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(c) Pester Lloyd / 01 - 2011  POLITIK 06.01.2011

 

Zensur der Zensur

Ungarisches Mediengesetz: Orbán gibt sich gleichzeitig devot und angrifflsutig

Die EU-Kommission nimmt die Kritik am ungarischen Gesetz nun ernster, Barroso will mit Orbán direkt darüber reden - Ungarns Außenminister sieht Änderungen am Gesetz für möglich, Orbán gibt sich nach außen auf einmal ein bisschen brav - die Übersetzung an die EU-Kommission war unvollständig.

Zuerst hatte die EU-Kommission sämtliche Einmischung in die Mediengesetzgebung Ungars mit dem Hinweis auf "nationale Zuständigkeit" abgelehnt. Dank des Druckes aus dem EU-Parlament, aus den Medien und der Zivilgesellschaft, sah sich Kommissionspräsident Manuel Barroso nun doch zu einem annähernd mahnenden Statement gegenüber der Orbán-Regierung veranlasst.

Wird sich Orbán von Barroso zeigen lassen wo es langgeht? Foto: EU

Während der gemeinsamen Sitzung der EU-Kommission und der ungarischen Regierung am Donnerstag bzw. Freitag, die den offiziellen Beginn der halbjährigen EU-Ratspräsidentschaft markiert, wird "das neue Mediengesetz eines der Hauptgesprächsthemen sein", sagte Barroso auf einer Pressekonferenz am Mittwoch. "Was ich mir von der ungarischen Regierung erwarte, ist eine Erläuterung - und wenn möglich eine Beseitigung - der bestehenden Bedenken". Er fügte weiter hinzu, dass vor solchen Konsultationen kein Urteil gefällt werden darf und hielt fest, dass die Freiheit der Presse ein "heiliges Grundrecht" der Europäischen Gemeinschaft sei. Am Donnestag übernimmt Ungarn bei einer feierlichen Zeremonie offiziell die Ratspräsidentschaft von Belgien.

Zuvor räumte ein ungarischer Spitzenpolitiker erstmals ein, dass das Gesetz womöglich doch abgeändert werden könne, was Premier Orbán zuvor kategorisch ablehnte. Der weltgewandte Außenminister János Martonyi, dem die Rolle des "ungarischen Gesichtes" der EU-Präsidentschaft zufällt, äußerte, dass das Mediengesetz vom technischen und gesetzgeberischen Standpunkt her nicht die glücklichste Fassung sein könnte, es sei zu lang, schwer zu verstehen und daher leicht misszuverstehen. Änderungen wären daher durchaus denkbar. Ganz anders der Sprecher des Premiers, Péter Szijjártó, er beharrte - vor inländischen Medien - darauf, dass alles so bleibt wie beschlossen.

Auch Premier Orbán gab sich ungekannt devot, gleichzeitig aber gewohnt angriffslustig. Am Mittwoch sagte er, dass er sich einem Urteil der EU über das Mediengesetz beugen werde. „Wir sind Teil der EU, da gibt es Regeln zu befolgen“. Wie andere Beispiele gezeigt haben, dürfte dieser Satz aber einzig für die westlichen Mikrofone gefallen sein. Gleichzeitig wiederholte Orbán, dass sich die neuen Regelungen "auf einer Linie mit europäischen Standards" befinden. "Sollte Ungarn zu Änderungen an dem Gestz gezwungen sein", müssten das andere Länder bei ihren Gesetzen auch tun. Ungarn werde aber "jede Maßnahme der EU akzeptieren", sagte er vor internationalen Journalisten in Budapest, fügte aber wiederum hinzu "dass er jeden herausfordere, ihm auch nur eine Stelle im Gesetz zu benennen, die nicht auch in den Medienregeln anderer EU-Länder zu finden sei."

Orbán hat sich seit seinem Amtsantritt bisher nie durch das Ausland beeindrucken lassen, die jetzigen Äußerungen sind daher im Zusammenhang mit dem Ungarnbild zu sehen, dass man im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft abgeben will. Im Inland wiederholen die Offiziellen auch gebetsmühlenartig die These, das Ausland sei entweder uninformiert oder sozialistisch verblendet. Man solle sich gefälligst an den Wortlaut halten - wiewohl man bereits die ersten Taten bestaunen kann.

Indes deckte das ungarische Newsportal origo.hu auf, dass die an die EU übersandte amtliche englische Übersetzung unvollständig war. Auf Nachfrage bestätigten sowohl die Medienbehörde als auch Mitarbeiter des Justizministeriums diesen Vorwurf, meinten aber, dass es sich dabei nur um eine einstweilige Lieferung (mit Kommentaren) gehandelt habe. Es fehlt z.B. eine Aufstellung aus dem Originaltext, die alle Änderungen gegenüber dem Gesetz von 2007 auflistet. Zudem fehlt auch eine Bestimmung, wonach die Medienbehörde erst nach dem 1. Juli 2011 gegen "Verstöße" vorgehen soll (dem Ende der Ratspräsidentschaft). Der für die Regierungskommunikation zuständige Staatssekretär hat mittlerweile zugesichert, dass auch die restlichen Teile des Gesetzes übermittelt würden und all das ichts mit einer Zensur zu tun gehabt habe, sondern nur "praktische Erwägungen" eine Rolle gespielt hätten.

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