THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 39 - 2014 BOULEVARD 21.09.2014

 

Regierung von Ungarn: Grundrechtsbeauftragter "von Drogenlobby infiltriert"

Nach den NGO´s, sieht sich nun auch der parlamentarische Ombudsmann für Grundrechte, Lászlo Székely (Foto), massiven Vorwürfen der "Fremdsteuerung" ausgesetzt. Dabei ist keine Konstruktion mehr zu absurd. Zwar ist der höchte Ansprechpartner für Bürger und Organisationen in Fragen von Menschen- und Grundrechtsverletzungen seitens von Behörden - und mit Klagerecht vor dem Verfassungsrecht ausgestattet - vor rund einem Jahr von der Regierungspartei Fidesz selbst ernannt worden, erfüllte auch durch das Abschmettern von Beschwerden und anderen Maßnahmen die in ihn gesetzten Erwartungen, - doch vorige Woche machte er einen entscheidenden Fehler:

 

Beim Einreichen einer Stellungnahme hinsichtlich einer Beschwerde über die Schließung eines Drogenprogramms in Budapests VIII. Bezirk, wagte es Székely die Position der führenden Bürgerrechtsvereinigung TASZ, teils wörtlich zu übernehmen und außerdem Positionen der Regierung, die angeblich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren, in seinen Bericht aufzunehmen.

Was in Demokratien ein normaler Vorgang wäre, wo die Positionen von NGO´s selbstverständlich gehört und berücksichtigt werden und Regierungsstandpunkte zu öffentlichen Angelegenheiten sogar veröffentlicht werden müssen, macht die ungarische Regierung zu einem Skandal. Das Martialische in der folgenden Aburteilung, das dem “Hochverrat” gegen investigative Journalisten oder den “Agenten fremder Mächte” bei den NGO´s sehr ähnelt, deutet daraufhin, dass Székely womöglich auch aus anderen Gründen schon auf der Fidesz-Abschussliste stand...

Der oberste NGO-Jäger, Kanzleramtsminister Lázár sagte auf einer Wahlkampfveranstaltung in der Provinz, dass der Ombudsmann "seine ganze Glaubwürdigkeit verloren habe", sollten sich die "Vorwürfe" gegen ihn bestätigen. In diesem Falle "reiche es nicht, dass er eine interne Untersuchung einleitet", sondern, er müsste dann zurücktreten. Der Ombudsstellen-Bericht hinsichtlich der Drogenberatungsstelle "erweckt den Eindruck, dass er vollständig von anderen Organisationen" geschrieben sei.

Noch deutlicher wurde Máté Kocsis, Fidesz-Bezirksbürgermeister des VIII. "Der Bericht ist politisch bestellt und geschrieben von TASZ", also hat "die Drogenlobby das Amt des Ombudsmannes infiltriert." Der Ombudsmann müsse gehen.

 

Im VIII. Bezirk lief jahrelang ein Programm, wo Süchtige in Räumlichkeiten des Bezirkes bzw. eines Hilfsvereins - anonym - kostenlos saubere Nadeln bekamen, aus Gründen des Gesundheitsschutzes, und um die Stecherei aus dem öffentlichen Raum zu holen. Dieses Herangehen, das natürlich nur ein Aspekt der Anti-Drogen-Strategie war, widerspricht jedoch zutiefst der Law-and-Order-Mentalität des Fidesz, das daher die Mittel dafür strich. Wie schon bei Obdachlosen - auch hier war der VIII. Vorreiterbezirk - fährt man eine Taktik der maximalen Kriminalisierung, was die Probleme zwar nur verlagert, aber vor allem von den wirklichen Ursachen ablenkt und das Wahlvolk beeindruckt.

Hinzu kommt, dass die Bürgerrechtsvereinigung TASZ mit den auf der Schwarzen Liste stehenden und durch die Regierung systematisch gejagte NGO´s eng verbunden ist. Der Spruch von der Drogenlobby hängt auch damit zusammen, dass sich manche NGO´s und Mitte-Links-Parteien für die Legalisierung von Marihuana-Produkten stark machen. Für Fidesz, dass 50 Liter selbstgebrannten Alkohol pro Familie und Jahr von der Steuer befreit hat, ist das ein No-Go.

red.

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