THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

Das Pester Lloyd Archiv ab 1854

 

Hauptmenü

 

 

 

 

(c) Pester Lloyd / 27 - 2014 WIRTSCHAFT 03.07.2014

 

Chaos der Gewalten: Gesetzlicher Hürdenlauf zur Eliminierung von Forex-Krediten in Ungarn

Nach dem kürzlichen Grundsatzurteil des Obersten Gerichtshofes, der Kurie, über wichtige Aspekte der Bewertung von Fremdwährungskrediten, wird die Politik wohl in drei gesetzlichen Schritten ihren Plan der "Eliminierung von Forex-Darlehen" umsetzen. Rechtsstaatliche Grundsätze bleiben dabei einmal mehr auf der Strecke, Hauptsache man bringt die Banken zur Strecke...

 

Zunächst soll ein Gesetz auf den Weg gebracht werden, das - dem Urteil folgend - bestimmt, dass die unrechtmäßig erworbenen Gewinne der Banken aus der angewandten Differenz zwischen Kauf- und Verkaufsdevisenkurs bei Ausgabe und Rückzahlung der Kredite zurückzuzahlen sind. Allein der amtliche Mittelkurs der Nationalbank zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt ist relevant. Hier dürften mehrere Hundert Millionen Euro an Rückzahlungen auf die Banken zurückkommen, die unterschiedlich stark dieses Modell der Profitmaximierung anwandten.

In einem zweiten Gesetz soll das Problem der nachträglichen, einseitigen Vertragsänderungen zum Nachteil der Kunden geregelt werden, weil, wie Fidesz-Fraktionschef Rogán nach dem Kurienspruch meinte, es "nicht zumutbar" sei, dass 500.000 Forex-Schuldner einzeln vor Gericht ziehen, um ihre möglichen Ansprüche prüfen bzw. durchsetzen zu lassen. Das Problem hier ist aber, dass die Kurie ausdrücklich eine Einzelfallprüfung vorsah, in dem nachgewiesen werden müsse, dass der Kunde wirklich nicht die Auswirkungen der Bedingungen verstehen konnte, bzw. der ihm daraus erwachsende Nachteil unangemessen hoch war. Dem Gesetzgeber bleibt so nichts anderes übrig, als nachträglich / retroaktiv das allgemeine Vertragsrecht zu ändern und das Kurienurteil damit ins Leere greifen zu lassen.

Beide Gesetzesvorlagen sollen noch im Sommer eingebracht werden. Offen ist bisher, ob die gesetzlichen Änderungen ausschließlich den von der Kurie behandelten Hypotheken-Forex-Krediten gelten sollen oder allen Fremdwährungskrediten, also auch z.B. solchen für Unternehmen oder reine Konsumentenkredite.

Die Kurienvorgabe, dass Forex-Kredite mit ihrem ihnen innewohnenden Kursschwankungsrisiko per se nichts Ungesetzliches waren oder sind, erschwert - formal - auch das dritte und weitrechendste Vorhaben des Gesetzgebers. Dieser will nämlich zum Jahresende ein Gesetz vorlegen, dass "Fremdwährungskredite" generell auslaufen lässt. Diese soll zu einem festgelegten Wechselkurs in Forintkredite umgewandelt werden, wobei der größte Teil der daraus entstehenden Kosten, vor allem aber die Gewinnausfälle von den Banken zu tragen sein werden.

 

Dieses Vorhaben ist ohne rückwirkende Eingriffe nicht machbar, mit der Folge des weiteren Vertrauensverlustes vor allem ausländischer Geldgeber. Nach jetzigem Stand sollen alle Verträge ab dem 1. Mai 2004 von den neuen Gesetzen betroffen werden, weil damals “Ungarn seine Gesetze EU-Recht anpassen musste.” Offenbar will die Regierung hier eine Art Fremdbestimmung herauslesen, deren nachträgliche Negierung zu rechtfertigen wäre. Klingt absurd, ist aber der Plan.

Über das dahinterstehende strategische Ziel der Erhöhung der "nationalen" (lies: Fidesz-) Kontrolle über das Bankensystem berichteten wir bereits. Die Regierung Orbán führt Erwägungen der "nationalen Sicherheit" und des "gesamtgesellschaftlichen" Interesses in den Raum, um diesen schwerwiegenden Eingriff in die Rechtssicherheit zu begründen. Die wichtigste Vorgabe der Oberste Gerichtshofes, die bereits auch von Europäischen Stellen höchstrichterlich bestätigt wurde, muss dabei unter den Tisch fallen, nämlich: dass die Essenz eines jeden Forex-Vertrages aufrecht erhalten werden soll, auch wenn einzelne Punkte für unrechtmäßig erklärt werden.

Bis die o.g. Gesetze verabschiedet sind, soll ein weiteres Eilgesetz die Banken davon abhalten, "einseitig Zinsen oder Gebühren von Privatkrediten zu erhöhen" (tolle Sprache: schonmal davon gehört, dass das in beidseitigem Einvernehmen geschah?) Dieses Präservativgesetz vor dem Gesetz soll noch in dieser Woche durch das Parlament gleiten. Auch die Kurie hat angekündigt, dass bis Jahresende weitere "Klarstellungen" folgen, bei denen einzelne Fälle möglichst zu grundsätzlichen Richtungsentscheidungen gebündelt werden sollen, um so eine einheitliche Rechtsgrundlage formen zu können. Dass diese Urteile aufgrund einer dann völlig neuen Gesetzeslage oboslet geworden sein könnten, vertieft nur das ohnehin kaum noch überschaubare Chaos der Gewalten in Ungarn.

red

Der Pester Lloyd bittet Sie um Unterstützung.

 

 

 

Effizient werben im
Pester Lloyd!
Mehr.