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(c) Pester Lloyd / 08 - 2011  NACHRICHTEN 02.03.2011

 

550 Stasi-Mitarbeiter in Ungarn geoutet

Ein im provinziellen Hódmezővásárhely angesiedelter "Museumsverein" mit Namen "Emlékpont" (Erinnerungspunkt) hat gestern die Namen einiger hundert mutmaßlicher Geheimdienstspitzel der Kádár-Zeit im Internet veröffentlicht. Die Datenbank,  ausgeschmückt und selbst wie ein Stasiarchiv aufgebaut, enthält auf “Karteikarten” Namen, Kurzbiografie, derzeitigen Arbeitsort und viele weitere Daten zur jeweiligen Person. Informationen über rechtlich relevante Taten, mögliche Opfer oder konkrete Tätigkeiten fehlen.

Auf der Liste tauchen nach Angaben der Aufdecker 547 Spitzel des Innengeheimdienstes, unterstellt dem Innenministerum auf, die Daten will man auf "diversen Wegen" über die Personalabteilung bekommen haben. Auf der Liste tauchen sowohl der ehemalige (MSZP)-Ministerpräsident Péter Medgyessy (Spitzelname: D-209) auf als auch Staatssekretäre und ministerielle Mitarbeiter des jetzigen Regierungschefs Orbán, z.B. Imre Boros. Dieser wehrte sich in der Presse sofort vehement gegen die Verdächtigungen.

Akten will man am liebsten ganz loswerden

Die neue Regierung will sich dem Problem des Umgangs mit den Stasiakten auf einfache Art und Weise entledigen, in dem sie jedem seine Akte aushändigen will, die, die nicht einzelnen Personen zuzordnen sind, sollen öffentlich zugänglich werden. So könne letztlich jeder selbst entscheiden, ob er die darin enthaltenen Daten veröffentlichen, juristisch oder sonstwie verwerten will oder nicht. Bedenken wegen Vorverurteilungen und Datenschutz oder irgendwelche Ambitionen strukturierter rechtlicher bzw. historischer Aufarbeitung hat weder diese Regierung, noch hatte sie eine Regierung zuvor.

Ein Stasiunterlagengesetz oder eine solche Behörde wie z.B. in Deutschland gibt es in Ungarn bis heute nicht. Nach Schätzungen von Historikern, dienten rund 2.500 Personen dem Kádár-Regime als Agenten, rund die Hälfte davon als Spitzel gegen die eigene Bevölkerung, darunter übrigens auch Kirchenleute und Künstler sowie Politiker aus beiden Hauptlagern. Viele Akten gelten jedoch als verschollen oder vernichtet.

Die Spitzel-Datenbank von Emlékpont
http://szigoruantitkos.hu/szt-tisztek

Zum Thema:

Ungarn will Stasiakten "auflösen" - Dez 2010
http://www.pesterlloyd.net/2010_51/51stasiakten/51stasiakten.html

Geheim bleibt geheim - Dez 2008
Hinterlassenschaft der ungarischen Staatssicherheitsdienste sorgt weiter für Zündstoff
http://www.pesterlloyd.net/2008_49/0849stasi/0849stasi.html

Akte zu – Agent geschützt - Sept 2008
Untersuchungen zu Stasiakten abgeschlossen – ein Ergebnis ist nicht erkennbar
http://www.pesterlloyd.net/2008_38/2008_38/0838stasi/0838stasi.html

 

 

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