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(c) Pester Lloyd / 29 - 2015     POLITIK    16.07.2015

 

Aktuelle Nachrichten zur Flüchtlingsthematik in Ungarn

MSZP öffnet Parteizentrale für Flüchtlingshilfe - DK will bei EU gegen Stacheldraht intervenieren - Fidesz: Linke vertritt Interessen der Illegalen - Flüchtling stirbt auf der Flucht vor Polizeikontrolle - Details zum Zaunbau - Torschlusspanik an serbischer Grenze

+ + + UPDATES

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UPDATE 17.07., 08:43 Uhr:

Verteidigungsminister Hende und Innenminister Pintér teilten auf ihrer gestrigen Vor-Ort-Begehung am neuen Grenzzaun mit, dass neben 900 Soldaten auch Strafgefangene beim Bau des Grenzzauns eingesetzt werden. Diese würden die Materialien vorbereiten und Erdarbeiten ausführen.

In Erfüllung einer Forderung von Premier Orbán, alle Flüchtlingslager in und in der Nähe von bewohnten Gebieten alsbald zu schließen, begann das Militär unweit der serbischen Grenze mit der Errichtung von Zeltstädten für mehrere tausend Flüchtlinge. Diese müssen ohne jeden Schatten auskommen, angesichts einer anhaltenden Hitzewelle. Die Lager sind mit NATO-Draht umzäunt

Kollegen der englischsprachigen Seite Budapest Beacon publizieren einen Bericht über ein verlassenen Ziegelwerk auf serbischer Seite, das hunderten Flüchtlingen als “Zwischenlager” dienen muss. Über die erbärmlichen Lebensbedingungen auch vieler Kinder dort, aber auch die Hilfe von ungarischen Bürgern, die Hilfsgüter mit privaten PKW nach Serbien bringen, lesen Sie mehr
in diesem Fotobericht.

UPDATE 16.07., 16:11 Uhr: Am kommenden Dienstag wird sich die Regierung auf ihrer letzten Sitzung vor einer Sommerpause vor allem mit dem Grenzzaun und der Flüchtlingsfrage beschäftigen, sagte Kanzleramtsminister Lázár auf seiner heutigen Pressekonferenz. 81.000 Menschen hätten bis dato 2015 die ungarischen Grenzen illegal überschritten, "bis Jahresende könnten es 200.000 werden." Man will dem nicht nur mit Zäunen, Rückschiebungen und der Abschaffung des geregelten Aslyverfahrens entgegenwirken, sondern auch durch eine Verschärfung des Strafrechts. Illegaler Grenzübertritt soll ab Herbst als "Verbrechen", nicht mehr "nur" als "Vergehen" qualifizert werden. Dies ermöglicht nicht nur höhere Strafen, u.a. Haftstrafen, sondern stellt einen weiteren Abschiebungsgrund dar und erleichtert Inhaftierungen, U-Haft etc.

Erstbeitrag, 16.07., 8:53 Uhr: Die oppositionellem, linksliberale MSZP hat am Mittwoch bekannt gegeben, ab sofort ihre Budapester Parteizentrale in der Jókai Straße NGO´s als Logistik- und Organisationszentrum für Flüchtlingshilfe zu öffnen. Auch Privatpersonen können hier Hilfsgüter oder Geld abliefern bzw. sich für Hilfseinsätze melden. NGO´s, die sich in der Sache engagieren könnten Büroinfrastruktur kostenlos nutzen. Ágnes Kunhalmi nannte dies eine bewußte Gegenmaßnahme zur "Hasskampagne der Regierung", die den "sozialen Frieden im Land gefährdet."

 

Landesweit helfen bereits Dutzende Initiativen und hunderte Bürger Flüchtlingen vor Ort, sie wollen vor allem die Alltagsnöte lindern, durch Essensverteilung, Spielzeug für Kinder, Bereitstellung von Waschgelegenheiten, Internetanschlüssen und Informationen zu Rechtshilfe, aber auch einfache Transporte z.B. zum nächsten Bahnhof oder in die Aufnahmezentren. Die effizienteste Hilfe wird derzeit vom Verein MigSzol (Flüchtlingssolidarität) geleistet. Infos und Kontakte auf der Webseite: https://www.migszol.com/

Die MSZP-Abspaltung von Ex-Premier Gyurcsány, DK, hat angekündigt, sich bei der Europäischen Kommission über den Einsatz von NATO-Draht am
gerade errichteten Zaun zu Serbien zu beschweren, da es sich dabei ihrer Meinung nach um eine Maßnahme handelt, die das Recht auf Leben und Unversehrtheit jedes Menschen gefährdet und daher gegen die Grundrechte-Artikel des Lissabon-Vertrages verstößt. Ein DK-Politiker fragt, ob Orbán, angesichts dieser Maßnahme überhaupt "mental noch in der Lage ist, seinen Job als Regierungschef auszuüben".

Die Kleinpartei Együtt wiederum will beim Innenminister und der EU anfragen, was mit den für Flüchtlinge bereitgestellten Mitteln aus EU-Fonds wirklich finanziert wurde. Sämtliche Oppositionsparteien, außer der neonazistischen Jobbik, stelle den Sinn des Grenzzauns weiter in Frage, vor allem, da der Innenminister selbst eingestand, dass "wir 98% der illegalen Einwanderer auch ohne Zaun stoppen können."

Die Fidesz-Fraktion reagierte gereizt auf diese Aktionen und Wortmeldungen und fuhr in ihrem menschenverachtenden Duktus fort. "Während Ungarn und Europa von illegalen Einwanderern überrannt werden" "reißt die Linke weiter Possen und beschwert sich", anstatt "sinnvoll und verantwortungsvoll zu arbeiten". Die "Linke vertritt die Interessen der Flüchtlinge, anstatt jene der Ungarn." Die Regierung arbeite mit den (konfessionellen) Charity-Organisationen zusammen, "um politische von Wirtschaftsflüchtlingen zu trennen". Man werde auch mit der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR enger kooperieren, auch "wenn man in vielem nicht einer Meinung sei." Die UNHCR hatte gerade angekündigt, sein Logisticenter in Ungarn aufzustocken. Ursprünglich war das für Hilfen auf dem Balkan gedacht, muss nun aber in Ungarn selbst tätig werden.

Am Mittwoch starb ein "verdächtiger, illegaler Einwanderer" bei einem "Verkehrsunfall auf der Autobahn M5, unweit der Grenze zu Serbien", meldet MTI. Laut Augenzeugen hielt sich der Mann mit anderen Flüchtlingen an einer Tankstelle auf. Als eine Polizeistreife diese kontrollieren bzw. verhaften wollte, floh er über die Autobahn und wurde von einem Fahrzeug erfasst. Seine Familie, einschließlich seiner Kinder mussten die Szene mit ansehen. Der Mann war mutmaßlich Syrer wie seine Reisekameraden, Papiere hatte er keine bei sich.

 

Inzwischen wurden weitere Details über den am Montag begonnen Zaunbau bekannt. Danach liefert eine Tochterfirma der BV Holding Kft. die Materialien für das 175 Kilometer-Bauwerk, die wiederum von der Acélszerkezet Kft geliefert werden. Die Höhe des Zauns wurde von 4 auf 3 Meter korrigiert, allerdings kommt, wie bereits gemeldet, eine Krone aus Stacheldraht, sog. NATO-Draht obenauf sowie in den unteren Bereich. Derzeit werden auf einem 150 Meter Teststreifen mehrere Bauvarianten, mit durchgehendem Zaun, mit Holz- und Metallpfeilern, mit Fundamenten etc. experimentiert. Der gesamte Zaun soll bis 30. November fertig gestellt sein. Die Kosten werden von der Regierung mit ca. 26 Mio. EUR angegeben, zuvor war jedoch von 80-110 Mio. EUR die Rede.

Inzwischen ist an der serbisch-ungarischen Grenze eine Art Torschlusspanik zu beobachten. Offenbar durch den Baubeginn am Grenzzaun begünstigt, wurden gestern allein im Grenzabschnitt südlich von Szeged 780 registriert, am Montag im Komitat Csongrád 953, darunter 132 Kinder.

Alles Weitere zur Flüchtlingspolitik in Ungarn
http://www.pesterlloyd.net/html/1527orbangewinnt.html

Aktuelle Fotos von einer Pressekonferenz am ersten Zaunabschnitt, Fotos: kormany.hu

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Verteidigungsminister Csaba Hende, Innenminister Sándor Pintßer und Regierungssprecher Zoltán Kovács

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NATO-Draht soll eine Überwindung des Zauns erschweren. Er würde vor allem zu schmerzhaften Verletzungen führen, sein Gebrauch sei unmenschlich, meint die Opposition.

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Politiker und Minister lassen sich verschiedenen Bauvarianten erklären. Am Freitag erfolgt dann die endgültige Abnhame des Probestücks.

red


 



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