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(c) Pester Lloyd / 06 - 2012      WIRTSCHAFT 06.02.2012

 

Scherbenhaufen

Malév: Was Ungarn die Pleite kosten könnte

Dass die Malév-Pleite unvermeidbar war und eher zu spät als zu früh eingeleitet wurde, ist allen klar. Aber die Kosten der Insolvenz kommen zu einer budgetären Unzeit, denn der Haushalt steht ohnehin schon auf tönernen Füßen. Ein ungarisches Wirtschaftsmangazin hat den Versuch unternommen, die finanziellen Risiken der Malév-Pleite zu beziffern, doch auch darüber hinaus warten noch viele Unwägbarkeiten.

Sag zum Abschied leise Szervusz. Stilles Gedenken an den 66jährigen Toten und ein Momentum, dass hinter Zahlen und politischen Spielchen menschliche Schicksale stehen... Mittlerweile gibt es zumindest auch eine engl. Version für die betroffenen Passagiere. http://www.malev.hu/index_en.htm

Das Online-Portal portfolio.hu kommt bei seinen Berechnungen zu dem Schluss, dass durch die Abwicklung "weitere Haushaltsrisiken in Höhe von mehreren hundert Milliarden Forint" auf die Regierung zukommen. (290 Mrd. HUF = 1 Mrd. EUR). Zwar leuchtete nicht nur Experten längst ein, dass der Weiterbetrieb der Malév seit Jahren sträflich kostspielig und ohne Aussicht auf baldige Sanierung geschah, dennoch argumentierte Entwicklungsminister Tamás Fellegi, noch kürzlich in einem "Weißbuch des Malév-Erbes", u.a. dass der Fortbestand der Airline auch für den Budapester Flughafen (BA) von wesentliche Bedeutung sei. Immerhin steuere Malév jährlich 15 Mrd. Forint, rund 50 Mio. EUR Umsatz für den von einer Tochter des deutschen Hochtief-Konzerns betriebenen Airport bei. Fellegi meinte, dass ein Malév-Aus den Großteil dieser Umsätze für Start-, Lande- und Servicegebühren, Büro- und Hangarmieten verloren machen müsste. Fellegi ist übrigens jener Minister, der den IWF nun als Verhandlungsleiter von der strukturellen Sparsamkeit der Regierung überzeugen soll.

Ob die zahlreichen Angebote der sich fast überschlagenden Billigkonkurrenz, den Ausfall der Malév-Gebühren auffangen, darf bezweifelt werden, schließlich sind die Verhandlungspositionen nun ganz andere, seit der staatliche protektionierte Platzhirsch das Revier räumen musste.

Finanzielle Schwierigkeiten des BA würden sich aber wiederum auch für die Staatskasse negativ auswirken, denn aufgrund von Garantievereinbarungen und Ausfallklauseln im Privatisierungsvertrag, könnte der Staat zur Zahlung von bis zu 1,5 Mrd. EUR in einem Betrag verpflichtet sein, was den ohnehin wackeligen Haushalt nachhaltig erschüttern müsste. Zudem wären auch hier Entlassungen erwartbar. Weitere rund 9 Mio. EUR Umsatz gehen der Luftfahrkontrollbehörde HungaroControl jährlich verloren, da Malév als 10%-Eigner ausfällt. Nicht zuletzt gingen dem Staat 8 Mrd. Forint, ca. 27,5 Mio. EUR verloren, die die EU zum Bau des neuen ANS III Kontrollzentrums in Budapest zuschießen wollte.

Portfolio.hu erinnert daran, dass der Haushalt 2012 bereits um rund 2,5% des BIP nachgebessert werden musste, wegen neuer, realistischerer Basisdaten, "unvorhersehbarer Löcher", sowie einem EU-Urteil, das dem Staat die Rückzahlung von rund 280 Mrd. Forint zurückgehaltener Mehrwertsteuer an Unternehmen verordnete. Im letzten Jahr hatte man noch die privaten Rentenbeiträge zur Deckung, in diesem nicht.

Als wollte Petrus seinen Kommentar dazugeben. Am Samstag schneite der BA komplett ein. Mit riesigem Aufwand hielt man den Flugbetrieb dennoch weitgehend aufrecht. Fotos: Budapest Airport

Weitere Kosten, die das Magazin nicht aufführte, summieren sich aus den, mangels Umsatz nicht mehr einholbaren Staatssubventionen, der endgültigen Abschreibung von Altschulden - einige Hundert Millionen Euro, die ein funktionierendes Unternehmen hätte abbauen können, dem Verlust von Umsatzsteuern, aber auch mutmaßlich nicht unwesentlicher Gerichtskosten, wenn, wie zu erwarten, ein Großteil der Dutzenden Gläubiger der Airline sich nicht mit allzu großen Abschlägen auf ihre Forderungen abspeisen lassen will. Dortige Pleiten kosten den Staat ebenfalls Steuern, von Sozialplänen für arbeitslose Malév-Mitarbeiter, die nicht gleich bei der Konkurrenz unterschlüpfen können, hat man dabei noch gar nicht gesprochen.

Die vom Premier gewünschte Etablierung einer "neuen nationalen Airline" dürfte im Lichte dieser Zahlen und Unwägbarkeiten nicht nur schwer finanzierbar, sondern noch schwerer zu rechtfertigen sein. Richtig ist jedoch auch, dass diese Rechnung schon vor Jahren hätte aufgemacht werden müssen, der Schnitt wäre zwar schmerzhaft, aber noch verkraftbar gewesen. Ungarn steht also vor einem Scherbenhaufen, bei dem bald nicht mehr auseinander zu halten ist, von wem welches Stück Porzellan zerschlagen worden ist.

cs. / red.

 

 

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