THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 48 - 2013 WIRTSCHAFT 27.11.2013

 

2,9% neues Defizit: Parlament in Ungarn beschließt Budget am Rande des Erlaubten

Am Dienstag verabschiedete die Regierungsmehrheit im Parlament die Eckdaten für den Staatshaushalt 2014, die Abstimmung verzögerte sich aufgrund kurzfristiger Änderungsanträge, bessere Einnahmeprognosen führten zu höheren Ausgabewünschen. Experten kritisieren Disproportionen und unnötige Risiken bei überbordenden Staatsaufgaben und die Subvention von Arbeit, statt der Förderung von Wirtschaft und Bildung.

Parlamentspräsident Kövér übergibt Nationalwirtschaftsminister Varga das Haushaltsgesetz 2014 und gaukelt damit demokratische Abläufe vor. 1. Varga hat das Gesetz selbst geschrieben, 2. es kann jederzeit aufgeschnürt werden, 3. die Opposition hat man nicht mal um die Meinung gefragt, 4. Kövér und Demokratie

Das Defizit bleibt mit projektierten 2,9% des BIP hart an der Grenze des EU-weit Erlaubten. Als Einnahmeziel wurden 15.983 Milliarden Forint (53,5 Mrd. EUR) beschlossen, ausgeben will man nicht mehr als 16.968 Mrd. HUF (56,8 Mrd. EUR). Das Defizit soll 984 Mrd. HUF (3,3 Mrd. EUR) betragen, 60 Mrd. mehr als im ursprünglichen Budgetplan. Die Staatsschuldenquote sinkt nur um 0,2 Prozentpunkte und bleibt knapp unter 80% des BIP, was im kommenden Jahr eine Verfassungsänderung nötig machen wird, denn dort sind größere Schuldenreduzierungsschritte verankert, bei Nichteinreichen droht ein Veto gegen das Budget seitens dese Haushaltsrates.

Details zu Einzelposten im Budgetentwurf sowie Daten zur Wirtschaftslage

Steuerliche Erleichterungen mit Blick auf die Wahlen im Frühjahr für Familien mit Kindern, die durch die Flat Tax besonders geschleiften Geringverdiener, Gehaltserhöhungen im Schul- und Gesundheitssektor sowie erhöhte Aufwendungen für vom Staat übernommende kommunale Einrichtungen, vor allem die 3.000 neu administrierten Schulen und mehr als verdoppelte Zuschüsse für die kränkelnden Budapester Verkehrsbetriebe, verhindern den Schuldenabbau.

Auch die steuerlichen Aufwendungen für Job-Protection-Subventionen und Kommunale Beschäftigungsprogramme sollen einen neuen Rekordstand erreichen. Auf der Einnahmeseite hat man in letzter Minute die prognostizierten Mehrwertsteuereinnahmen um 14 Mrd. angehoben, hofft also auf mehr Konsum. Dem Ministerpräsidenten stehen - neben seinem regulären Budget - weitere 320 Mrd. HUF, ca. 1,1 Mrd. EUR an "Sonderfonds" zur Verfügung.

Experten schätzen das Budget als - im Rahmen der selbst beschränkten Möglichkeiten - sehr knapp kalkuliert, aber solide an. Kritisiert wird die vermehrte Aneignung kommunaler Aufgaben, die erhebliche finanzielle Risiken für die Zukunft birgt sowie die asoziale Verteilung der Steuerlast zu Gunsten der Besserverdiener (flat tax, Mehrwertsteuersätze auf Lebensmittel etc.). Der Anteil für Bildung und Forschung (von zentralistischen Prestigeprojekten abgesehen) ist im europäischen Vergleich viel zu gering, anstelle wirtschaftlicher Anreize und öffentlicher Investitionen werden Arbeitsplätze unaabhängig von ihrer Lebensfähigkeit subventioniert.

 

Neben der unzeitgemäßen Proportionierung gibt es weitere Kritik an mangelnder Reservenbildung für außerplanmäßige Ereignisse und wirtschaftliche Krisenistuationen (Forintverfall, globale Einbrüche) sowie an intransparenten Budgetposten, die Missbrauch und politische Instrumentalisierung befördern, was nicht Sinn eines Staatshaushaltes sein sollte.

Dass der Staat in einer Aufschwungphase weitere Schulden ansammelt, zeigt Korrekturbedarf in der Wirtschafts- und Steuerstrategie. Auch die ad-hoc-Anpassung bei verpassten Budgetzielen z.B. durch erzwungene Einmalzahlungen der Banken oder Steuererhöhungen (2013 gab es insgesamt 5 Nachtragshaushalte) sind weit von dem entfernt, was man eine zuverlässige Haushaltsführung nennen kann.

Volkswirtschaftler loben indes, dass - trotz des Wahlkampfes - das Budget 2014 nicht ausschließlich auf Wahlzuckerl aufgebaut ist und man weiter die Vorsicht regieren lässt. Für Zuckerl sind ohnehin die EU-Milliarden geeigneter, die der Staatssekretär im Amt des Ministerpräsidenten, Lázár, unter seiner Kontrolle hat.

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red.

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