THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 01 - 2014 WIRTSCHAFT 07.01.2014

 

Schöngerechnet

Ungarn unterbietet zuvor angehobenes Defizitziel...

Finanz- und Wirtschaftsminister Varga rühmte in einer "Neujahrsansprache" die Tatsache, dass das Haushaltsdefizit 2013 rund 200 Milliarden Forint (700 Mio. EUR) "unter der Vorgabe" und damit zwischen 2,3 und 2,7% des BIP liegen wird. Doch diese und andere "Erfolgsmeldungen", die fast im Stundentakt aus dem Regierungslager erschallen, können die fiskalische Flickschusterei in Orbáns Wirtschaft kaum vertuschen.

Das vorläufige Haushaltdefizit 2013 beträgt 930 Mrd. HUF (3,1 Mrd. EUR, ohne Kommunalschulden) und liegt damit rund 200 Mrd. unter Plan. Allerdings erwähnte der Minister nicht, dass das Parlament das Defizitziel in einem Nachtragshaushalt erst im Dezember massiv angehoben hatte, was die Jubelmeldung natürlich nicht nur relativiert, sondern völlig wertlos macht. Offen bleibt auch wieder, ob die EU-Kommission bestimmte Querbuchungen bzw. Auslagerungen anerkennen wird oder als Kosten, also Ausgaben ansieht. Konkret geht es hier um etwas mehr als 200 Mrd. HUF, die für die Übernahme von Energieunternehmen sowie die "Integration" der Spargenossenschaften in eine staatlich kontrollierte Bank aufgewendet wurden.

Minister Varga bei der Präsentation “seiner” Zahlen. Am Rednerpult prangt das Vorzeichen für jede Verlautbarung: “Ungarn macht´s besser...”.

Zwar konnte auch die Staatsschuldenquote im vergangenen Jahr leicht gesenkt werden, doch liegt diese mit 80,2% (Ende Q3) sowohl weit über den Regierungsvorgaben als auch über der in der Verfassung festgeschriebenen Schuldenobergrenze. Mehrfach feierte die Regierung bereits die Reduzierung der Quote deutlich unter die 80%-Marke, um kurz danach, durch "Sonderausgaben", vor allem aber periodische Forintverfälle wieder in die alte Liga zurückkehren zu müssen.

Experten gehen davon aus, dass die Quote per 30.12.2013 bei 79,4% liegen wird, 0,4 Punkte unter dem Wert des Vorjahres, aber rund 4 Punkte über den Plänen der Regierung sowie 1,3 Punkte über den Versprechungen, die man der EU im jüngsten Konvergenzplan gemacht hatte. Hier soll nicht vergessen werden, dass man durch die Einverleibung der privaten Rentenbeiträge 2010/2011 ein Polster von rund 6-8% des BIP verbucht hatte, ohne diese Einmalmaßnahme wäre die Verschuldung heute also höher als unter der Vorgängerregierung während der Lehman-Krise. Den Preis für die Anhübschung der Statistik zahlen künftige Rentengenerationen, deren Ansprüche nur mehr theoretisch existieren.

Zwar sei 2013 das Wachstum in Ungarn "angesprungen", so Varga, die Absenkung der Flat tax auf alle Einkommen von 16% auf die von Premier Orbán gewünschten "unter 10%" seien jedoch frühestens 2015 machbar, denn die rund 600 Mrd. Forint (2 Mrd. EUR bzw. 2% des BIP), die diese Maßnahme koste (bei gleichzeitiger Anhebung einiger Verbrauchssteuern), könne man 2014 noch nicht aufbringen.

 

Die Opposition nannte Vargas Einschätzungen "höhnisch", denn sowohl das diesjährige BIP-Wachstum wie auch die nominale Steigerung der Realeinkommen seien nur aufgrund desaströser Basisdaten aus 2012 entstanden und da man in der Landwirtschaft diesmal mehr Glück mit dem Wetter hatte. In Summe zahlte die Mehrheit der Bevölkerung jedes Jahr der Regierung Orbán drauf, der Plan mit der weiteren Absenkung der Einkommenssteuer bei gleichzeitiger Erhöhung von Verbrauchssteuern helfe wieder nur den Besserverdienern und schadet all jenen, die den größten Teil ihres Einkommens zur Finanzierung lebensnotwendiger Ausgaben aufwenden müssen. Man setze letztlich also eine asoziale Wirtschafts- und Steuerpolitik fort und belüge das Volk mit Zahlentricks, z.B. bei der Beschäftigungsstatistik. Die EU habe längst bestätigt, dass die Zahl der Armen und Armutsgefährdeten in Ungarn seit 2010 angestiegen ist.

Das Defizit 2014 soll 2,9% des BIP betragen.
Mehr zum Budget 2014.

Mehr zur Wirtschaftslage.

red.

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