Hauptmenü

 

Möchten Sie den
PESTER LLOYD unterstützen?

 

 

 

(c) Pester Lloyd / 31 - 2011  GESELLSCHAFT 04.08.2011

 

Kopfgeld für Tiertötung

Straßenhunde in Ungarn, staatliche Tötungsstationen und private Rettungsvereine

In Ungarn gibt es keine staatlichen Tierheime. Stattdessen werden heimatlose Hunde in eine der 400 kommunal finanzierten Auffang- und Tötungsstationen untergebracht - offiziell zur Seuchenbekämpfung. Jährlich werden hier ca. 80 000 bis 100 000 Straßenhunde eingeschläfert. Der Pester Lloyd sprach dazu mit der Geschäftsführerin des Lelenc Hunderettungsverein, Anna Tenner.

Die Hunde in der Budapester Tötungsstation Illatos út werden von den dort tätigen Mitarbeitern vor allem auf alten Fabrikgeländen, insbesondere im 16. und 17. Bezirk, sowie in den Budaer Bergen und umliegenden Wäldern eingefangen oder von ihren Haltern persönlich abgegeben. Die meist kranken Tiere müssen ohne medizinische Behandlung, nur durch die Gitterstäbe der Zwinger voneinander getrennt, auf engem Raum zusammenleben. Daran wird offensichtlich, dass die sogenannten Sammelstationen nicht dem offiziell vom ungarischen Gesetzgeber definierten Zweck als "Anlagen zur Seuchenbekämpfung" dienen. Infektionen können sich hier unkontrolliert ausbreiten, beziehungsweise werden sogar erst verursacht.

Wenn Sie einem Hund vom Tierschutz in Ungarn ein neues Zuhause geben möchten, denken Sie bitte an eine passende Hundeversicherung. Weitere Infos und Tarife finden Sie auf www.tierversicherung.biz

Galgenfrist

Nach der Einlieferung der Hunde wird ihnen eine Frist von vierzehn Tagen gewährt, um dem Besitzer eines eventuell entlaufenen Hundes Zeit zu geben, diesen zurückzuholen. Nach Ablauf dieses Zeitraums wird der Hund eliminiert, sobald alle der rund einhundert Plätze in der Illatos út belegt sind und die Anlage somit überfüllt ist. Pro getötetem Tier zahlt die Stadt der Einrichtung ca. 10 000 bis 20 000 Forint (zwischen 35 und 70 Euro). Vor allem alte und sehr kranke Hunde mit schlechten Vermittlungschancen werden dabei zuerst zum Sterben selektiert.

Der in Budapest ansässige Lelenc (deutsch: Findling) Hunderettungsverein, der mit der PESTER LLOYD über die desolate Lage der Straßenhunde gesprochen hat, nimmt sich deshalb besonders diesen Tieren an. Der Verein gehört zu den Organisationen, die die Hunde gezielt aus den Tötungsstationen retten. Seit seiner Gründung im Jahr 2004 versuchen die Vorsitzende Anna Tenner und ihre rund dreißig freiwilligen Mitarbeiter die Aufmerksamkeit von Öffentlichkeit und Kommune darauf zu lenken, dass die Anlagen Steuergelder kosten, welche ebenso gut für angemessene Hundehaltung aufgebracht werden könnten.

Über ein Beispiel für eine entsprechende Umsetzung berichtete die PESTER LLOYD im Mai 2009 (http://www.pesterlloyd.net/2009_49/49tierheim/49tierheim.html). Dort gibt es eine Initiative von in Ungarn lebenden Deutschen. Auf das Bestreben des Tierschutzvereins Hundehilfe-Nordbalaton e.V.hin wurde damals die kommunale Tötungsstation in Balatonfüred in ein Tierheim mit Quarantänestation umgewandelt. Damit kann nicht nur die Ausbreitung von Krankheiten wirklich verhindert werden. Durch die von Tierheimen durchgeführten, vorbeugenden Maßnahmen wie Kastration und die Kennzeichnung der Hunde mit einem scanbaren Mikrochip werden die Anzahl der heimatlosen Tiere und somit auch die Kosten für deren Unterbringung langfristig reduziert.

 

Tötungszahlen steigen

Doch diese Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltung und Tierschutzverein zum Wohl der Tiere ist seitdem leider ein einsames Exempel geblieben. Die Zahl der in den kommunalen Sammelstellen registrierten Tiere ist in den letzten Jahren gestiegen, auch hier hat die aus der wirtschaftlichen Lage resultierende schlechte finanzielle Situation vieler Menschen in Ungarn ihre Auswirkungen gezeigt.

Haushalte, welche sich die Versorgung ihres Haustieres nicht mehr leisten können, besonders wenn dieses krank wird, geben es oft direkt in einer der landesweit vierhundert vorhandenen Tötungsstationen ab oder setzen es aus, was meist auf das gleiche Schicksal hinausläuft. Dem gegenüber stehen gerade hundert privat geführte Tierheime, meist Vereine oder Stiftungen, schätzungsweise sechzig davon ohne offizielle Genehmigung, sowie einige Tierschutztruppen aus dem deutschsprachigen Ausland. Die hier vorhandenen Kapazitäten reichen bei Weitem nicht aus, um alle in den Auffangstationen gelandeten Hunde vor einem unnötigen Tod zu bewahren.

Dieses Problem besteht nicht nur in Ungarn. In vielen Ländern der Europäischen Union mangelt es an wirkungsvollen Tierschutzgesetzen oder deren Umsetzung. So ist die Beseitigung von Straßenhunden in Tötungsstationen unter anderem auch in Spanien, Griechenland und Bulgarien gängige Praxis. Trotzdem erlangte ein im Jahr 2009 eingereichter Antrag mit dem Ziel, ein europaweit gültiges Tierschutzgesetz zu etablieren, die „Erklärung Nr.12“, nicht die erforderliche mehrheitliche Unterstützung der EU-Abgeordneten - 99 von ihnen wollten diese nicht unterzeichnen. Einzige Hoffnung für die betroffenen Tiere bleiben private Organisationen wie Lelenc.

Über tausend Tiere vermittelt

Der Verein rettet jedes Jahr ungefähr zweihundert Hunde, insgesamt 1100 von ihnen wurden bis jetzt an ein neues zu Hause vermittelt. Auch aus der von der Rotschlammkatastrophe zerstörten Stadt Kolontár hat der Verein gut hundert zurückgelassene Hunde geborgen, welche zum Teile schwere Verbrennungen erlitten hatten. Die Finanzierung der jährlichen Ausgaben von rund 30 Mio. Forint (ca. 100 000 Euro) erfolgt hauptsächlich über private Spenden. Wenn man bei der Arbeit des Vereins zuschaut erlebt man, dass die heimatlosen Hunde die durch die freiwilligen Helfer gebotene Betreuung hilfesuchend und dankbar annehmen, schließlich sind die meist ausgesetzten Tiere an ein Leben mit dem Menschen gewöhnt.

Umso schlimmer, wenn diese dann durch dessen gedankenloses Verhalten ein so trauriges Schicksal erleiden. Trotzdem ist das Interesse an diesem Problem in Ungarn laut Geschäftsführerin Tenner leider gering, wie überhaupt der Tierschutz nur marginales Interesse genießt. Der Großteil der Bevölkerung will nur die Sicherheit, keine vermeintlich gefährlichen heimatlosen Hunde um sich herum zu haben, keine Streuner auf der Straße zu sehen. Dabei gab es in den letzten Jahren keinen registrierten Fall, in dem ein verwilderter Hund jemanden angegriffen hätte, Bissattacken durch den "plötzlich" mutierenden Haushund sind viel häufiger. Beim letzten tragischen Vorfall zwischen Mensch und streunendem Hund, der durch die Medien kursierte, wurde einem sehr zahmen Straßenhund von einem Mann der Schädel eingeschlagen.

Luisa Stock

Dies ist die Webseite der Hunderetter von Lelenc, nicht die der Tötungsfabrik. Die Fotos dieses Beitrages stammen aus der aktuellen Datenbank der zu vermittelnden Hunde, die man ebenfalls hier finden kann: http://www.illatosut.hu/

 

Sie möchten den PESTER LLOYD unterstützen?

LESERPOST & GÄSTEBUCH

 


 

 

 

IMPRESSUM