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(c) Pester Lloyd / 06 - 2014   GESELLSCHAFT 06.02.2014

 

Jüdische Organisationen in Ungarn boykottieren Holocaust-Gedenkjahr der Regierung, Nazi-Aufmarsch in ehemaliger Synagoge wird notfalls "physisch" verhindert

Aus Protest gegen die geplante Errichtung des Okkupationsdenkmals sowie die geschichtsfälschende Erinnerungspolitik (Reinwaschung der Horty-Ära etc.) der Regierung Orbán, haben mehrere jüdische Organisationen die Zusammenarbeit mit der Regierung im diesjährigen Holocaust-Gedenkjahr für beendet erklärt, d.h. dass bereits bewilligte Förderungen für Projekte in Höhe von über 150.000 EUR aus dem Sonderfonds der Regierung abgewiesen bzw. rücküberwiesen und gemeinsame Veranstaltungen mit Regierungsinstitutionen abgesagt werden. Neben dem jüdischen Sommerfestival folgen dem Boykott die beiden Synagogen in der Dohány Straße - die größte Mitteleuropas (Abb.)-, jene in der Leo Frankel Straße sowie die jüdische Gemeinde in Nyíregyháza.

 

Begründet wird der Schritt damit, dass es von der Regierung bei keiner der Kontroversen zu einem konstruktiven Entgegenkommen gekommen sei, nicht einmal von der Äußerung eines regierungsseitig eingesetzten "Historikers", der die Deportation von ungarischen Juden als "fremdenpolizeiliche Maßnahme" bezeichnete, habe man sich klar distanziert. Man werde nicht zulassen und sich nicht daran beteiligen, dass die Erinnerung an die Toten für politisch-ideologische Zwecke missbraucht werde. Der Verband teilte mit, dass man bei anderen Projekten - wie z.B. - dem neuen "Haus der Schicksale", einem amtlichen Alternativprojekt zur Holocaustgedenkstätte, zunächst die Konzeption kennenlernen wolle, bevor man über eine Mitwirkung entscheide.

Gleichzeitig kündigte MAZSIHISZ, Dachverband der ungarisch-jüdischen Organisationen laut der Jerusalem Post mit, dass man den für diesen Freitag geplanten Aufmarsch der Neonazipartei Jobbik in der ehemaligen Synagoge von Esztergom notfalls "physisch" verhindern werde, wenn die Behörden nicht selbst darauf kommen, ihn zu verbieten. Man werde "Leute hinschicken", die diesen Ort der Erinnerung an vielfachen Mord vor einer Schändung durch Neonazis schützen werden, so MAZSIHISZ. Die Synagoge von Esztergom sei nur deshalb kein jüdisches Gebetshaus mehr, weil die Gemeinde vernichtet wurde. - Die Ankündigung ist insofern bemerkenswert, da aktiver Widerstand gegen Nazi-Aufmärsche in Ungarn ein Novum darstellt.

Mehr zu Hintergründen des Boykotts der jüdischen Organisationen
aktuell bei Pusztaranger

Mehr zur Debatte um das Okkupationsdenkmal

Alles weitere zum offiziellen Holocaust-Gedenkjahr:
in:
Wer ist hier das Opfer? Funktionaler Antifaschismus bei der großen Holocaust-Gedenkshow 2014

Am 8.2. planen Neonazis einen "Marsch der Ehre" in Budapest, wogegen sich im Internet  Widerstand formiert, mehr hier.

red

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