THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 46 - 2013 WIRTSCHAFT 15.11.2013

 

"Ungarn besser als Europa": Regierung feiert 1,7% Wirtschaftsaufschwung im dritten Quartal

Das BIP-Wachstum im dritten Quartal ist mit 1,7% gegenüber dem Q3 2012 stärker ausgefallen als allgemein erwartet wurde, der Anstieg gegenüber dem zweiten Quartal betrug 0,8%. Auch für das Gesamtjahr ging die Regierung bisher von einem Wachstum von knapp unter 1% gegenüber 2012 aus, hob ihre Prognose nun aber in überschwänglichen Worten auf "deutlich über 1% an."

Wirtschafts- und Finanzminister Mihály Varga (auf dem Foto rechts, neben “Aufapsser”, Fidesz-Fraktionschef Rogán) ließ angesichts der Zahlen am Donnerstag eilig eine Pressekonferenz einberufen, um die "befriedegenden" Zahlen, die davon künden, dass Ungarns "Wirtschaft in einer gesunden Struktur" arbeitet. Vier Faktoren werden derzeit für den Auftrieb verantwortlich gemacht: die niedrigen Basiswerte aus dem Vorjahr, höhere (öffentliche) Investitionen durch das bessere Abgreifen von EU-Geldern, die etwas höhere Konsumbereitschaft wegen der niedrigeren Teuerungsrate (derzeit 1%) sowie - maßgeblich - die stabile Lage in Deutschland und das Ausbleiben von Einbrüchen auf dem Weltmarkt.

Dass sich die teilweisen Lohnerhöhungen für Lehrer und Geshundheitspersonal auf das BIP auswirken, wie Varga behauptet, darf bezweifelt werden. Auch bleiben die meisten ungarisch dominierten Wirtschaftsbereiche investitionsgehemmt und abhängig von öffentlichen, EU-finanzierten Aufträgen. Gänzlich absurd wird die Regierungsshow, wenn Varga erzählt, dass "Ungarn es besser macht, sogar in europäischem Vergleich", wie er verbreiten lässt. Das ungarische Quartalswachstum sei das höchste unter den Visegrád Vier-Ländern (noch Polen, Tschechien, Slowakei), auf Jahresbasis sei Ungarn auf dem zweiten Rang, "knapp hinter Polen" und EU-weit, also in der Champions League, liege man im Quartal auf Rang Vier und im Jahreswert auf Platz 6 von 28 und - selbstredend - deutlich über dem europäischen Schnitt!

 

Von welchen Basiswerten Ungarn in derartige Höhen aufsteigt, sagt Varga freilich nicht, in den beiden letzten Quartalen 2012 stürzte die Wirtschaft mit einem Minus von 2,7% regelrecht ab, während man davor auf Krisenniveau stagnierte. Der leichte Wirtschaftsaufschwung unter Bajnai 2009/2010 wurde durch die "unorthodoxe" Politik Orbáns nachweislich abgewürft. Wir mutmaßsten schon Ende 2012, dass die niedrigere Berechnungsgrundlage im kommenden Jahr eine umso beeindruckendere Wachstumrate hervorbringen wird, was in den Quartalen unmittelbar vor der Wahl gerade recht kommt, auch wenn die ungarische Wirtschaft in ihrer absoluten Leistung keineswegs mit den regional vergleichbaren Partnern mithalten kann und der Staat gegenüber CZ, SK oder Polen zwei- bis dreifach höher verschuldet ist.

Mehr zur wirklichen Wirtschaftslage in Ungarn in diesem aktuellen Bericht (darin auch weiterführnde Links zu Wirtschaftsdaten und Hintergründen)

red.

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