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(c) Pester Lloyd / 06 - 2012      WIRTSCHAFT 08.02.2012

 

Zahlen- und Gedankenspiele

Poker um die Forex-Kredite in Ungarn geht weiter

Nur rund 20% der Hypothekenschuldner in Ungarn konnten von dem bevorzugten Ablösemodell der Regierung profitieren, meistens nicht die ärmsten, wie eine Statistik der Finazaufsicht zeigt. Die Banken haben die Verluste unter Protest geschluckt, müssen aber feststellen, dass das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht ist. Provinzfürsten wollen nun auch die Schulden der Kommunen über einen Zwangsumtausch reduzieren.

Die ungarische Finanzaufsichtstbehörde PSZÁF zog eine erste Bilanz, denn Ende Januar lief die Frist zur Anmeldung für die Forex-Kreditablöse für Privatpersonen ab. Danach wurden in den letzten vier Monaten insgesamt fast 142.00 Hypothekenkredite unter dem Forex-Ablösegesetz zurückbezahlt.

Danach hatten die Schuldner die Möglichkeit, ihren Kredit auf einen Schlag in Forint abzulösen und dabei einen deutlich besseren Wechselkurs zur Basiswährung in Anspruch zu nehmen als der Marktkurs. Der Schweizer Franken wurde dabei mit 180 / Forint, der Euro mit 250 festgesetzt. Die Differenz sowie die entgangenen Zinsen und Gebühren mussten die Banken tragen, einen Teil können sie von der Bankensondersteuer absetzen. Ungarn hat damit "die Banken an den Schulden" beteiligt, mit der Begründung, dass jeder (s)einen Beitrag beim Weg aus der Krise leisten müsse, sie hätten zuvor ja auch außerordentliche Gewinne realisiert.

Die PSZÁF errechnete, dass der Ausfall für die Banken daraus "weniger als 300 Milliarden Forint", heute ca. 1,1 Mrd. EUR ausmachte, was z.B. für die ERSTE rund 300 Mio. EUR, für die Raiffeisen ca. 60 Mio. EUR ausmachte. Insgesamt wurden 776 Mrd. Forint (knapp 2,7 Mrd. EUR) auf diese Weise abbezahlt, weitere 1.073 Mrd. HUF, ca. 3,7 Mrd. EUR im gleichen Zeitraum zu Marktwechselkursen. Im Schnitt betrug die Kredithöhe 5,5 Millionen Forint, also ca. 19.000 EUR. 96% davon lauteten auf Schweizer Franken, den Rest teilten sich Euro und Yen.

Eine Zahl gibt einen diskreten Hinweis darauf, dass die als große sozialpolitische Hilfsaktion gepriesene Maßnahme doch überwiegend bessergestellten Ungarn zu Gute kam, denn 74% derjenigen, die ihren Forex-Kredite vorzeitig ablösten, brauchten dazu keinen neuen Forintkredit. Es ist dies übrigens dieselbe Gruppe, die schlagartig von der neuen Flat tax profitierte.

Viele, die einen Forint-Kredit gewollt hätten, um sich von den unkalkulierbaren Devisenkrediten zu befreien, bekamen ihn nicht, weil sie heute nicht mehr als kreditwürdig gelten. Die Banken zeichneten, laut PSZÁF fast 37.000 neue Forintkredite zum Wert von rund 200 Mrd. Forint, die ausschließlich zur Ablöse der alten Devisenkredite dienten, was heißt, hier werden die Banken zumindest weiter Zinsgewinne einstreichen können. Die Zinspolitik steht dabei unter besonderer Beobachtung, weil man nicht zu unrecht befürchtet, die Banken könnten sich hier einen Teil ihrer Ausfälle wiederholen.

28,7% dieser neuen Kredite wurden übrigens von den von dieser Regierung besonders gepushten Spargenossenschaften ausgegeben, die man den Bürgern als patriotische Alternative zu den multinationalen Banken schmackhaft machen will. Ob es aber vielen Bürgern gefällt, wenn der Dorfnotar oder Bürgermeister dessen Kontostand kennt, darf bezweifelt werden.

In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig zu wissen, dass rund 700.000 Hypothekenkredite offen geblieben sind, sowie weitere rund 1,5 Mio. andere Forex-Kredite bei Privatpersonen laufen. Die Raten dafür, trotz leicht erholten Forints, liegen immer noch rund 30-40% über dem Niveau von vor der Krise, also lediglich rund 20% der Schuldner hatten überhaupt die Möglichkeit hatten, sich von ihrer Last zu befreien.

Gleichzeitig mit der Hypothekenablöse schossen die Hausverkäufe in die Höhe, die Leute machten in aller Eile Geld locker, was freilich derart auf die Preise vor allem im Billigsegment durchschlug, dass man von reinen Notverkäufen sprechen muss. Da es in diesem Bereich kaum Nachfrage und Kaufkraft gibt, schlug die Stunde der Spekulanten, von lokalen, bestens vernetzten Immobilienmaklern bis hin zu den Immo-Abteilungen der Banken.

Mit dem Ablauf der Frist zu Ende Januar ist also weder für die meisten Schuldner, noch für die Banken das gröbste ausgestanden. Die einen müssen weiter ihre Raten abstottern, rund 100.000 sind dazu nicht oder nicht mehr in der Lage. Im Gegenzug zur Forex-Ablöse hat die Regierung nämlich das Moratorium für Zwangsversteigerungen schrittweise gelockert.

 

Und über den Banken schwebt nicht nur die Ansage der Regierung wie ein Damoklesschwert, möglicherweise die Angestellten des öffentlichen Dienstes mit billigen Forintkrediten auszustatten, um auch ihnen eine Ablöse zu ermöglichen, sondern die Ahnung, dass man womöglich in einem neuen "Gesetzespaket" die Banken auch zum Umtausch oder Abschlag bei den horrenden Devisenschulden der Kommunen zwingen könnte.

Fidesz-Fraktionschef János Lázár hat diesen Stein, wie schon so viele Steine vorher, ins Rollen gebracht. In seiner Heimatgemeinde Hódmezövásárhely, wo er seit zehn Jahren Bürgermeister ist stieg er gegen die Erste Bank in den Ring, viele andere Bürgermeister feuern ihn an. Die 3.600 ungarischen Kommunen stehen bei Banken mit rund 3.600 Mrd Forint in der Kreide, ca. 12,4 Mrd. EUR, rund die Hälfte davon soll in Devisen notiert sein. Bisher haben die Kommunen rund 200 Milliarden Forint (knapp 700 Mio. EUR) Verlust allein durch die diversen Forint-Abstürze zu verkraften gehabt, was viele nicht können. Rund 180 Milliarden Forint Schulden hat die Zentralregierung durch die Übernahme der Hoheit über sämtliche Komitatseinrichtungen übernommen, doch die Kommunen bleiben auf ihren Lasten sitzen.

Der Plan, den Lázár mit Nachdruck und Kraft seiner legislativen Tätigkeit in ein Gesetz gießen will, wenn die Banken seiner Forderung nach sanftem Umtausch in Forint nicht freiwillig folgen, würde die Banken, so rechnen Fachleute vor, weitere ca. 100 Mrd. Forint kosten. Seine Stadt hat übrigens ca. 17 Mrd. Forint offene Schulden (knapp 60 Mio. EUR), Pécs 37 Mrd, Szolnok um die 27 Mrd., Kaposvár 26 Mrd. Eine Umschuldung dieser Art würde aber, im Unterschied zum Umgang mit Privatschuldnern, den Märkten das Signal geben, dass Ungarn - womöglich auch die Zentralregierung - die Schulden nicht mehr vollständig bedienen wolle. Auch der Umgang mit der Malév-Insolvenz war so ein Warnsignal, was, tritt der Fall ein, letztlich Währung, Investitionen und das "Vertrauen" gefährde, warnen - natürlich - Analysten.

Alles weitere zum Thema im FINANZMARKT

cs.

 

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