THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 24 - 2014 POLITIK 09.06.2014

 

Streit mit Norwegen: Ungarn erstellt schwarze Liste "problematischer" NGO´s und Personen

Im Zusammenhang mit der Sperrung des Kohäsionsfonds durch Norwegen nach dem Versuch der Kontrollübernahme durch die ungarische Regierung und dem seitdem anhaltenden polemischen Schlagabtausch ungarischer Regierungsvertreter mit Oslo über "politische Einflussnahme" über NGO´s hat Orbáns Amtschef Lázár - in geradezu Putinscher Manier - zwei Listen erstellt, die "politische Bevorzugung" seitens der Mittelvergabe durch den Norwegischen Fonds belegen sollen.

Geplanter Feldzug? Die norwegische Invasion mit Euros... Quelle: www.hircsarda.hu

Minister Lázár wählte dazu neun Mitarbeiter aus dem rund 60köpfigen Gremium aus, das - angesiedelt beim Entwicklungsministerium - die Projekte des Norwegischen Fonds (bei dem auch Island und Lichtenstein eingezahlt haben) vergibt und überwacht. Dabei handelt es sich um jene Vertreter von regierungsfernen NGO´s, die mit zwei Oppsitionsparteien, u.a. den Grünen, in Verbindung gebracht werden. Das Problematische dabei: die meisten anderen Mitglieder des Gremiums gehören zu teils offen regierungsnahen Organisationen oder sind sogar ministerielle Mitarbeiter - und: den Mitarbeitern des Gremiums wurde vertraglich und in Absprache mit den skandinavischen Geldgebern "Anonymität" zugesichert, eben um eine Beeinflussung bei dem sensiblen Job zu erschweren. Lázár hat also sowohl eine internationale Abmachung wie auch geltende Verträge verletzt. Nichts Neues und nichts Seltenes.

Auf einer weiteren Liste werden Dutzende Nichtregierungsorganisationen als "problematisch", weil politisch angeblich nicht "unparteiisch" eingestuft, die "Fremdinteressen" dienen könnten, lies: sie sind nicht im Sinne der Regierung, werden aber projektbezogen von dem Fonds, der allein von 2009 bis 2014 mit 150 Mio. EUR dotiert ist, gefördert. Diese Liste umfasst quasi das Who is Who der parteiunabhängigen Zivilgesellschaft, darunter alle namhaften Bürgerrechtsgruppen des Landes, aber auch das ungarische Wiki-Leaks, atalatszo.hu aufgeführt.

Gleichzeitig hat das Regierungskontrollamt (das für die Regierung arbeitet, nicht die Regierung kontrolliert) KEHI den an den Vergaben beteiligten und als 5. Kolonne verdächtigten NGO´s ein Ultimatum zur Zusammenstellung umfangreicher Datensammlungen übermittelt. Bei Nichteinhaltung drohen verwaltungstechnische Sanktionen.

 

Die Regierung erhofft sich auf diese Weise die "politischen Verbindungen" dieser Gruppen "offenzulegen", was als Gegenstrategie zur norwegischen Kritik an der Kompetenzübernahme der Geldvergabe vom Entwicklungsministerium an das Amt des Ministerpräsidenten zu verstehen ist, wie es bereits auch mit den EU-Milliarden vollzogen wurde. Bei der EU sorgte dies zwar für "Bedenken" und leise angedeutete Warnungen hinsichtlich denkbarer "Einfrierungen", nicht aber, wie bei Norwegen, für klare Konsequenzen. In der Vorwoche bestellte das Osloer Außenamt den ungarischen Botschafter ein, um ihn wegen der ständigen Vorhaltungen der politischen Einflussnahme zur Rede zu stellen.

Die Norwegen-Fonds, einer Abmachung mit der EU entspringend, die einen Beitrag der EWR-Mitglieder (auch der Schweiz) verlangte, weil diese von der Osterweiterung der EU profitierten, ohne dafür die Bürden mittragen zu müssen, verstehen sich explizit auch als Mittel zum Auf- und Ausbau einer Bürgergesellschaft. Dass diese per se regierungsunabhängig sein sollte, darin liegt das grundlegende "Missverständnis" zwischen Oslo und Budapest.

Norwegen, Island und Liechtenstein haben bis dato 1,8 Mrd. EUR zur Verfügung gestellt, wovon rund 270 Mio. für Ungarn bestimmt sind, davon sind derzeit knapp 150 Mio. gesperrt.

Mehr zur Herkunft und Aufteilung der Mittel  sowie konkrete Projektbeschreibungen aus den Bereichen Soziales, Bildung, Erneuerbare Energien, Umweltschutz, Denkmalschutz etc. hier (engl.)
Aufteilung nach Branchen
http://eeagrants.org/Results/How-the-Grants-are-spent
Projektland Ungarn
http://eeagrants.org/Where-we-work/Hungary

red. / a.l.

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