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(c) Pester Lloyd / 20 - 2011  WIRTSCHAFT 16.05.2011

 

Goldesel und Sorgenkinder

Minister erklärt Ende der Privatisierungen in Ungarn

Die Privatisierung ungarischen Eigentums ist beendet, die Regierung des Landes will aus dem ihm überantworteten Vermögen Werte schöpfen. Dies verkündete am Freitag der Minister für Nationale Entwicklung, Tamás Fellegi auf dem jährlichen Forum der Ungarischen "Business Leader". Dabei gibt es einige Staatsbetriebe, die man einfach nicht verkaufen kann, weil sie nur Schulden anhäufen und schlicht nicht funktionieren, andere wird man aus "strategischen Überlegungen" behalten.

"Privatisierung ist nicht der Weg, den wir einschlagen wollen, um ausländische Investoren anzulocken", sagte der Minister (Foto) weiter. Er räumte ein, dass "staatliche Unternehmen anders geführt werden als private". Dazu gehört auch "wirtschaftliche Entscheidungen mitunter zu überstimmen", wenn das "nationale Interesse" gefährdet ist. Dies bedeute aber nicht zwangsläufig, dass die Entscheidung auch wirtschaftlich schlecht sein müssten. Die Zuhörer staunten darob nicht schlecht. Jedenfalls, so Fellegi, der vor seinem Ministeramt durchaus recht erfolgreich in der Privatwirtschaft (Medien) tätig war, seine Anteile aber rechtzeitig überschrieben hat, jedenfalls wolle man den "Wert des Staatseigentums" anheben. Außerdem will man "strategische" Branchen, z.B. im Energie- und Versorgungsbereich "schützen", ob auch über Zukäufe oder sonstige "Übernahmen" aus bisher privater Hand nachgedacht wird, sagte Fellegi nicht direkt.

Die graue Zeit der Verscherbelungen

Nach Angaben der OECD wurden in den Jahren von 1990 bis 2001 Privatisierungen im Wert von rund 8 Milliarden EUR bzw. im Wert von ca. 15% des damaligen BIP umgesetzt. Die politische Verantwortung und "Kontrolle" für diese Hauptprivatisierungswelle teilt sich - zeitlich - relativ gleich zwischen den beiden politischen Blöcken auf, wobei unter den "Sozialisten" rund 65% der Werte veräußert worden sind. Alte und neue Seilschaften schlugen damals zu, Milliardenwerte wurden teilweise einfach verscherbelt, auch die regionale Oligarchie etablierte sich in dieser Zeit. Die vier großen Blue Chips an der Budapester Börse, OTP (früher Sparkasse), MOL (Energiekonzern), Magyar Telekom und Richter Gedeon sind alle aus Privatisierungen hervorgegangen. An Richter hält man immernoch eine Sperrminorität von über 25%, bei MOL ist man über die Einverleibung privater Rentenbeiträge Ende 2010 wieder zu einem kleinen Anteil gekommen.

 

Lotto, Bahn, Post - Privatisierungen sind gestoppt

Die letzte sozial-liberale Minderheitsregierung hatte - vor der Finanzkrise - bereits konkrete Pläne für eine weitere Privatisierungsrund, u.a. wollte man Anteile der Post, des Lotto-Monopolisten Szerencsejáték der maroden Staatsbahn MÁV sowie der noch maroderen Budapester Verkehrsbetriebe BKV an die Börse oder in Auktionen bringen, um an Kapital zu kommen. Diese Pläne sind vorerst gestoppt. Auch der Stromkonzern MVM, profitabler Betreiber etlicher Kraftwerke, darunter auch des AKW Paks bleibt in staatlicher Hand, aus strategischen Gründen. Dass man die Lottogesellschaft behält, dürfte verständlich sein, sie ist eine der wenigen Goldesel im Stall. Die Sorgenkinder fressen jedoch die Erlöse der Goldesel wieder auf, mehr als das: allein MÁV und BKV halten Schulden in Höhe von mehr als 1,5% des BIP und müssen jedes Jahr mit Milliarden für den laufenden Betrieb bezuschusst werden.

Mit der Privatisierung der MÁV-Cargo (an eine ÖBB-Tochter) hatte man schlechte Erfahrungen gemacht, zum einen, weil die etwas effizienteren Nachbarn unliebsame Konkurrenz im eigenen Lande schufen und unverschämte Gewerkschafter Erlöse an den Verkäufen verlangen und damit etliche Streiks vom Zaune brachen. Ein Streitfall der bis heute - also lagerübergreifend - fortdauert.

Malév bleibt das große Sorgenkind

Größtes Sorgenkind bleibt aber die Fluglinie Malév, die 2006 privatisiert wurde und 2010 rückvertsaatlicht werden musste, um ihre Pleite abzuwenden. der russiche Investor hatte sich finanziell wie fachlich vollkommen übernommen, dessen Gläubigerbank (die staatliche russische VEB) keine Lust mehr, Gelder zuzuschießen. Nun musste der Staat mehrmals Finanzspritzen aus Steuermitteln setzen und versenkte schon mehrere hundert Millionen EUR in das Unternehmen. Händerringend wird nach einem seriösen und strategischen Investor gesucht, bisher meldeten sich jedoch nur außereuropäische Abenteurer, die an den Malév-Lizenzen im EU-Luftraum, nicht aber an der "nationalen Airline" interessiert sind. Den Chefmanager, den Deutschen Airlinesanierer Martin Gauss vergraulte man durch eine Gehaltsdeckelung für Manager von Staatsbetrieben, für ein Viertel seines vorherigen Gehaltes wollte der aber nicht mehr auf dem Schleudersitz Platz nehmen...

Lust auf Rück- oder Zukäufe bei Energieunternehmen, Boden und Banken

Die zentrale Rolle bei der Verwaltung und Neu- bzw. Umstrukturierung des Portfolios der Staatsbetriebe hat die Ungarische Entwicklungsbank MFB, die direkt nach der Regierungsübernahme vor einem Jahr mit neuen Mitteln und neuer Macht ausgestattet worden ist und seitdem personelle und strukturelle Bereinigungen in den Staatsbetrieben umsetzt. Über diese Staatsbank könnten auch Neuaquisitionen abgewickelt werden, so gibt es schon seit einiger Ziet Gerüchte, die dem Staat Interesse an der Außenhandelsbank MKB (Merheit noch bei BayernLB) nachsagen.

 

Im Schatten des mit der EU gerade verlängerten Landkaufmoratoriums kauft der Staat zudem in großem Stile Land auf und sammelt dieses in einem Bodenfonds. Aus diesem sollen "junge, ungarische Gründerfamilien" bedient werden, die - per Pacht oder Vorzugspreis, sich um die Beackerung der heimischen Scholle im Interesse des Landes kümmern wollen und nicht die “heilige ungarische Erde” an Ausländer verspekulieren. (http://www.pesterlloyd.net/2010_35/35landnahmen/35landnahmen.html)

red.

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