im Umfragetief und hält derzeit bei um die
20%, während der Hauptkonkurrent, der nationalkonservative Fidesz von Ex-Premier Orbán auf eine Zweidrittelmehrheit der Mandate bei den kommenen
Wahlen hoffen kann. Seit dem Ausstieg des liberalen SZDSZ aus der Koalition regiert die MSZP in Minderheit, aber gestützt vom SZDSZ. Diese werden, nach
Lage der Dinge, kaum im neuen Parlament vertreten sein, auch das moderat konservative MDF wird nur noch eine marginale Rolle spielen. Hingegen wird der
rechtsradikalen Jobbik ein Ergebnis von um die 12-15% zugetraut.
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(c) Pester Lloyd
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