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(c) Pester Lloyd / 47 - 2014   NACHRICHTEN   19.11.2014

 

Internetkontrolle: Finanzamt in Ungarn soll Daten zu Online-Shopping von Bürgern abfragen dürfen

Am Dienstag wurde das Steuerpaket 2015 als Voraussetzung für den Haushalt des kommenden Jahres durch das Parlament gewunken. Wir berichteten über die wichtigsten Änderungen bereits in diesem Beitrag. In dem mehrere hundert Seiten dicken Papierstapel versteckt sich ein pikantes Detail, das bisher kaum mediale Aufmerksamkeit erlangte, aber weitreichende Folgen haben kann.

Ab 1. Januar 2015 ist es dem Zoll- und Finanzamt NAV erlaubt, von Telekom- bzw. Internetprovidern Daten über einzelne Kunden hinsichtlich ihrer Online-Shopping-Aktivitäten abzurufen. Dazu ist weder ein Steuerverfahren noch eine richterliche Genehmigung notwendig und auch die Information des Inspizierten, während oder nach der Überwachung ist nicht vorgesehen, ebensowenig findet sich ein Hinweis, was mit den Daten im Anschluss geschieht, d.h., ob und wie sie gespeichert und / oder weiterverwendet werden. Was als "Shopping-Aktivität" eingestuft wird, wurde im Gesetzestext mit Hinweis auf nachfolgende Spezifizierung noch nicht näher erläutert und lässt damit die Frage offen, ob schon Suchaktivitäten in Online-Shops dazuzählen oder erst eine Bestellung bzw. der Zahlungsvorgang.

 

Vordergründig könnten diese Anfragen der Überprüfung der Glaubhaftigkeit von Steuererklärungen dienen und so der Steuer vorenthaltenes Vermögen audecken. Bereits bei der Überwachung des Online-Glücksspielmonopols bzw. der Einführung einer Steuer darauf, das dem Konsumenten indirekt untersagt, auf nicht in Ungarn lizensierten Cashgame-Seiten aktiv zu werden, ist die Möglichkeit von direkten Datenabgriffen der Steuerbehörde und Netzsperren bei Providern eingebaut. Ob und wie sie in der Praxis angewandt wird, dazu gibt es mangels öffentlich bekannt gewordener Präzedenzfälle noch keine Erkenntnisse. Das gleiche gilt für die Möglichkeit der Abschaltung bzw. Blockade von Seiten ohne richterliches Urteil, allein durch die Aufnahme von Ermittlungen (Lex Kuruc). Mit EU-Mitteln wird außerdem - unter dem Vorwand der Kriminalitäts- und Terrorismusbekämpfung - ein Datensammelnetz über Verkehrsdaten der Bürger errichtet. Zuletzt gab es wiederholt Andeutungen von regierungsnahen Politikern, den Zugang für Jugendliche zu bestimmten Inhalten (nicht nur Pornos und Gewaltspiele) wegen “Gefährdung” zu sanktionieren, auch will man die Werbesteuer perspektivisch auf das Internet ausdehnen.

Obige Gesetzesmodifikation ist durch ihre Abkoppelung aus der Judikative jedenfalls grundsätzlich rechtlich bedenklich und auch aus Datenschutzaspekten zweifelhaft. Sie stellt einen kleinen, aber deutlichen weiteren Schritt hin zur Internetüberwachung dar.

red.

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