THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 19 - 2014   WIRTSCHAFT 05.05.2014

 

Regierung in Ungarn befiehlt Mindestquote von 200.000 Menschen in kommunaler Billigstarbeit

Ein akutelles Regierungsdekret, publiziert im aktuellsten Amtsblatt, "Magyar Közlöny", lässt keine Zweifel mehr darüber zu, mit welchem Zweck die Közmunka also die Kommunalen Beschäftigungsprogramme derart exzessiv durchgeführt werden. Das Dekret, das bald in ein Gesetz umgewandelt werden soll, schreibt vor, dass ab spätestens Jahresende durchschnittlich mindestens 200.000 Menschen Vollzeit in Közmunka zu halten sind.

Bereits im vergangenen Winter, besonders aber in den Monaten unmittelbar vor den Wahlen im April waren zeitweise über 280.000 Menschen dieser rein steuerfinanzierten Beschäftigungsform "zugeführt" worden, wie es im Regierungsjargon heißt, viele nur für wenige Wochen bzw. auf Teilzeitbasis. Bürgermeister berichteten von regelrecht nötigenden Schreiben des für die Umsetzung zuständigen Innenministeriums (!), das bestimmte Kennzahlen binnen kürzester Zeit verlangte, ohne, dass dafür ausreichende Plätze mit Trägerbetrieben oder auch Arbeitsmaterial bzw. sinnvolle Projekte vorhanden gewesen wären.

Von der behaupteten Vorbereitung auf den 1. Arbeitsmarkt kann aufgrund der im privaten Sektor stagnierenden Beschäftigtenzahlen keine Rede sein, auch die flankierend durchgeführten Fortbildungsmaßnahmen sind - von ein paar Flagschiff-Projekten abgesehen - meist nicht bedarfsorientiert, mitunter sogar offen entwürdigend.

Jeder Sozialhilfeempfänger und Langzeitarbeitlose kann per Anweisung aus dem Arbeitsamt bzw. der zuständigen Kommunalbehörde zur "Gemeinschaftsarbeit" verpflichtet werden, Weigerung oder nicht befriedigende Ausführung hat den Ausschluss von sämtlichen staatlichen Zuwendungen für 3 Jahre zur Folge. Besonders gründlich nutzt man das Modell in stark von Roma besiedelten Regionen, teilweise unter Aufsicht von Lokalpolitikern der neonazistischen Jobbik.

In Vollzeit kann ein Sozialhilfeempfänger zu seinen rund 90.- EUR Stütze weitere 90 EUR.- "verdienen", abzüglich Steuern und Abgaben ergibt das am Ende rund 50.000 Forint, ca. 160 EUR bzw. rund 50% des gesetzlichen Mindestlohnes. Die unwürdigen Bedingungen und der gezahlte Hungerlohn führen dazu, dass sich zigtausende, eigentlich Bedürftige als Arbeitslose abmelden, um der Zuweisung zu entgehen, was wiederum die Arbeitslosenstatistik schönt, aber auch die Schwarzarbeit befeuert.

 

Die Regierung beruft sich auf eine um 3,3 Prozentpunkte niedrigere Arbeitslosenquote (7,9%) gegenüber dem Vorjahr, während die Lage im Europaschnitt unverändert blieb. Man solle daher "von Ungarn lernen", so ein Regierungssprecher, Innenminister Pintér drohte bereits, dass das "ungarische Modell bald Standard in ganz Europa" sein werde. Die EU müsse weniger reden und mehr Finanzmittel für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bereitstellen, so Fidesz-Mann Zsígó. Zusammen mit den regulär im öffentlichen Dienst Beschäftigten, ist bereits fast wieder jeder dritte Job in Ungarn steuerfinanziert und staatlich beaufsichtigt.

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red.

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