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(c) Pester Lloyd / 14 - 2017    POLITIK     08.04.2017

Europa oder Hunxit: Bei den Wahlen in Ungarn 2018 steht viel auf dem Spiel

Mit der Lex CEU hat Orbán offenbar sogar bei seinen EVP-Kameraden eine rote Linie - wenn nicht überschritten, so doch angekrazt, legt er nun mit der Behinderung oder "Ausradierung" von NGOs und dem angedrohten Austritt aus der Menschenrechtskonvention nach, könnte sich die Wahl 2018 schon nicht mehr um Fidesz gegen Links, sondern schlichtweg um Europa oder Hunxit drehen.

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“Stoppen wir Brüssel!” heißt es auf einer aktuellen Plakat- und Briefkampagne der Regierung. Vielleicht kommt ihm Brüssel zuvor und stoppt Orbán?

 

Mit den aktuellen Änderungen am Wahlgesetz und den Anmerkungen des Fidesz-Parlamentspräsidenten zur angeblichen Notwendigkeit der legislativen Vorteilsnahme durch die Regierungspartei, kündigte sich schon an, dass in den Reihen der Orbán-Partei eine gewisse Unsicherheit über den möglichen Ausgang der Wahlen 2018 herrscht.

Orbáns Staatssekretär im "Kanzleramt", Csaba Dömötör, ließ dieser Tage im Kampfblatt "Demokrata" durchblicken, dass man die "brutalste Wahlkampagne" seit 1989/90 zu erwarten habe, denn, die "verzweifelte (selbstverständlich auf dem Ausland finanierte) Opposition" müsse ihren "Mangel an Ideen und Anhängern" durch "Rohheit und Verlogenheit" ausgleichen.

Zwar deuten weder die aktuellen Umfragen, noch die desaströse Opposition auf die Möglichkeit eines nahenden Machtwechsels, aber die Rage, mit der Teile des Volkes auf die NOlimpia-Bewegung oder auch den CEU-Skandal ansprangen sowie der Umstand, dass die Fidesz-Nomenklatura Jahr für Jahr mehr zu verlieren, bzw. mehr Dreck am Stecken hat, bieten genügend Motivation, den Wahlkampf 2018 äußerst ernst zu nehmen.

Für Orbáns Günstlinge steht einfach zu viel auf dem Spiel, zumal weitere Themen wie die
in den Exzess getriebenen Notstandsgesetze gegen Flüchtlinge sowie das allgemein als Korruptionssumpf angesehene Projekt AKW Paks 2, aber auch die offen gesuchte Konfrontation über die Kampagne "Brüssel stoppen!" den Menschen immer deutlicher den zerstörerischen Alleingang Orbáns vor Augen führen, der offenbar jedes Maß verloren hat.

In Zahlen: Zwar würden heute über 50% der zur Wahl Entschlossenen Fidesz wählen, aber rund Zwei Drittel aller Wahlberechtigten unterstützen eben auch die Mitgliedschaft in der EU - und sei es schlicht aus der Erkenntnis heraus, dass die Brüssler Milliarden die Wirtschaft am Laufen halten und gegen den Größenwahn Orbáns keine inländische Kraft mehr etwas ausrichten können wird.

Orbán versucht jetzt einmal mehr, was ihm zuvor schon so oft gelang. Brüssel zum Schweigen zu bringen, in dem er sich der Unterstützung seines Wahlvolkes versichert und sich auf diese Weise legitimiert. Um des lieben Friendes willen, lenkt die EU dann ein bzw. kehrt die mittlerweile systemischen Attacken Orbáns auf Demokratie und Rechtsstaat unter den Tisch. Flüchtlingskrise, Brexit, Polen, Griechenland - man braucht nicht wirklich noch ein Schlachtfeld.

Doch mit der
Lex CEU hat Orbán offenbar sogar bei seinen EVP-Kameraden eine rote Linie - wenn nicht überschritten, so doch angekrazt, legt er nun mit der Behinderung oder "Ausradierung" von renommierten NGOs nach, könnte Brüssel aktiv werden und die Wahl 2018 sich nicht mehr um Fidesz und MSZPLMPDKPMEgyüttLMP, sondern schlichtweg um Europa oder Hunxit drehen.

Mit der "Nationalen Konsultation" versucht man EU-Recht Stück für Stück für ungültig zu erklären, u.a. im Wettbewerbsrecht, aber auch in Steuerfragen.
Aktuelle Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die schlicht die Unvereinbarkeit der Flüchtlings-Gesetze in Ungarn mit der Europäischen Menschenrechtskonvention konstatieren, provozieren Orbán sogar aus diesen völkerrechtlichen Grundlagenverträgen auszusteigen.

 

Diese stellen jedoch eine Grundbedingung der EU-Mitgliedschaft dar, ebenso wie die Einhaltung der Binnenmarktregeln. Ersteres ist nicht unbedingt formalrechtlich zwingend, wohl aber materiell, denn die Artikel 1 und 2 der Lissabon-Verträge geben nicht weniger als die Essenz der Konvention wieder, die Europa als Zivilisation definiert und von der Barbarei trennt.

Distanziert sich Orbán offen, aber auch administrativ davon, bleibt der EU eigentlich nur die Ziehung von Artikel 7, also die Sanktionierung der Mitgliedschaft bis hin zum Ausschluss. Allein die
verübte amtliche Gewalt gegen Menschen wäre dafür bereits Grund genug. Für die EU wäre es nur ein symbolischer Verlust, vor allem aber ein Europafeind und immensen Kosten- und Störfaktor weniger.

Allein das Winken mit diesem Zaunpfahl Hunxit könnte die bequeme demoskopische Hängematte Orbáns rissig machen und eine heute uneinholbare Mehrheit sehr schnell schwinden lassen. Es wäre nicht das erste Mal, dass unantastbar scheinende Machtgefüge in sich zusammenfallen wie Kartenhäuser, vor allem, wenn die eigene Machtbasis plötzlich um ihre Zukunft bangt.

red.

46pllogo (Andere)
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