THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 24 - 2014 WIRTSCHAFT 12.06.2014

 

Einer wie der Andere: "Strategische Partnerschaften" zwischen Regierung und Investoren bringen Ungarn kein Extra

Eine Recherche der oppositionellen Tageszeitung "Népszabadság" räumt mit der "Orbán Legend" auf, wonach die "Strategischen Kooperationsvereinbarungen", die seine Regierung mit bisher 28 großen, ausländischen Unternehmen geschlossen hat, dafür sorgen, dass die Profite dieser Unternehmen überwiegend im Lande bleiben und reinvestiert werden. Der Deal zwischen Orbán und den Bossen ist ein anderer.

Die Zeitung stützt sich bei ihrer Untersuchung auf eine Datensammlung des Wirtschaftsanalysten Opten, wonach 2013 90% der Dividenden der 100 größten Ausschütter ins Ausland gewandert sind.  In Summe wurden 2013 von den Top 100 der in ausländischem Besitz befindlichen Unternehmen 2.500 Milliarden Forint Dividenden ausgeschüttet, also ca. 8,17 Mrd. EUR bzw. 8,5% des BIP. Unter den Top 30 finden sich 11 "strategische Partnerunternehmen" der Regierung, die gemeinsam mehr Dividenden ins Ausland überwiesen als die Firmen ohne die Partnerschaftsvereinbarung.

An der Spitze der Liste steht der Vorzeigeinvestor schlechthin, die Audi Hungária Mótor Kft., die rund 3 Mrd. EUR akkumulierter Gewinne an die deutsche Muttergesellschaft in Ingolstadt überwies. Allerdings wird es noch einige Jahre dauern, bis Audi Ungarn wirklich "Geld aus dem Land schafft", wie es abschätzig im Fidesz-Jargon heißt, denn das Unternehmen investierte bereits rund 5 Mrd. EUR in sein Motoren- und Fahrzeugwerk in Györ und in dessen Peripherie.

Auf den Plätzen finden wir mehere Tochtergesellschaften des Elektro-Riesen General Electric, der in Summe rund 500 Mio. EUR aus Ungarn abzog und wiederum an andere Töchter in Österreich und Holland verteilte, aber auch die französische Pharmafirma Sanofi-Aventis, die Kollegen von Chinoin, der Medienriese Viacom International und viele andere mehr, deren Dividenden zwischen 10 und 25 Mio. EUR pendeln.

Während Handels-, Energie- und Energieunternehmen, vor allem aber die Finanzbranche von der Regierungspartei als Bösewichte dargestellt werden, die "massive Extraprofite, erwirtschaftet auf Kosten ungarischer Familien, aus dem Land schaffen", würden die produzierenden Branchen, vor allem in technisch hochwertigen Segmenten, Know how nach Ungarn bringen, Arbeitsplätze bei ungarischen Zulieferern schaffen und sichern und durch weitere Investitionen nachhaltigen Nutzen für das Land bringen. Die "Bösen" hat man daher mit teilweise enormen Branchensondersteuern belegt , um "die Bürden der Krise fairer zu teilen". Die Konsequenze: mehrere Unternehmen hat man bereits zur Aufgabe, zum Verkauf (auch an den Staat oder Fidesz-Günstlinge), die meisten anderen immerhin zu einem Investitionstop "motivieren" können, der sich vor allem im Energiebereich irgendwann "sichtbar" machen wird.

Neben dem Verhalten bei der Gewinnverwendung kam auch heraus, dass der Anteil (wirklich) ungarischer Lieferanten und Zulieferer bei den "strategischen Partnern" nicht höher als bei anderen ausländischen Investoren ist. Der patriotische Mehrwert der strategischen Partner der Regierung ist also nicht größer als jender von ausländisch dominierten Unternehmen anderer Branchen oder ohne Vereinbarung.

 

Die 28, die sich - begleitet jeweils von großem Staatsmedien-Tamtam - mit Orbán auf eine solche Vereinbarung einließen, spekulieren auf andere Vorteile, die sich aus der Nähe zur Macht ergeben:  "kurze Dienstwege" bei allfälligen Genehmigungsverfahren oder Steuerproblemen, zum Beispiel. Vor allem genießt man das untertänige neue Arbeitsrecht in vollen Zügen und schweigt dafür, wenn bei bestimmten Ausschreibungen bestimmte Firmen-Konstellationen zum Zuge kommen oder mit ins Boot genommen werden sollen. Das an anderer Stelle dafür evtl. Konkurrenten geräuschlos aus dem Weg geräumt werden: das ist der Deal. Notfalls passt man auch die Firmenstrategie den politischen Vorgaben der Regierung an, wie die Magyar Telekom, Tochter der teilstaatlichen Deutschen Telekom, gerade eindrucksvoll bewies und wofür sich die Regierung durchaus dankbar zeigt.

red.

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