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(c) Pester Lloyd / 40 - 2009  POLITIK 29.09.2009
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Hassrede im Amt

Bürgermeister und “Garde” hetzen weiter gegen Roma in Ungarn

Der neuerliche Aufmarsch der verbotenen "Ungarischen Garde" in einem Dorf mit Romaghetto hatte eine neue Qualität. Nicht nur, dass die Polizei nicht einschritt, ein Bürgermeister hielt auch noch eine amtliche rassistische Hetzrede gegen die Zigeuner und wetterte gegen die Regierung, - vor versammelten Kollegen aus der Lokalverwaltung. Jobbik-Chef Vona ortet eine Geheimdienstverschwörung hinter den Morden an Roma und kündigte nach den Wahlen Säuberungsaktionen in der Polizei an.

Mitglieder der mittlerweile verbotenen, neofaschistischen “Ungarischen Garde”
bei einer Vereidigung auf dem Budapester Heldenplatz.

Mitglieder der verbotenen "Ungarischen Garde" marschierten am Wochenende unbehelligt durch den Ort Kiskunlacháza, ca 35 km südlich von Budapest. Die Kundgebung hatte aber eine neue Qualität, denn auch etliche Vertreter kommunaler Verwaltungen, darunter viele Bürgermeister wurden geladen. Der "Gastgeber" verfiel in eine üble Hassrede und lieferte sozusagen Rassismus im Amt, was in Ungarn nicht strafabar ist. Diese Aufmärsche in martialischen Uniformen im Stile der ungarischen Faschisten (Pfeilkreuzler) hält der militante Arm der rechtsextremen Partei Jobbik immer wieder ab, um gegen "Zigeunerkriminalität" zu protestieren und die "Ungarn" im Ort zu schützen.

Als Anlass wurde diesmal ein Übergriff eines Roma auf eine geistig behinderte Frau kolportiert. In Kiskunlacháza stellte sich der Bürgermeister József Répás vor die Aktion der Rechten und sagte, dass "die Polizei sich um die Aufklärung des Falles kümmern müsse. Es sieht so aus, als könnten sich Zigeuner hier alles erlauben und in der Region hat man jeden Respekt vor der Polizei verloren." Er fügte hinzu: "Antiungarische Gefühle sind in Ungarn durch die Regierung institutionalisiert worden." - "Über Zigeunerkriminalität schweigt man, wenn aber Ungarn Verbrechen an Roma verüben, wird das sofort im Fernsehen gezeigt. Das ist unakzeptabel. Wir leben in einem moralisch verkommenen Land." sagte der Bürgermeister vor seinen Kollegen und rund 100 in den Uniformen der gerichtlich verbotenen "Garde" gekleideten Demonstranten. Ein Bürgermeister einer anderen Gemeinde wurde kürzlich ausfällig, in dem er sämtliche Romafrauen beleidigte. Sie würden, um an staatliche Hilfen zu kommen, sogar ihre ungeborenen Kinder schänden, sagte er und musste sich nach langem Hin und Her halbherzig entschuldigen.

Jobbik-Parteichef und "Garde"-Gründe Gábor Vona führte an, dass hinter den Morden an Roma durchaus ein Plan der Geheimdienste stecken könnte, um einen Bürgerkrieg anzuzetteln. Er kündigte an, dass "nach der politischen Wende" Jobbik dafür eintreten wird, dass alle politischen Führer ausgetauscht werden und die "Polizei durchleuchtet" wird. Die Polizei schritt übrigens nicht gegen die Veranstalter oder den Aufmarsch ein, obwohl das, nach dem gerichtlichen Verbot der Garde und ihrer Symbole, ihre Pflicht gewesen wäre.

Die Romasiedlung von Kiskunlacháza gleicht mehr einem Ghetto, wie es in hunderten anderen Orten in Ungarn besteht. Nicht selten starben in solchen Orten nach den faschistischen Aufmärschen Roma durch Mordanschläge oder wurden Häuser niedergebrannt. 6 Todesfälle und fünf Dutzend weitere Verbrechen werden von einer Sonderkommission ermittelt, vier Verdächtige sitzen seit eineinhalb Monaten in Untersuchungshaft.

Zum Thema:

Computer im Nirgendwo
Wie man den Roma in Ungarn nicht hilft

SWR2 Forum zum Nachhören als Podcast:
Feindbild Zigeuner - Was sind die Gründe für das Elend der Roma?
 

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(c) Pester Lloyd

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