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(c) Pester Lloyd / 24 - 2015   POLITIK    07.06.2015

 

Verhaftungen in Ungarn: Polizei muss Anti-Flüchtlingsplakate der Regierung schützen

Mittlerweile sind landesweit die bereits angekündigten Plakatwände im Rahmen der "Regierungskonsultation zu Einwanderung und Terrorismus" aufgestellt worden. Sie werden in vielen Fällen von der Polizei bewacht, weil sie sonst nicht lange lesbar bleiben. Vandalismus oder Bürgerpflicht?

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Nächtliche Leistungen des “linksradikalen” Aktionismus`

 

Nicht nur im schnellen, aber auch schnellebigen Internet toben sich die Gegner dieser fremdenfeindlichen Aktion, die freilich einzig zur Stimmungsmache an die eigenen Bürger gerichtet ist, aus. Plakate werden reihenweise zerstört und übermalt, Fotos davon ins Netz gestellt.

Dort kursieren auch Hunderte Satire-Varianten, sogenannte Meme´s
(Auswahl), die sich über die offiziellen Formulierungen wie "Wenn Du nach Ungarn kommst, sollst Du die Gesetze achten!" (bzw.: Kultur achten, keine ung. Arbeitsplätze wegnehmen) usw. lustig machen, was angesichts der "Gesetzestreue" der politischen Eliten und der "Fülle" an Arbeitsplätzen in Ungarn auch nicht so schwer ist.

In der Nacht verhaftete die Polizei mindestens sechs Aktivisten aus dem Umfeld der linksliberalen Partei Együtt sowie mehrere "Einzeltäter", die sich an solchen Plakaten zu Schaffen machten. Facebook-Berichte sprechen von regelrechten Jagdszenen durchs nächtliche Budapest. Die Kriminalpolizei nimmt an anderen Stellen sogar DNA-Proben an den übermalten Wänden.

Andere Aktivisten haben Prämien für jedes "modifizierte" Plakat ausgelobt. Die Polizei stehe mittlerweile unter massivem Druck, das Innenministerium habe die Einsatzleiter "persönlich" für die Unversehrtheit der Aufsteller und Plakate verantwortlich gemacht, wie wir aus gut informierten Kreisen erfahren konnten.

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Die Spurensicherung der Kriminalpolizei wird aktiv. Offenbar handelt es sich um ein Vergehen von staatsgefährdender Reichweite.

 

Am Freitag verlangte Regierungssprecher Zoltán Kovács vom Volk und vor allem auch den Medien: man "dürfe sich über diese amtliche Maßnahme nicht lustig machen", am Samstag ergänzte er, dass "die Behörden gegen die Zerstörer angemessen vorgehen" werden. Fidesz ließ am Sonntag eine Erklärung veröffentlichen, man "verurteile diese Aggression der Linken" und fordere sie auf, die "Zerstörung der Plakate zu beenden". Auch wenn man damit nicht einverstanden sei, müsse man "gesetzliche Wege finden, dies auszudrücken."

Aktivistengruppen bieten mittlerweile Rechtshilfe für verhaftete Plakatzerstörer an. Zwar sei es klar, dass sie sich des Delikts des "Vandalismus" strafbar machten und mit einem Bußgeld zu rechnen hätten, auf der anderen Seite erfüllen sie aber "ihre Pflicht als Staatsbürger", denn sie "schützen die Verfassung, die Hetze gegen Minderheiten verbietet."


UPDATE 8. Juni: Viktor Szigetvári, Parteivorsitzender der “Együtt” gab zu, an einer Plakat-Übermalaktion selbst mit beteiligt gewesen zu sein. In der “Napi Gazdaság” gestand er ein, zwar nicht “unmittelbar”, aber vorbereitend mitgewirkt zu haben. - Laut Berichten mehrerer Medien, sind mittlerweile sogar Zivilstreifen für den Schutz der Plakate im Einsatz...

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UPDATE 9.Juni: Statt der Zerstörung der Plakate zur Regierungskampagne zu "Einwanderung und Terrorismus" gehen die Partei "Kétfarkú Kutya Párt" (Partei des zweischwänzigen Hundes) und der Blog Vastagbőr ("Dicke Haut") nun einen anderen Weg und starten eine Gegen-Plakat-Kampagne. Für 150 Großplakate mit satirischen Sprüchen, im optischen Stile der Regierungsplakate, brauchte man 3 Mio. Forint (ca. 9000 EUR), eine Summe, die über sog. Crowd-Funding in nur sieben Stunden zusammenkam. Mittlerweile hält man bei rund 10 Mio. Forint Spenden, viele davon kamen auch aus dem Ausland. In den kommenden Tagen sollen die Plakate (auf dem Foto eines der möglichen Sujets, noch gephotoshoped) aufgehängt werden, allerdings könnten die Standorte problematisch werden, da die großen Betreiber von Außenwerbeflächen praktisch alle in Fidesz-Hand sind.

red.
 

 

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