THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 48 - 2013 WIRTSCHAFT 29.11.2013

 

Steuerskandal: Regierung und Finanzamt beginnen mit Demontage des Kronzeugen

Das Imperium schlägt zurück. Einen Tag nach der
Anhörung von Ex-Steuerfahnder Horváth vor Oppositionsvertretern (darin auch alle weitere Links zum Fall), bei der dieser und ein weiterer Kollege sowohl die Systematik des Steuerbetruges bei Zoll- und Finanzamt NAV sowie auch die regierungsübergreifende politische Verantwortung vertieften, kündigt die NAV eine Anzeige wegen "Verleumdung" gegen den Ex-Mitarbeiter an. Die bisherigen Reaktionen der Regierungspartei auf die Anwürfe Horváths ließen die jetzt beginnende Demontage als folgerichtig und erwartbar erscheinen. Die Staatsanwaltschaft hat den Fall bereits an die lokale Polizei wegdelegiert.

NAV-Sprecher Varga (Fotot rechts bei seinem Medien-Auftritt am Donnerstag) korrigierte zunächst, Horváth sei kein Steuerfahnder gewesen, sondern ein "Koordinator im Direktorat für Zentralungarn" und in dieser Funktion habe "er nie an Steuerprüfungen teilgenommen", daher könne er auch nur "beschränkte Schlussfolgerungen" über die ihm vorliegenden Daten schließen. Auch sei ihm nicht klar, wie Horváth auf Summen von 1.000 bis 1.700 Milliarden Forint im Zusammenhang mit Mehrwertsteuerbetrug komme, auch über die behauptete Verlagerung von Steuerrückzahlungen auf Auslandskonten sei ihm die Beweislage nicht nachvollziehbar. Diese Äußerung kann man freilich auch so lesen: na klar gibts den beschriebenen Beschiss, aber beweisen kann ihn uns keiner, es wäre aber hilfreich, wenn uns die Staatsanwaltschaft bekannt gibt, welche Unterlagen gegen uns vorliegen...

 

An dieser Stelle kommt die Regierung ins Spiel: Regierungssprecher András Giro-Szász setzt den Eiertanz der Regierungsvertreter bei der Bearbeitung dieses staatstragenden Skandals fort, in dem er äußerte, dass die "Verbreitung derartiger Gerüchte (amtlich unterstützter und politisch gedeckter Steuerbetrug seit 2007) die ohnehin schon niedrige Steuermoral im Lande weiter absenke". Auch dies ein Klassiker der Bedeutungsumkehr: nicht der Steuerbetrug, sondern Berichte darüber sind an der schlechten Steuermoral Schuld. Wie bereits berichtet, war die Regierungspartei in Form von Steuersstaatsekretär Cséfalvay und Fraktionschef Rogán bereits seit zwei Jahren durch Horváth informiert worden, rührte aber keinen Finger, weil die Vorwürfe angeblich "zu unkonkret" waren und ließ die Sach - wie es bei dieser Regierung und ihren Anhängern allgemeine Mode ist - getrost unter den Tisch fallen.

Ex-Steuerkommissar Horváth hat für den Fall scheiternder Ermittlungen angekündigt, seine Akten zu publizieren, die ungarische Wikileaks-Plattform sowie eine Bürgerrechtsgruppe haben ihm publizitäre Hilfe und juristische Unterstützung zugesagt.

red.

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