THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 09 - 2014   NACHRICHTEN 25.02.2014

 

"Kommunalbeschäftigung Tor zur Arbeitswelt" - schon über 200.000 Billigstlöhner in Ungarn

Premier Orbán nannte auf einer Betriebseinweihung des Autobahnamtes bei Vásárosnamény gestern die Kommunalen Beschäftigungsprogramme "das Tor in die Welt der Arbeit". Das vollständig mit rund 4 Mio. EUR Steuermitteln errichtete und durch Steuermittel finanzierte Projekt, das auch eine Datenerfassungsstelle für "ausländische Temposünder auf ungarischen Straßen" beinhaltet, nannte Orbán ein "tolles Beispiel wie Menschen von öffentlicher in normale Arbeit mit vollem Einkommen wechseln können", was ihnen eine "größere Perspektive" schafft.

So weit die Regierung, hier die Fakten: Die Zahl der Menschen, die in Kommunalen Beschäftigungsprogrammen gehalten werden, also unter Androhung eines dreijährigen, kompletten Sozialhilfeentzuges (ca. 80.- EUR) auf Steuerkosten meist niedere Tätigkeiten unter der Aufsicht von oft zweifelhaftem Wachpersonal verrichten müssen, ohne eine Chance auf echte Aus- und Weiterbildung oder Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt zu erhalten, hat mit ca. 210.000 Ende Januar ein neues Rekordhoch erreicht und lag damit nochmals um 26.000 über dem Vormonat.

 

Das Innenministerium hatte extra eine aus Sondermitteln finanzierte "Winteroffensive" gestartet, um die Beschäftigungsstatistiken wahlkampftauglich zu machen, fallen diese Közmunkás doch aus der Arbeitslosenstatistik und werden in der Beschäftigungsstatistik als vollwertige Arbeitsplätze verbucht. Die Sozialhilfeempfänger und Langzeitarbeitslose, die in diese Programme gezwängt werden, können bei 40 Wochenstunden Arbeit, auch fern des Heimatortes, maximal auf den doppelten Sozialhilfesatz kommen, also rund 170.- EUR brutto. Dafür wurde für sie extra das Gesetz über den Mindestlohn aufgehoben, denn sonst müsste man ihnen wenigstens 330.- EUR brutto bezahlen. Hauptmotiv des Programmes ist die Beaufsichtigung der vor allem auf dem Lande häufig verelendeten Roma, nicht selten auch unter offen rassistischen Umständen.

Laut Statistik verzichtet jeder zweite Arbeitslose lieber auf eine weitere Registrierung und damit auf jede Unterstützung als sich auf diese Programme einzulassen und hilft damit die Zahl der Arbeitslosen, zumindest nominell zu verringern. Wer eine irgendwie brauchbare Ausbildung und rudimentäre Sprachkenntnisse hat, zieht lieber ins Ausland als sich zu Hause unter Wert erniedrigen zu lassen. - Innenminister Pintér, Oberaufsicht bei der Umsetzung der Programme, drohte kürzlich, dass das "ungarische System" bald "Standard in ganz Europa" sein wird...

red.

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