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Orbán will mit Fico und Babiš EU-Politik umformen - Visegrád Reunion

Budapest/Prag/Bratislava. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán sucht neue Verbündete im Osten der EU. Nach dem Zerfall der einst mächtigen Visegrád-Gruppe lotet Budapest nun eine „Ukraine-skeptische Achse“ mit Tschechien und der Slowakei aus. Ein wackeligen politisches Projekt, das den Kurs der Europäischen Union in der Ukrainefrage beeinflussen könnte.

Orbán formiert ein neues Lager – diesmal ohne Polen

Wie Balázs Orbán, politischer Direktor des Ministerpräsidenten (nicht verwandt), gegenüber Politico erklärte, stehe Ungarn kurz davor, eine Abstimmungsachse mit dem tschechischen Wahlsieger Andrej Babiš und dem slowakischen Premier Robert Fico zu etablieren. Ziel sei es, vor EU-Gipfeln gemeinsame Positionen abzustimmen und in Brüssel als geschlossenes Trio aufzutreten.

„Ich denke, das wird kommen und immer sichtbarer werden“, sagte Balázs Orbán. „Es hat schon während der Migrationskrise hervorragend funktioniert. So konnten wir uns widersetzen.“ Der Rückgriff auf das Narrativ der Erfolgszeit der Visegrád 4 verdeutlicht den Versuch, an alte Strukturen anzuknüpfen, die nach dem russischen Angriff auf die Ukraine 2022 auseinandergebrochen waren, teils aufgrund von Wahlniederlage, teils aufgrund der geologischen Zeitenwende.

Während Polen seit der Wahlniederlage der PiS den härtesten Kurs gegen Moskau verfolgt, stellt sich Ungarn demonstrativ quer. Mit Donald Tusk in der Regierung ist Warschau heute fest in der pro-ukrainischen Fraktion verankert – einen Platz, den Budapest für sich und seine neuen Partner umdefinieren will.

Prag und Bratislava als willige, aber vorsichtige Partner

Andrej Babiš und Robert Fico teilen Orbáns Skepsis gegenüber den westlichen Sanktionen und der militärischen Unterstützung Kyivs. Beide fordern seit Monaten „Dialog statt Eskalation“ und nutzen ähnlich wie Fidesz eine innenpolitische Mischung aus Populismus und konservativer Kulturkritik.

Die Allianz ist bislang kaum mehr als vague eine Idee. Fico hat bisher keine formelle Abstimmung mit Orbán in der EU-Politik bestätigt, Babiš befindet sich noch in der Phase der Regierungsbildung. Tschechiens derzeitiger Außenminister warnte, ein solches Bündnis könne Prag in eine „Marionettenrolle“ bringen, sollte Babiš blind Orbáns Linie übernehmen.

Brüsseler Gegenwind und innenpolitischer Druck

Parallel dazu treibt Budapest seine Netzwerkarbeit in den Institutionen der EU voran. Das umstrittene Mathias Corvinus Collegium (MCC), Universität und regierungsnahe Denkfabrik unter Leitung von Balázs Orbán, hat seine Präsenz in Brüssel massiv ausgebaut. Über das MCC versucht Fidesz, Einfluss in konservativen und rechtsextremen Fraktionen des Europäischen Parlaments zu sichern – unter anderem bei den Patriots for Europe und den European Conservatives and Reformists.

Das Kalkül: die bisherige Mehrheit um Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu schwächen und den institutionellen Konsens der EU von innen aufzubrechen. „Wir sind Teil des Clubs“, betonte Balázs Orbán. „Aber wir wollen ihn verändern.“

Innenpolitisch steht Orbán unter Druck. Nach 15 Jahren an der Macht verliert Fidesz in Umfragen an Boden gegenüber Péter Magyars Tisza-Partei, die laut Politico Poll of Polls derzeit vorn liegt. Balázs Orbán sprach von einem „koordinierten Versuch aus Brüssel“, die ungarische Regierung zu stürzen – eine Verschwörungserzählung, die seit Jahren zur Standardabwehr der Regierungspartei gehört, wenn Gelder wegen Verstößen gegen EU-Rechtsstaatsprinzipien eingefroren werden.

Nur politische Rhetorik?

Ob aus der angedachten Dreierachse mehr wird als ein taktisches Manöver, ist offen. Die Visegrád-Idee lebt fort, aber in veränderter, kleineren Form. Eine „V3“ könnte die Blockadepolitik Budapests in der EU verstärken – oder schlicht den Versuch darstellen, die internationale Isolation symbolisch zu übertünchen.

Für den Fidesz steht mehr auf dem Spiel: die Regierungsmacht und damit die Kontrolle über den inneren Machtapparat, die finanzielle Stabilität des über 15 Jahre erbauten Systems. Ungarn wählt im April 2026 ein neues Parlament.

Quellen: Politico, Reuters, MTI
Photos: Visit of Robert Fico, Slovak Prime Minister, to the European Commission © European Union, 2025. Andrej Babiš in February 2025. Vox España. Orbán Viktor – Wikimedia Commons

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