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(c) Pester Lloyd / 31 - 2013   WIRTSCHAFT 29.07.2013

 

Ausgetrocknet und überschwemmt

Nochmals 40% Rückgang beim Wohnungsbau in Ungarn

Das Statistische Zentralamt in Budapest hat die Halbjahreszahlen für den Wohnungsbau publiziert. Dass die sich angesichts massenhafter privater Überschuldung, stagnierendem Arbeitsmarkt und anhaltend niedrigem Einkommen sowie dem Überangebot durch Zwangsversteigerungen und Notverkäufen kaum von den Allzeitnegativrekorden der letzten vier Jahre unterscheiden würden, war klar. Der nochmalige Rückgang um über 40% zum Vorjahr überraschte aber selbst die Pessimisten, die wenigstens mit Stagnation auf dem extrem niedrigen Niveau gerechnet hatten.

Überschwemmter Markt und ausgetrocknete Kunden: das ist keine gute Mischung. Kurz gesagt, die vorhandenen Häuser sind noch nicht bezahlt, wie sollen da neue entstehen? Von Januar bis Juni wurden ungarnweit, immerhin ein Land mit 10 Mio. Einwohnern, nur noch 2.680 Wohneinheiten fertiggestellt, 40% weniger als im Vorjahreszeitraum. Zu Hochzeiten, 2004, wurden im Lande über 21.000 Wohneinheiten im Halbjahr übergeben, d.h. der "Markt" ist seit dem um fast 90% eingebrochen, im Jahr 2008 verzeichnete man noch 15.500 Fertigstellungen, ab 2010 mit 7.500 war der Einbruch dann dramatisch.

Im ersten Halbjahr 2013 wurden 3.401 Baugenehmigungen erteilt, 30% weniger als zuvor. Bei nochmaligem Rückgang könnte man in Ungarn die europaweit wohl einmalige Entwicklung erleben, dass die Zahl der Abrisse, jene der Neubauten überstiege - wenn in Ungarn abgerissen würde. Die meisten aufgegebenen Hauser und Hütten bleiben einfach sich selbst, der Zeit und der Natur überlassen.

Einzig die Hauptstadt Budapest verzeichnete bei den Übergaben ein Plus von 13% auf 882 Einheiten, das jedoch fast gänzlich auf die Fertigstellung von zwei bis drei größeren Projekten zurückzuführen ist, bezeichnenderweise einschließlich eines staatlichen Notaufnahmelagers für gescheiterte Forex-Schuldner.... In Komitatshauptstädten betrug der Rückgang im Schnitt 41%, in kleineren Städten, Gemeinden und Dörfern über 50%. Nur Kecskemét und Szeged verzeichneten überhaupt mehr als 100 Fertigstellungen.

Friedhofsruhe im Hausbaumarkt wird anhalten

Die Prognosen sagen dem ungarischen Hausbaumarkt auch für die nächste Zeit Friedhofsruhe voraus, zumal die staatlichen Bauförderungen kaum noch mengenmäßig ins Gewicht fallen, nur eine bestimmte Schicht (Mittelstand mit Kindern) soll nach Auffassung des Staates überhaupt noch neuen Wohnraum schaffen. Die ausgestellten Genehmigungen fielen in Budapest um 43% auf 567. In anderen Komitatshauptstädten stiegen die Genehmigungen (im Schnitt) leicht, um 4,2% an, während sie in allen anderen Städten um 33% fallen, in Dörfern um weitere 44%. In Debrecen, Pécs, Sopron, Szombathely und Vác wurden je über 100 Genehmigungen ausgefertigt.

Der Anteil der privaten Bauherren sank im gemessenen Zeitraum von 65 auf 56%, was wiederum fast ausschließlich auf die oben aufgeführten "Groß"projekte zurückzuführen ist, in Budapest stieg so der Anteil der Unternehmen am Hausbaumarkt von 47 auf 68%. 41% der neugebauten Wohnungen oder Häuser waren für den Weiterverkauf bestimmt (zuvor 35%), 54% für den Eigenbedarf (zuvor 61%), nur 4% waren als Mietobjekte vorgesehen.

Künstlich aufgeblähter Markt, Kater nach dem Goldrausch

 

Festzuhalten ist dabei jedoch, dass der Markt über Jahre künstlich aufgebläht wurde, vermeintlich billige Kredite (in Franken) verlockten eigentlich zahlungsunfähige Kundschaft zum Hauskauf oder -bau, die Banken schmissen jedem, der wollte, einen Kredit nach, unabhängig vom Einkommen. Die Raiffeisen warb - auf sehr dümmliche Art (siehe den hier eingebetteten Werbespot von 2007) - sogar damit, dass sie das Gehalt ihrer Kundschaft gar nicht interessiere. Allen ging es nur um Marktanteile, es war ein regelrechter Goldrausch. "Projektgesellschaften" für Wohnparks schossen wie Pilze aus dem Boden, die Quadratmeterpreise erreichten fast Westniveau, was aber egal war, die Bank finanzierte ja alles, dummerweise hielt der Forintkurs nicht still und die Gehälter dann nicht mit...

Auf der
sozialen und ökonomischen Zeitbombe der faulen Forex-Kredite sitzt Ungarn heute noch, während die Banken ihre Gewinne längst realisierten und meist auch abführten, aber - wie die Raiffeisen in einem aktuellen Interview im Wirtschaftsblatt - trotzdem jammern, dass sie die Melkkühe der Nation seien. Die Banken in Ungarn werden üebrdurchschnittlich geschröpft, das stimmt, aber sie machen - im Schnitt (die österreichischen nicht) - immer noch und immer wieder Gewinne, die Bürger nicht...

cs.sz., red.

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