(c) Pester Lloyd / 16 - 2011 WIRTSCHAFT 19.04.2011
Retter aus dem Osten?
Ungarn buhlt um Investoren und Finanziers aus China
Ungarn unternimmt verstärkte Anstrengungen, Investoren aus China für ein wirtschaftliches Engagement im eigenen Lande zu begeistern und die Exporte
dortihin zu steigern. Womöglich könnte das reiche Reich der Mitte auch einspringen, wenn man die Staatsschulden doch nicht so in den Griff bekommt, wie erhofft.
Dazu reiste jetzt eine Delegation unter Leitung des Minister für Nationale Entwicklung,
Tamás Fellegi gleich für mehr als eine Woche ins Reich der Mitte. Man wird sich mit Offiziellen, Geschäftsleuten und potentiellen Investoren in Hong Kong, Shenzen, Peking
und Shongqing treffen. Auch sind Gespräche mit maßgeblichen staatlichen Entscheidern geplant, darunter das Eisenbahnministerium, die Luftfahrtbehörde, die Zentralbank und
verschiedene Ministerien.
In Chongqing eröffnete Ungarn dieser Tage ein Generalskonsulat, das Visa vor allem für
Geschäftsreisende für den gesamten Schengenraum kundenfreundlicher bearbeiten und ausstellen soll. Man erhofft sich so mehr Präsenz chinesischer Geschäftsleute in Ungarn.
Der Delegation Fellegis gehören Vertreter der staatseigenen Ungarischen Entwicklungsbank an, die auch die Aufsicht über die wesentlichsten Staatsbetriebe führt,
der Manager des Schuldendienstes, der Vorstandschef der Staatsbahn MÁV und weitere.
Neben China zählen auch die Ukraine und Russland zu den neuen strategischen Partnern
Ungarns, das sich durch diese Neuorientierungen unabhängiger von der EU machen will. So hat man Russland kürzlich eine 2 Mrd. EUR-Investition in Logistik und eine
Breitbahnstrecke in Aussicht gestellt, um die russische Drehscheibe für den EU-Handel zu werden, wie Premier Orbán bei einem Besuch in Moskau anbot. Seitdem hat man von
dem Projekt, von dem zu Hause ohnehin niemand so recht wusste, wovon man es bezahlen sollte, nie wieder etwas gehört. (siehe Beitrag unten)
Hinsichtlich chinesischer Investitionen gibt es weitere große Lücken zwischen Ankündigung
und Realtität, so ist seit Jahren schon die Rede davon, dass die chinesische Handelsbank und Konsortien von Logistikunternehmen in Westungarn eine riesiges Waren- und
Handelsdrehkreuz für den Europahandel einrichten wollen. Herausgekommen ist dabei bisher nur der Plan eines kleinen Frachtairports auf Lokalniveau. Immerhin verkündete
der Elektronikhersteller Huawei, dass man sich dazu entschieden habe, den Probebetrieb seines CEE-Servicecenters in Ungarn nun in einen Permaentnbetrieb umzuwandeln.
China erkauft sich auch zunehmend in Europa günstige Investitions- und Handelszugänge durch den aufkauf von
Staatspapieren klammer Staaten. Daher kann, auch wegen der Anwesenheit des höchsten "Schuldenbeamten", davon ausgegangen werden, dass sich Ungarn über die Möglichkeiten
der Finanzierung des Staatshaushaltes außerhalb von Euro-, Dollar- oder Forintanleihen informiert, falls die gewünschten Zielgrößen beim Defizit, vor allem nach 2012 doch nicht
erreicht werden sollten, was viele Experten im Bereich des Möglichen sehen.
Mehr zum Thema:
Orbán in China - Nov. 2010 http://www.pesterlloyd.net/2010_44/44chinaorban/44chinaorban.html
Breitspurig und mehrgleisig - Dez. 2010
Orbán bei Putin: Wird Ungarn zum Brückenkopf für Russland in der EU? http://www.pesterlloyd.net/2010_48/48orbanrussland/48orbanrussland.html
Pavillon mit Stehaufmännchen - Jan 2010
Ungarn bereitet sich auf World Expo 2010 in Shanghai vor http://www.pesterlloyd.net/2009_52/53worldexpo/53worldexpo.html
Rudi in Peking - Sept 2009 Der Kultriegel aus Ungarn erobert China http://www.pesterlloyd.net/2009_37/0937rudi/0937rudi.html
Chinatown an der Donau - 2009 Der Vier-Tiger-Markt in der Józsefváros http://www.pesterlloyd.net/budapest2009/chinatown/chinatown.html
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