THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 44 - 2013   NACHRICHTEN   29.10.2013

 

"Rückübertragung bei Taschenverträgen”: In Ungarn wird der Staatsanwalt zum Richter

Das ungarische Parlament hat am Montag mit der Regierungsmehrheit ein Gesetz verabschiedet, das, so der Einbringer von der Regierungspartei, als "effizientes Mittel zur Abschaffung von Taschenverträgen" in der Landwirtschaft (also illegalen Besitz- bzw. Eigentumskonstruktionen zwischen Ausländern und ungarischen Strohmännern) wirken soll. Mit 260 gegen 6 Stimmen, bei 31 Enthaltungen und nicht weniger Abstimmungsverweigerern, wurde folgende Regelung auf den Weg gebracht: Ein Staatsanwalt kann beim zuständigen Gericht die staatliche Beschlagnahme von Agrarland und anderen Grundstücken beantragen, wenn der Verkauf unter Verwendung eines "Taschenvertrages" stattfand, der als "ungültig" deklariert wurde.

“Landnahme”, das berühmte, historisierende Gemälde von Mihály Munkácsy über die Eroberung des Karpatenbeckens durch die Magyarenstämme bekommt für viele Beobachter im “neuen” Ungarn wieder Bedeutung. Die Praktiken sind weniger blutrünstig, dafür ebenso konsequent nur einer kleinen Gruppe von Mächtigen gewidmet. Der Rest sind Legenden...

Das Gesetz lässt mehr im Unklaren als es regelt, denn es bestimmt weiterhin nicht, was als Taschenvertrag zu gelten hat und an welchen Merkmalen er genau zu erkennen ist (immerhin sind die meisten geheim oder überhaupt nur mündlich geschlossen). Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass nicht ein Richter, sondern bereits der Staatsanwalt darüber befindet, ob ein Vertrag als Taschenvertrag zu qualifizieren ist, wie bereits vor einem Jahr beschlossen wurde. Der Richter hat, so das aktuelle Gesetz, dann nur noch der Entscheidung zu folgen und die Enteignung juristisch zu legitimieren. Kurz: der veranlassende Staatsanwalt braucht den Stempel des Richters, um im Grundbuchamt die notwendigen Änderungen vornehmen zu lassen. Jeder Richter, der seinen Beruf verstanden hat, müsste eine solche Handlung instinktiv ablehnen. Fidesz sieht in der neuen Regelung jedoch einen Schritt, die "Prozeduren zu vereinfachen" und "Taschenverträge leichter aufzudecken".

 

Interessant ist, dass das beschlagnahmte Land im Zuge eines solchen Verfahrens nicht an den Alteigentümer zurückfällt, weil der ja als Mittäter in der "Bodenspekulation" gilt, sondern an den Staat. Der staatliche Bodenfonds wiederum ist jedoch die Hauptversorgungseinrichtung für Funktionäre der Regierungspartei sowie deren wirtschaftliches und familiäres Umfeld.

2014 läuft das mit der EU ausgehandelte Landkaufmoratorium aus und kann - nach EU-Regularien - nicht mehr verlängert werden, die Fidesz-Regierung hat jedoch klar gestellt, dass man "dauerhaft" dafür sorgen werde, dass "Ausländer" in Ungarn keinen Grund- und Boden erwerben dürfen.

Mehr zum Thema:

Bodenoffensive: Ungarn will bei "Taschenverträgen" Urteile ohne Gerichte
http://www.pesterlloyd.net/html/1246bodenoffensive.html

Neues aus Felcsút: Bürgermeister pachtet "konkurrenzlos" weiteres Land
http://www.pesterlloyd.net/html/1341felcsutneuepacht.html

red.

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