THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 21 - 2014   GESELLSCHAFT 25.05.2014

 

EU-Wahl - ganz egal? Europawahl in Osteuropa: Polen, Tschechien, Slowakei, Rumänien, Ungarn

In den vier ostmitteleuropäischen Staaten, die im Rahmen der Visegrád-Vier-Initiative kooperieren, ging es am Wochenende um 93 der 751 Sitze im neuen Europäischen Parlament, also um fast so viele Mandate wie Deutschland zustehen. In Rumänien wurden weitere 32 Mandate vergeben.

Die Wahlbeteiligung war in der Region die niedrigste in der gesamten EU, die Visegrád 4 finden sich auf den letzten sechs Plätzen wieder. Die in der ganzen EU auffällige Instrumentalisierung durch Nationalisten sowie die gefühlte Unwichtigkeit der Bürger und Ferne der Gemeinschaft sind hier besonders stark ausgeprägt. Im Ergebnis folgen die Länder des “mittleren Ostens” jedoch weitgehend dem europaweiten Trend: Mehrheit für die EVP-Geflogsleute, Sozialdemokraten auf Rang 2, eine große Fraktion Rechte bis Rechtsextreme. Liberale und Grüne schneiden hier jedoch schwächer ab als in Westeuropa.

UPDATE, 23:23 Uhr

Mandatszahlen für Rumänien, Tschechien, Slowakei, Polen aktualisiert. Siehe im jeweiligen Länderabschnitt

UPDATE, 23:09 Uhr

WAHLERGEBNIS UNGARN

Die Hochrechnung der Nationalen Wahlkommission in Ungarn, nach 99,99% ausgezählter Stimmen ergibt:

FIDESZ-KDNP  1 191 163 Stimmen, 51.49 %, 12 Mandate
JOBBIK 339 501, 14.68 %, 3
MSZP, 252 494, 10.92 %, 2
DK, 225 762, 9.76 %, 2
EGYÜTT-PM, 167 012, 7.22 %, 1
LMP 115 957, 5.01 %, 1

WAHLBETEILIGUNG: 28,92%

Die Regierungskoalition erreicht rund 6 Prozentpunkte mehr als bei der nationalen Wahl am 6. April und sichert sich über die Hälfte der Mandate, die neonazistische Jobbik wird klar Zweiter, aber mit rund 6 Punkten weniger als vor 6 Wochen. Die größte Oppositionspartei im nationalen Parlament, die MSZP, erleidet eine Totalschlappe und kommt nur auf 2 Mandate, die DK von Ex-Premier Gyurcsány überrascht mit fast 10%, Ex-Premiers Bajnai Allianz “Gemeinsam 2014 - Dialog für Ungarn” sowie die Grünen erreichen je ein Mandat. Die drei Linksparteien der ehemaligen Wahlallianz “Regierungswechsel” erreichen gemeinsam also fast das gleiche Ergebnis wie bei der nationalen Wahl, aber in anderen Abstufungen. Die Wahlbeteiligung ist die niedrigste der drei in Ungarn bisher stattgefundenen Europawahlen.

Zahl der Mandate, umgelegt auf die wahrscheinliche Fraktionszugehörigkeit im EU-Parlament. Vorläufige Angaben, beruhend auf vorliegenden Prognosen, Stand: 23:30 Uhr

                         EVP        S&D       Grüne      ALDE       Linke        Unabhängige   Rechtsextreme etc.

UNGARN:                12           4            1             1               -                 -                          3
SLOWAKEI                 4           6            -            -               -                  -                         2
TSCHECHIEN             3             4           -            -                4                 (6)*                      -
POLEN                      23          5            -             -                 0                 4                        19
RUMÄNIEN               11         15           -             6               -                  -                        -
________________________________________________________________________
                        
53           34          1          7                4                 10                     24

UNGARN

Am Sonntag waren etwas mehr als 8 Millionen Einwohner in Ungarn wahlberechtigt. Um 13 Uhr meldete die Nationale Wahlkommission Ungarns einen Beteiligungsquote von 15,9%, knapp 4 Punkte weniger als vor fünf Jahren. Acht Parteien ringen hier um 21 der 751 Sitze zum neuen Europäischen Parlament. Hier die
Schlussstatements der wichtigsten Parteien, hier die letzten Umfragen. Erwartet wird, dass die Regierungsparteien FIDESZ-KDNP mindestens die Hälfte der Mandate erobern und sich die sozialdemokratische MSZP und die neonazistische Jobbik um Rang 2 rangeln werden. DK, LMP, E2014 haben außerdem Chancen auf je 1-2 Mandate.

UPDATE, 19.25 Uhr: Wahlbeteiligung halbe Stunde vor Wahlschluss mit 27,64% auf neuem Rekordtief (7,3 Punkte hinter 2009), Budapest bei 35%.

UPDATE, 18.54 Uhr

Premier Orbán macht sich wieder einmal Freunde in Europa: Er erklärte, dass “es nicht in Frage kommt, dass die Fidesz-Abgeordneten” im EU-Parlament, Jean-Claude Juncker als Kommissionspräsidenten wählen. Mal abgesehen davon, dass die Abgeordneten eigentlich nicht auf Orbán zu hören haben, spricht sich Orbán damit als EVP-Angehöriger gegen den EVP-Kandidaten aus. Juncker gilt der Orbánschen Kriegsrhetorik offiziell als Banken- und Multi-Versteher, inoffiziell ist er schlicht: zu europäisch. Wen er denn - außer sich selbst - gerne an der Kommissionsspitze sähe, ließ er offen. Die EVP-Mehrheit scheint aber auch ohne die Orbán-Truppe für eine Wahl Junckers groß genug, wenn nicht noch andere Parteifreunde abtrünnig werden.

UPDATE, 18.30 Uhr

Die Wahlbeteiligung lag in Ungarn um 17 Uhr mit 24% ganze 6 Prozentpunkte unter jener von 2009, die Wahllokale sind bis 19 Uhr geöffnet.

UPDATE, 14 Uhr

Größere Verstöße gegen die Wahlrregularien wurden bisher nicht gemeldet. Die Vertreter der Demokratischen Koalition wurden im III. Budapester Bezirk von der Wahlbeobachtung ausgeschlossen, weil ihre Akkreditierungsunterlagen "abhanden gekommen" seien, in einem Wahllokal schmiss ein Wähler ausversehen seinen Ausweis anstelle des Stimmzettels in die Wahlurne und FIDESZ verbietet regierungskritischen Medien - wieder einmal - den Zutritt zu ihrer Wahlparty.

 

SLOWAKEI

Den Negativrekord bei der Wahlbeteiligung stellte einmal mehr die Slowakei auf, dort gingen am Samstag wohl nur rund 13% der Wahlbürger zu den Urnen, vor vier Jahren waren es ebenfalls lediglich 19,4%, davor 17%. Die Regierungspartei des gemäßigter gewordenen "Linkspopulisten" Robert Fico wird wohl mit rund einem Viertel der Stimmen stärkste Kraft bleiben, aber wohl eines der bisher fünf Mandate verlieren, die Christdemokraten werden wahrscheinlich 2 Mandate erringen, eine marktliberale Partei ebenfalls, die extremistische SNS, die bei Parlamentswahlen schon bis zu 20% errang, soll an der 5%-Hürde gescheitert sein, die multiethnische slowako-ungarische Partei Most-Híd soll einen Sitz errungen haben, im Gegensatz zur orbántreuen Ungarnpartei, die leer ausging. Die genaue Mandatsverteilung lässt noch bis Sonntagabend auf sich warten.

UPDATE, 23:30 Uhr:

Die slowakischen Mandate, umgelegt auf die wahrscheinliche Fraktionszugehörigkeit im EU-Parlament (vorläufig):

S&D 6, EVP 4, Euroskeptiker/Rechtsextreme 2

TSCHECHIEN

Auch in Tschechien wurde schon am Samstag gewählt, dort lag die Beteiligung unter 20%, vor fünf Jahren noch bei 28%. Als Sieger im Rennen um die 21 Sitze ging die konservative Partei TOP 09 von Ex-Außenminister Schwarzenberg mit ca. 18% hervor, die erstmals antrat, gefolgt von der regierenden, sozialdemokratisch ČSSD mit 17%, die allerdings 5 Punkte einbüßte. Platz 3 ging an deren Koalitionspartner ANO, eine Art liberale Protest-Partei eines bekannten Medienunternehmers mit 15,5%, die Kommunisten errangen 11% (-3), die Christdemokraten, ODS, liegen bei 9,5%.

UPDATE, 23:30 Uhr:

Die tschechischen Mandate, umgelegt auf die wahrscheinliche Fraktionszugehörigkeit im EU-Parlament (vorläufig):

S&D 4, Linke 4, EVP 3, Unabhängige 6 (evtl. zu EVP), Euroskeptiker/Rechtsextreme 2


POLEN

In Polen geht es immerhin um 51 Sitze im neuen EU-Parlament. Derzeit hält die liberal-konservative PO von Premier Tusk 25 davon, acht andere Parteien verfügen je über 1-6 Mandate. Die Kaczyński-Partei, die antieuropäisch-fundamentalkatholische PiS errang bei den letzten EU-Wahlen nur 6 Mandate wird aber diesmal in den Umfragen in einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Regierungspartei gesehen, beide könnten am Ende auf je 16-18 Sitze kommen.

UPDATE, 23:30 Uhr:

Die polnischen Mandate, umgelegt auf die wahrscheinliche Fraktionszugehörigkeit im EU-Parlament (vorläufig):

EVP 23, Euroskeptiker/Rechtsextreme 19, S&D 5, Unabhängige 4

RUMÄNIEN

In Rumänien geht es um ein Duell zwischen dem nationalkonservativen Staatspräsidenten Basescu, bisher acht Mandate und dem sich für sozialdemokratisch haltenden Premier Ponta, bisher 11, seine liberalen Bündnispartner, bisher 5 Mandate, wobei sich ein leichter Vorteil für die konservative abzeichnet, auch hier, wie in der Slowakei, Tschechien und Polen eine Art Denkzettel für die amtierende Regierung. Die Ungarnpartei UDMR / RMDSZ, die ebenfalls die Ponta-Regierung stützt, ist von Orbán erfolgreich gespalten worden und bangt um ihre bisherigen 3 Mandate. Die von Budapest aufgebaute Siebenbürger Separatistenpartei um den Székler-Führer László Tökés ist chancenslos, Tökés kandidiert wie andere "Trianon-Ungarn" daher auf der Fidesz-Liste in Ungarn mit.

Die rumänischen Mandate, umgelegt auf die wahrscheinliche Fraktionszugehörigkeit im EU-Parlament (vorläufig):

EVP 11, Liberale 6, S&D 15, Unabhängige 4

red.

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