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(c) Pester Lloyd / 12 - 2012     TSCHECHIEN   23.03.2012

 

Volkes Unzufriedenheit

Proteste, Demos, Streiks in Tschechien

Es ist nicht das erste Mal (siehe hier), dass die Mitte-Rechts Regierung Petr Necas mit Protesten konfrontiert wird. „Normale“ Bürger, Studenten, Angestellte im öffentlichen Dienst oder die Gewerkschaften, viele sind unzufrieden mit der Regierung, die - wie anderswo auch - Sparzwänge vorschiebt, um freiheitliche Rechte zu beschneiden.

Initiiert wurden die Bürgerproteste in Tschechien unter anderem durch den sogenannten „Holeschowitzer“ Aufruf (Holešovská výzva). Es handelt sich dabei um einen Zusammenschluss mehrerer – nach eigenen Angaben - parteiloser Personen und Gruppierungen, die auf diese Weise ihre Unzufriedenheit mit der derzeitigen Situation in Tschechien kundtun möchten.

Das lose Bündnis um den Dissidenten und Journalisten Slávek Popelka hält das System für nicht reformierbar und möchten Regierung und öffentliche Organe zum Rücktritt bewegen. Die tschechische Elite ist wenig begeistert, so verglich Finanzminister Miroslav Kalousek die Organisatoren indirekt mit Hitler: „In jeder Demokratie gebe es Menschen, die nicht den demokratischen Regeln folgen wollen, sondern von irgendeinem besseren Morgen träumen“, meinte er der Finanzminister in einem TV-Interview. „Von solchen neuen Regeln träumte damals auch schon ein selbst ernannter Maler in einem Zimmer in Deutschland“, fügte Kalousek noch in Anspielung auf Hitler hinzu. Die Diffamierung des politischen Gegners durch die Nazikeule, hier einmal von rechts nach links geschwungen...

Rücktritt des Bildungsministers

Erste Ergebnisse haben die vielen Proteste bereits hervorgebracht. Nachdem am 16. März mehrere Universitätsprofessoren sowie seit Februar – der „Woche der Unruhe“ - regelmäßig mehrere Tausend Studenten protestierten und den Bildungsminister Josef Dobeš (Foto unten) zum Rücktritt aufgefordert haben, hat dieser sich nun am Mittwoch zu diesem Schritt entschlossen. Als offiziellen Grund für seinen Rücktritt gab der Minister die Sparvorgaben der Regierung an, die auf einer Koalitionssitzung am selben Tag festgelegt worden waren.

 

Die Professoren, ebenso wie die Studenten, kritisierten das geplante Hochschulgesetz und insbesondere die darin vorgesehenen Studiengebühren. Außerdem könnten die geplanten Umstrukturierungen der Universitätsleitungen die akademische Freiheit gefährden, da die Universitäten ihre Unabhängigkeit verlieren würden. Noch am 6. März hatte Dobeš die Reform verteidigt „Trotz der Proteste“, so der Bildungsminister, „ist es nötig, die Reformen zu konkretisieren, über sie zu diskutieren, sie jedoch Millimeter für Millimeter voranzutreiben.“

Gewerkschaften springen aufs Boot

Am Wochenende hat auch der tschechische Dachverband der Gewerkschaften CMKOS zu landesweiten Protesten am 21. April aufgerufen. Der Führer des Verbandes, Jaroslav Zavadil, geht davon aus, dass dann der Prager Wenzelsplatz von den Massen gefüllt werden wird „um die Desillusionierung mit der Regierungsarbeit“ zu verdeutlichen. „Die Regierung habe jegliches Vertrauen verloren“, fügte er hinzu. Die Regierung in Prag geht auf unruhige Zeiten zu. Es bleibt abzuwarten, wie lange Volkes Stimme ungehört bleiben kann.

Philipp Karl

 

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