(c) Pester Lloyd / 48 - 2009 POLITIK 24.11.2009
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Chancenloser Hoffnungsträger
Attila Mesterházy wird MSZP-Spitzenkandidat für die Wahlen in Ungarn 2010
Offiziell ist es zwar erst am 12. Dezember, wenn der Parteitag der MSZP sein Votum abgegeben hat, doch niemand rechnet mit Widerstand oder einem
Gegenkandidaten zum Vorschlag des Parteipräsidums. Dieses will ihren derzeitigen Fraktionsvorsitzenden und stellvertretenden Parteichef, Attila
Mesterházy, ins Rennen gegen Viktor Orbán schicken. Der 35jährige ist jung, eloquent und wird von fast allen Flügeln der Partei getragen. Eine echte Chance
hat er jedoch nicht, die Bürde, die er mitschleppen muss, ist viel zu schwer.
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Das Präsidium der MSZP verkündete heute auf einer Pressekonferenz seine
Entscheidung, die aller Welt jedoch längst bekannt war. Die Unterstützung für ihn sei überragend, auch mit den regionalen Parteichefs habe man sich abgesprochen, sagte
die MSZP-Vorsitzende Ildikó Lendvai und nannte Mesterházy "den Mann der Zukunft", der dabei helfen kann einen Rahmen für Ungarns Krisenbewältigung zu schaffen. Der
Kandidat sagte, dass er ein "harter Gegner für die gemäßigte Rechte, aber ein kompromissloser Kämpfer gegen die Rechtsradikalen", sein wird. Er ist überzeugt,
dass Ungarns Sozialisten verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen können. Er möchte die Partei in der Wahlkampagne zurück auf einen linken Kurs führen und
desillusionierte Wählerschichten ansprechen, auch wenn die Partei in Umfragen noch weit hinter "dem Rivalen Fidesz" zurückliege.
Warmlaufen für die Rolle des Oppositionsführers
Die Unterstützung auf dem Parteitag am 12. Dezember scheint gewiss zu sein. Viele
hatten sich zwar auch den parteilosen Regierungschef Gordon Bajnai als halbwegs unbelasteten "Experten" von außerhalb gewünscht, doch der erteilte jedem Werben
eine eindeutige Abfuhr. Mesterházy wird zwar zum "Ministerpräsidentenkandidaten" der Partei gekürt, doch kann er sich im nun endgültig eröffneten Wahlkampf gleich
für die Rolle des Oppositionsführers warmlaufen, denn am überragenden Wahlsieg des nationalkonservativen Fidesz hegt niemand in Ungarn irgendeinen Zweifel. Die Frage
für die MSZP ist vielmehr, wie vernichtend die Niederlage im April 2010 sein wird. Die Umfragen schwanken zwischen 17 und 22 Prozent, 2006 waren es noch 48%.
Kein Wunderheiler aus einem Zauberland
Was kann Attila Mesterházy also ausrichten? Er hat zwar erst in diesem Jahr den
Fraktionsvorsitz der Partei übernommen, doch bereits seit 2002 ist er Präsidiumsmitglied, leitete die Jungsozialisten und war unter Premier Medygyessy
Staatssekretär und in anderen hohen Parteiämtern. Seine Jugend rettet ihn vielleicht vor dem Stigma der "alten Garde" oder des Wendegewinnlers, nicht aber davor, als
Teil der MSZP-Nomenklatura auf der rhetorischen Abschussliste der Fidesz-Wahlkampfstrategen zu stehen.
Als echter Gegner von Viktor Orbán ist er nicht nur aufgrund der Ausgangslage ein
Leichtgewicht, sondern auch, weil er von der alten Riege nominiert wurde, die das Gyurcsány-Desaster mitgetragen hat. Mesterházy ist kein Wunderheiler aus einem
Zauberland, er ist nur der jüngste von den Alten und Berufspolitiker. Er hat zwar immer einmal wieder neue Ideen und gilt innerhalb der Partei als "undogmatischer,
linker Erneuerer", stieß aber die Granden der Partei nie wirklich vor den Kopf, weshalb er es nun auch zum Kandidaten schaffte. Der Fidesz reagierte denn auch
erwartungsgemäß: Mesterházy sei gleichbedeutend mit der Gyurcsány-Bajnai-Ära.
110% sind nicht genug
Attila Mesterházy hat zwei Aufgaben: Schadensbegrenzung bei den kommenden
Wahlen und Formung der Partei als geschlossene Oppositionskraft mit einem klaren Konzept. Dass er sich bei einer dieser beiden Jobs selbst verheizen könnte, muss
einkalkuliert werden. Ihm wird das Stigma des Wahlverlierers nach außen ebenso zu schaffen machen, wie ihn die Rollenspiele der Altgedienten in der MSZP nach innen
beschäftigen werden. Er sollte alsbald den Parteivorsitz einfodern, um die Zügel wirklich in die Hand zu bekommen und einen echten Turn around einzuleiten. Einen
leichten Job hat Mesterházy, dieser chancenlose Hoffnungsträger, jedenfalls nicht übernommen. Auf der Pressekonferenz sagte er, dass er ein Kämpfertyp sei und bis
zur letzten Minute und mit 110% Einsatz kämpfen werde. Das wird nicht genug sein.
-red
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(c) Pester Lloyd
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