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(c) Pester Lloyd / 37 - 2013   WIRTSCHAFT 13.09.2013

 

Schmierige Geschäfte

Kroatien will ungarischen MOL-Chef wegen Verdacht auf Millionenbestechung bei INA verhören, MOL will Kroatien auf 266 Mio. EUR verklagen

Die Geschichte ist so lang wie die Erdgaspipelines zwischen Ungarn und Kroatien: bei der Übernahme eines Minderheitsanteils (47%) der Aktien der kroatischen INA durch die ungarische MOL sollen, so der Vorwurf der kroatischen Behörden, illegale Absprachen und Geldflüsse stattgefunden haben, die den Straftatsbestand des Betruges, der Bestechlichkeit und des Amtsmissbrauchs erfüllen könnten. MOL leugnet alles, die Regierung mauert mit, doch die Kroaten lassen nicht locker.

Im Zentrum der Ermittlungen stand und steht Ex-Premier Ivo Sanader, der vom Landesgericht Zagreb (Foto) im Vorjahr wegen Bestechlichkeit zu zehn Jahren Haft verurteilt worden ist, u.a. für die Annahme von 10 Mio. Euro Schmiergeld von MOL. Dieses Urteil bringt den ungarischen Konzern, der heute zu rund 25% vom ungarischen Staat kontrolliert wird, in einige Erklärungsnot, Vorstandschef Hernádi wiederholt gebetsmühlenartig, dass man sich "immer an die Gesetze" gehalten habe und protestierte formal gegen die "Unterstellungen" im Urteilstext.

Doch das reicht Kroatien nicht mehr aus. Während man im Sommer noch um “Gespräche gebeten” hatte, erhielt das ungarische Justizministerium am Donnerstag einen Brief des kroatischen Antikorruptionsanwaltes. Diesem liegt eine amtliche Ladung für MOL-Chef Zsolt Hernádi bei, man habe da noch einige Fragen und "verdächtige" den Ungarn "in einen großen Betrugsverfall involviert" sein zu können. Angeblich soll Hernádi schon am 25. September vor der SOKO Regierungskriminalität in Zagreb aussagen.

Schon 2011 versuchten die Kroaten über die Ungarn Licht ins Dunkel der Sanaderschen Firmenkonsturkte und die mutmaßlichen Geldflüsse von MOL-nahen Strukturen zu ihm zu bekommen, eine Anfrage auf Rechtsauskunft und Akteneinsicht wies das ungarische Justizministerium damals jedoch ab, sagte aber eigene Recherchen zu, auf informeller Ebene sozusagen. Das Ergebnis kam nicht überraschend: die zwei Firmen auf Zypern, die bei der Geldübergabe an Sanader tätig wurden, stünden in "keinerlei Verbindung zu MOL".

Weist alle Vorwürfe von sich und seinem Unternehmen. MOL-Chef Hernádi.

Die kroatischen Behörden gaben sich zunächst damit zufrieden und schlossen den Fall. Erst mit dem Urteil im Vorjahr erfolgte die Wiederaufnahme, diesmal direkt durch die Antikorruptionsbehörde. Immerhin steht der Zahlungsfluss, verbunden mit dem Namen MOL in einem rechtskräftigen Urteil eines Gerichtes. Das Geld soll, so wird kolportiert, übrigens nicht geflossen sein, um den Aktienanteil selbst zu kaufen, sondern, damit, obwohl man nur einen Minderheitenanteil erwarb, im Kaufvertrag verankert wird, dass die MOL die ausschließlichen Managementrechte und das strategische Weisungsrecht im Konzern erhält, also eine Quasi-Mehrheit, denn die Aktien- bzw. Stimmrechtsmehrheit war nach damaligem Privatisierungesetz nicht möglich zu kaufen.

 

Die Kroaten versuchten der MOL auch Aktienkursmanipulation nachzuweisen, um sich weitere Anteile günstig zu genehmigen. Schon 2009 gab es Zoff mit der Regierung, als der neue INA-Eigentümer MOL die Benzinpreise auf einen Schlag um 15% nach oben setzte. Ebenfalls 2009 rückten die Russen auf die INA-Anteile vor, Surgutneftegas, damals in Besitz eines Viertels der MOL-Aktien (von der österreichischen OMV abgekauft, die MOL feindlich übernehmen wollte, aber wegen einer Gesetzesänderung in Budapest scheiterte) wollte diese im Tausch gegen die INA-Anteile hergeben. MOL sass die Sache aus, letztlich kaufte der ungarische Staat das MOL-Paket von den Russen zurück, für 2,1 Mrd. EUR, finanziert aus den privaten Rentenbeiträgen der Bürger.

Die Antwort der MOL: das Unternehmen ging noch nicht direkt auf die Vorladung ein, meldete am Freitag aber, eine 80 Milliarden Forint (266 Mio. EUR) schwere Klage gegen die kroatische Regierung anzustrengen, als Kompensation für die angeblich durch den Staat verursachten Verluste aus der Übernahme der INA-Erdgastochter 2009. Dazu habe man US-Anwälte angeheurt, teilt das Unternehmen mit. Bei dem Vorstoß handelt es sich um einen taktischen Schachzug, den MOL auch offen zugibt. Man würde auf die Klage verzichten, wenn die für den 18. September anberaumten Gespräche mit der Regierung über die künftige Machtverteilung bei der INA im Sinne der MOL ausgingen - und, wenn man Hernádi in Ruhe lässt, was man aber nicht dazu schrieb.

red.

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