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(c) Pester Lloyd / 07 - 2011  WIRTSCHAFT 16.02.2011

 

Heimvorteil abgeschafft

Ein gutes, noch kein exzellentes Jahr für Ungarns größtes Unternehmen

Der Energiekonzern MOL, nach Mitarbeitern, Umsatz und Börsenwert das größte Unternehmen des Landes, kann auf ein erfolgreiches 2010 zurückblicken. Wären nicht die Krisensteuer und eine teure, von der EU erzwungene, Nachzahlungen bei Förderlizenzen, gäbe es noch mehr Dividende. Immerhin gibt es nach zwei Jahren überhaupt wieder eine. Die Förderung im Nahen bzw. Mittleren Osten wird weiter ausgebaut, INA in Kroatien ist weitgehend integriert, den Fall Surgut übernimmt die Politik.

DIe MOL, konnte gestern für das vierte Quartal 2010 einen Nettogewinn von 33 Mrd. Forint, umgerechnet rund 122 Mio. EUR. verbuchen. Dieser liegt fast 80% über dem Ergebnis des Q4 2009 von 18,5 Mrd. HUF, allerdings bleibt er auch um einiges hinter den 92 Mrd. HUF aus dem dritten Quartal zurück. Für das Gesamtjahr 2010 stieg der Gewinn nach Steuern lediglich um 6% auf 100.8 Mrd. Forint, 372 Mio EUR, obwohl das Betriebsergebnis vor Steuern um 58% auf 599,3 Mrd. Forint steig und der operative Gewinn ohne Abschreibungen, Sonderrücklagen und Finanzeffekte und sonstige Einmalbelastungen sogar um 88% zulegte, vor allem dank der internationalen Aktivitäten des Unternehmens.

Gute Zahlen im Gepäck, muss aber ein Extrapäckchen tragen, MOL-Chef Zsolt Hernádi

Förderrausch in Syrien und Irak

Allein 25,8 Mrd. Forint gingen auf die Krisensteuer, MOL hätte ohne diese Sonderbelastung und die von der EU erzwungene Nachzahlung von Lizenzgeldern für Förderrechte an den ungarischen Staat von 35,2 Mrd. Forint (130 Mio EUR) also ein deutlich über dem Vorjahr gelegenes Ergebnis erreichen können. Letztere "staatlichen Rabatte" wurden als nicht EU-konforme staatliche Subventionen und somit wettbewerbsverzerrend unterbunden. Die jährlichen Kosten für Förderlizenzen in Ungarn steigen so auch in der Zukunft um rund ein Drittel.

Neben den Lizenznachzalhungen und der Krisensteuer, die, entgegen westlicher Vorurteile also auch für die überwiegend in ungarischer Hand befindliche MOL gilt, belasteten Wechselkursverluste und geringere Raffinerieauslastungen sowie etwas auch der Einzelhandel das Ergebnis, das aber durch ein stark erhöhtes Förderaufkommen, vor allem auch bei der kroatischen Tochter INA (MOL hält hier rund 47%, kontrolliert das Unternehmen), weitgehend ausgeglichen werden. So teilte es das Unternehmen auch auf seiner Quartalspressekonferenz mit. Diese sog. "upstream"-Aktivitäten werden auch in Zukunft der Schlüssel zum Erfolg sein, vor allem der Ausbau der Förderungen auf einem großen Gasfeld in Syrien durch INA und die Explorations-Projekte der MOL im kurdischen Teil des Irak, stehen dabei im Mittelpunkt.

Tankstellennetz bleibt in etwa gleich groß

Im Tankstellen und Heizmittelgeschäft gibt es relativ wenig Bewegung. Der Verkauf von Benzin und Diesel im Einzelhandel schwächelte mit dem Gesamtmarkt spürbar, bei Heizöl- und -gasverkäufen konnte man indes Marktanteile hinzugewinnen. MOL verfügt in Ungarn per Ende 2010 unverändert über 364 Tankstellen, über die INA in Kroatien über 467, je knapp über 200 in Italien und Slowakei, 126 in Rumänien, 109 in Bosnien, 66 in Österreich, 33 in Serbien, 26 in Tschechien sowie 18 in Slowenien und eine in Montenegro.

Investitionen steigen weiter, Dividende im März

Für 2011 kündigte der MOL-Vorstandschef György Mosonyi eine Erhöhung der Investitionen von 332 Mrd. Forint in diesem Jahr auf 370 Milliarden Forint (1,38 Mrd. EUR) an. Die Tagesproduktion des Unternehmens soll im kommenden Jahr von 143.000 Barrel Öläquivalent auf 150.000 gesteigert werden, bereits 2010 bestritt die INA davon mehr als die Hälfte. Die Zahl der Beschäftigten betrug insgesamt 32.400 (die INA stellt fas die Hälfte davon) und damit ca. 1.700 weniger als beim letzten Jahresabschluss, wobei der Stellenabbau ausschließlich auf Kosten der kroatischen Tochter gegangen ist.

Im März wird die endgültige Jahresbilanz vorgelegt, bei der auch die Dividende für die Aktionäre verkündet wird. MOL will bei der Gepflogenheit bleiben und 40% des um "Einmaleffekte bereinigten" Gewinns nach Steuern ausschütten, "die Aktionäre werden nicht unzufrieden sein", meinte Mosonyi, was insofern stimmen wird, da die MOL die letzten zwei (Krisen)-Jahre gar keine Dividende auszahlte.

Nicht ganz zufrieden mit dem Verkaufs- und Raffinereigeschäft zeigten sich einige Analysten, die Mehrzahl jedoch sieht in den großen Bemühungen im Explorations- und Fördergeschehen sehr positive Anzeichen für anhaltendes und organisches Wachstum, was auch der Aktie eine ansprechende Perspektive geben sollte, die sich im letzten Jahr in einem Band von 16.300 bis 23.200 bewegte und am Mittwochmorgen bei 22.260 HUF/ Aktie startete.

Hat auch bei Surgut mal den Hut auf: Russlands Premier Putin

Ungelöstes Problem Surgutneftegas

Ein Aktienpaket von 22,1% der MOL befindet sich weiterhin in Händen des russischen Staatskonzerns Surgutneftegas. Diese Beteiligung, die Surgut von der OMV erwart, wird von der MOL und dem ungarischen Staat als feindlich angesehen und ist bereits zum Politikum geworden. Die MOL hintertrieb, in Zusammenarbeit mit der Energiebehörde, wegen formaler Gründe die Eintragung des russischen Aktionärs ins Aktionärsregister, was diesen bereits von zwei Hauptversammlungen ausschloss und ausgerechnet den russischen Premier Putin, dem ein großer persönlicher Einfluss bei Surgut nachgesagt wird, dazu veranlasste, Ungarn öffentlich zur "Beachtung der Rechtsstaatlichkeit" aufzufordern. Die Bemühungen - auch auf Regierungsebene - um eine Lösung des Problems gehen weiter. Die MOL arbeitet mit anderen russischen Unternehmen, z.B. Gazprom zusammen, beim Bau von Pipelines und Erdgasspeichern und fördert auch in Russland Gas in Gemeinschaftsunternehmen.

Die Surgut-Angelegenheit hat indes keinen Einfluss auf das operative Geschäft, auch wenn gemunkelt wird, dass die Russen den Ungarn mit dem Aktienpaket die Kroatien-Beteiligung abjagen möchten. Die neuen, regierungsnahen MOL-Aufsichtsratsmitglieder werden die Interessen von MOL und Land sicher weiter im Auge behalten und so den durch die Lizenzahlungen verlorenen Heimvorteil auf anderem Wege wiederherstellen. Auch ist wiederholt von einem Ausscheiden und / oder Wechels in die Politik des CEO Zsolt Hernádi - gerüchteweise - die Rede gewesen, was aber bisher beharrlich dementiert wurde.

red.

Zum Thema:

Der komplette Jahresbericht der MOL Gruppe (engl., pdf, von der MOL-Webseite)
http://www.mol.hu/repository/643000.pdf

Surgut ante portas - Nov 2010
Putin fordert von Ungarn Rechtsstaatlichkeit
http://www.pesterlloyd.net/2010_48/48surgutneftegas/48surgutneftegas.html

Hauptversammlung ohne Störenfriede - April 2010
MOL zahlt wieder keine Dividende, investiert aber kräftig
http://www.pesterlloyd.net/2010_17/17mol/17mol.html

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