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(c) Pester Lloyd / 20 - 2014   WIRTSCHAFT 16.05.2014

 

Pancsolták: Staatliches Weinhaus im Tokaj setzt Lieferungen wegen Panschvorwürfen aus

Das in staatlichem Besitz befindliche Weingut und -handelshaus Tokaj Kereskedöház Zrt. hat die Auslieferung von Wein im Wert von rund 3 Milliarden Forint, ca. 10 Mio. EUR bzw. annähernd ein Jahresumsatz des Unternehmens, wegen Vorwürfen des Panschens stoppen müssen. Intransparenz, falsche Strategien und Skandale schaden dem Ruf des eins legendären “Weins der Könige - König der Weine”.

Masse statt Klasse, beim Kereskedöház war man sogar noch stolz auf den Ramschverkauf in US-amerikanischen Discount-Ketten...

Dem voraus gingen Beschwerden eines Importeurs aus den USA, bei dem das Handelshaus bis zu einer Million Flaschen des legendären Dessertweins (allerdings in einer sehr, sagen wir, simplen Variante) verkaufen wollte, die dieser wiederum vor allem im Diskont- und Massengeschäft absetzen wollte. Von dort stehen jetzt Kompensationsforderungen im Raum. Außerdem gibt es sehr undurchsichtige, personelle Verflechtungen der Vertreter in Übersee mit Managementvertretern zu Hause, Kaufverträge über Hunderttausende Flaschen wurden geschlossen, storniert, reklamiert, teilweise fehlten die Einfuhrgenehmigungen, unbezahlte Lagerkosten und Umdeklarationen waren die Folge sowie die Kündigung von Händlerverträgen.

Analysen hätten nun, nachdem der aktuelle Händler die Charge als "armselig und unverkäuflich" moniert hatte, ergeben, dass sich "einige vor 2013 gemachte Weine nicht für den Verkauf unter dem Label Tokaj qualifiziert" hätten. Das ist eine sehr liebenswürdige Umschreibung dafür, dass sich in den Assemblagen, also Mischungen aus verschiedenen Sorten und Jahrgängen (wie das z.B. bei Schaumweinen üblich ist), nicht nur schlechte Qualitäten, sondern womöglich sogar ortsfremde Weine oder ganz andere Flüssigkeiten "eingeschlichen" haben könnten, was bei einer geschützten Herkunft wie Tokaj Betrug wäre, angesichts der kulturhistorischen und gastrosophischen Bedeutung des einstigen "Weins der Könige - König der Weine" sich sogar zu einem Sakrileg auswüchse.

Die Firma spielt die Sache mehr schlecht als recht herunter und weigert sich Klartext zu reden: Routine-Tests in den vergangenen Wochen hätten einige "Widersprüche" mit den "Produktbeschreibungen" ergeben, heißt es. Auch die Behörden interessieren sich nun mit eigenen Laboren für diese "Widersprüche".

 

Das staatliche Handelshaus, zu dem sich die Orbán-Regierung als Eigentümer erst kürzlich wieder national-blumig bekannt hatte, steht seit Jahren mit dem Rücken zur Wand. 2012 machte man bei einem Umsatz von 3,2 Mrd. Forint einen Verlust von 2,7 Mrd. Forint nach Steuern. Mehrere Hundert kleine Weinbauern ohne eigene Ausbaukapziatäten hängen von den Abnahmen des Staatsbetriebes ab, rund ein Drittel der Ernte in Tokaj landet im Bauch der Staatsfirma.

Die Firmenpolitik des auf uralten Kellern und Beständen sitztenden Unternehmens setzte - vollkommen im Kontrast zu den Ansprüchen dieser Weinkultur stehend - in den vergangenen Jahren immer mehr auf Massenproduktion und -vertrieb (
hier ein Bericht von 2010) , während sich die umliegenden Privatgüter - so sie nicht in Fidesz-Händen sind und daher anderen Zwecken dienen - seit der Wende unter großen Investitionen mühen, den alten, guten Ruf des Tokaj wieder zu etablieren.

red.

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