THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 51 - 2013 NACHRICHTEN 16.12.2013

 

Erneut Neonazi zum Bürgermeister in Ungarn gewählt, mit "linker" Unterstützung?

László Toroczkai (siehe Foto), Gründer und “Ehrenpräsident” der "Jugendbewegung 64 Burgkomitate", einer offen neonazistisch-revisionistischen Gruppierung im Umfeld der Parlamentspartei Jobbik, gewann die Nachwahlen um das Bürgermeisteramt im rund 6.000 Einwohner zählenden Ort Ásotthalmon, Komitat Csongrád, im äußersten Süden des Landes. Toroczkai trat als "unabhängiger" Kandidat an und löste bei rund 37% Wahlbeteiligung einen Fidesz-Interimsbürgermeister ab. Der Reguläre legte sein Amt im Oktober wegen strafrechtlicher Ermittlungen nieder. Jobbik gratulierte bereits in einem Statement und freut sich, dass nun die nationale Gesinnung gestärkt werde.

Für Aufsehen sorgte die Meldung, dass der örtliche Vertreter der Partei der Demokratischen Koalition (DK), einer linksliberalen Partei um Ex-Premier Gyurcsány, József Márki, mit seiner Ortsgruppe den Nazi-Kandidaten unterstützte. "Wenn Gyurcsány dazu aufruft, werden wir auch Toroczkai unterstützen" wird er zitiert. Die DK-Zentrale verkündete noch am Sonntag den Ausschluss Márkis aus der Partei. Der Mann wurde vorher bereits aus der MSZP (Gyurcsánys früherer Partei) geschmissen. Der Vorfall, der vom Staatsfernsen genüsslich ausgebreitet wurde, bestätigt in erster Linie die Sektenhaftigkeit der Gyurcsány-Gruppierung.

 

Der heute 35jährige Toroczkai war für das ungarische Staatsfernsehen zu Zeiten der ersten Orbán-Regierung als Jugoslawien-Kriegsreporter unterwegs und damals Mitglied der MIÈP, 2001 gründete er die "Bewegung der 64 Gespanschaften", eine militante Nazigruppierung, die sich die Revision der Trianon-Grenzen mit "allen Mitteln" vorgenommen hat und auch viele führende Aktivisten der diversen "Garden" stellt. Er wird als einer der Dratzieher des gewaltsamen Sturms auf die TV-Zentrale in Budapest 2006 angesehen und hatte auch mehrfach Ärger mit Gerichten. Er gilt als enger Vertrauter des rechtsextremen Terroristen Budaházy. Zuletzt gründete er die Bewegung Hunnia, die als Dachorganisation für alle völkisch-nazistischen Gruppen des Landes dienen soll und auch militärische Ausbildung anbietet. Toroczkai hat bzw. hatte Einreiseverbote in Rumänien, der Slowakei und Serbien. 2008 reiste er illegal in Serbien ein, wurde nach einem Auftritt in der Vojvodina von Unbekannten krankenhausreif geprügelt, sodann abgeschoben und mit weiterem Aufenthaltsverbot belegt.

Es gibt bereits mehrere Jobbik-Bürgermeister in Ungarn, einen z.B. in der von ethnischen Spannungen gezeichneten Gemeinde Gyöngyöspata, die auch über Ungarns Grenzen hinaus Berümtheit erlangte. Die Bürgermeister haben u.a. bei der Umsetzung der Kommunalen Beschäftigungsprogramme (Quasi-Zwangsarbeit vornehmlich für bzw. Roma konzipiert) weitgehende exekutive Rechte und entscheiden dabei auch über den möglichen Entzug der materiellen Unterstützungszahlungen (von max. rund 170.- EUR im Monat). Minister Balog argumentierte, dass man "keine Wahl habe", als mit "gewählten" Bürgermeistern zu kooperieren, auch wenn damit der Bock zum Gärtner gemacht wird, sprich: Rassismus amtlich genehmigt.

Bei Nach- bzw. Zwischenwahlen in Máriahalmon (Komárom-Esztergom) und Almáskeresztúr (Baranja, 75 Wahlberechtigte) gewannen jeweils "unabhängige" KandidatInnen, nicht weiter spezifizierter politischer Vorlieben.

red.

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