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(c) Pester Lloyd / 10 - 2012     WIRTSCHAFT   08.03.2012

 

Dank an Deutschland und den Wettergott

Ungarn in Zahlen: statistischer Jahresbericht erschienen

Das Statistische Zentralamt. KSH, hat am Mittwoch eine Zusammenfassung der volkswirtschaftlichen Daten für Ungarn 2011 herausgegeben. Danach muss das Land vor allem der EU, dort vor allem Deutschland und dem Wettergott danken, ohne deren Leistungen oder Gnade es schon im letzten Jahr in eine Rezession gerutscht wäre. Investitionen und Auftragslage lassen abseits der Exportbranchen leider kaum Optimismus zu. Eine Nichtverschlechterung wäre schon eine große Leistung.

Das KSH beginnt mit der Feststellung, dass sich das globale Wachstum 2011 generell verlangsamt hat, der IWF rechnet mit 3,8% weltweit, die Industrienationen schafften im Schnitt nurmehr 1,8% BIP-Wachstum, die EU-27 aber doch 1,6 Punkte mehr als 2010. Wachstumsmotor blieb Deutschland, dessen Performance auch für Ungarn maßgeblich ist. "Im Einklang mit den globalen Wirtschaftstrends verlor auch das Wachstum in Ungarn an Schwung", das KSH kommuniziert also, wie die Regierung, globale Faktoren an erster Stelle. Das BIP wuchs 2011 um 1,7%, im vierten Quartal um 1,5%.

Entwicklung der Industrieproduktion in Ungarn, in Prozent zum jeweiligen Vorjahr.
Alle Daten: KSH, Alle Grafiken: MTI

Investitonen sinken außerhalb der Exportwirtschaft weiter

Es wird eingeräumt, dass der Großteil des Wachstums auf die für den Export ausgerichtete Produktion zurückzuführen ist, die wiederum mehrheitlich in Händen ausländischer Konzerne ist. Beängstigend ist der erneute Rückgang bei den Investitionen, die 4,5% unter dem ohnehin schon niedrigen Vorjahreswert lagen. Lediglich die Investitionen in der industriellen Produktion (Export) legten um fast ein Viertel zu, während fast alle anderen Branchen sowie Immobilien, Groß- und Einzelhandel bis hin zum Lager- und Transportwesen Rückgangsraten von 4 bis 23% aufwiesen.

Landwirtschaft als launischer Wachstumsmotor

Auch die besonders gute Ernte trug einen wesentlichen Anteil dazu bei, dass die ungarische Wirtschaft zumindest in Summe wachsen konnte. Interessanterweise werden die in der Landwirtschaft auftretenden Schwankungen aber nicht als saisonnale Effekte heraus- bzw. glattgerechnet. So war das Volumen dank günstigen Wetters 10% höher als im Vorjahr (bei Getreide sogar +17%), der Warenwert lag sogar 29% über dem Vorjahr, die Erzeugerpreise sprangen um 19%, was den höchsten Sprung seit zehn Jahren bedeutete. Gerade die Lebensmittelpreise taugen durch ihre spekulative Volativität nicht zu einer seriösen Wachstumsprognose.

Während die Rinderbestände 2011 um 2,3% wuchsen (auf 698.000), sank der Bestand an Schweinen auf den "niedrigsten Stand seit Jahrzehnten", nämlich um weitere 4,3% auf noch 3 Mio. Stück. 3,3 Hühner kommen auf jeden Einwohner, macht 33 Mio. (Hühner). Auch die Schafzucht scheint sich nicht mehr zu lohnen, der Bestand ging um 7,3% zurück.

Im Schnitt verteuerten sich die erzeugerseitigen Preise in der Landwirtschaft um 20%, in manchen Segmenten, vor allem bei Getreiden, sogar um über ein Drittel. Demgegenüber steht ein Preisverfall bei Frischgemüse von 12%, der der Überproduktion, billigen Importen und den relativen hohen Baiswerten aus dem Vorjahr anzurechnen ist. Tierische Produkte wurden im Schnitt 15% teurer, was in erster Linie den um 28% gestiegenen Futterkosten zu schulden ist. Dennoch bleibt bei der Differenz der Einkaufs- und Verkaufspreise bei den landwirtschaftlichen Erzeugern ein deutliches Plus von 5,7% bei Bauern und Betrieben hängen. Im Schnitt.

Veränderungen der gesamtwirtschaftlichen Investitionsleistungen

Industrieproduktion legte partiell zu

Die Industrieproduktion stieg im produzierenden Bereich um 5,8%, Bergbau +16%, Energie -1,1%. Auto- und Autozulieferbetriebe, die rund ein Fünftel der gesamten Industrieproduktion Ungarns ausmachen, legten 12% zu. IT-Hardware, Elektronik und Optik produzierten 5,4% weniger als im Vorjahr. Der Maschinenbau war jedoch der Rekordhalter beim Wachstum 2011 und schaffte ein Plus von 44%, allerdings hat er nur einen Anteil von unter 6% an der Industrieproduktion in Ungarn.

Die industriellen Erzeugerpreise entwickelten sich sehr unterschiedlich. Die Chemieindustrie verzeichnete ein Plus von 12,5%, Lebensmittel- Getränke und Tabakindustrie ein Plus von 8,9%, die Inlandspreise stiegen - Danke MOL! - im Schnitt um 6,2% (4,7% Inflation), die Exportpreise um 2,8%.

In der Privatwirtschaft stieg die Zahl der Beschäftigten um 3,4%, die Produktivität um 1,9%. Die Auftragslage im Industriebereich stand Ende Dezember 16% besser als vor einem Jahr, hier konnten auch die o.g. Branchen, die 2011 einbüßten wieder mehr Auftragseingänge verbuchen.

Anzahl der pro Jahr in Ungarn verkauften Wohnungen (Wohneinheiten)

Baubranche als mitschuldiges Opfer der Krise(n)

Am Boden befindet sich weiterhin die Baubranche, seit 2006 geht es hier permanent bergab, besonders stark seit der Krise 2008 und dem darauffolgenden Zusammenbruch des privaten Kreditmarktes (Forex), der auch der sinnlosen Überproduktion von Wohnparks, Malls u.ä. ein unrühmliches und notwendiges Ende setzte. 2011 wurde ein weiteres Minus bei allen Bauleistungen von 7,8% gemessen, Civil Engineering (also Wasserleitungen etc.) reduzierte sich dabei um 3,8%, Gebäudebauten gingen um 11% zurück. Der weitere Niedergang ist vorprogrammiert, Ende des Jahres standen nochmals 42% weniger Aufträge in den Büchern als Ende 2010. Zum Rückgang im Wohnungsbau finden Sie in diesem Beitrag weitere interessante Daten und Fakten. http://www.pesterlloyd.net/2012_08/08wohnungsbau/08wohnungsbau.html

Tourismus stagniert quasi

Schwer seriös zu ermitteln, aber vom Statistikamt dennoch immer wieder versucht, ist die Zahl der in "öffentlichen Übernachtungseinrichtungen" abgestiegenen Touristen. Die Zahlen kann man nur als Richtwerte betrachten, da viel Schwarz läuft und viele wegen der Angst vor dem Finanzamt falsche Angaben machen. Wie auch immer, angeblich ist die Zahl der Touristen 2011 um 1,5% gestiegen. 6% Plus bei den ausländischen Touristen (3,8 Mio.), bei einem Plus von 3,2% bei den Nächtigungszahlen, der inländische Tourismus ging um 2,4% zurück. Die (offizielle) Hotelauslastung lag übers Jahr bei 46,5%.

Bestand an Devisenreserven der Ungarischen Nationalbank in Mrd. EUR

Entsprechend der Entwicklung in Deutschland legten die Exporte um 12% auf fast 80 Milliarden EUR zu, die Importe machten rund 72,8 Mrd. EUR aus, 11% mehr als vor einem Jahr, macht einen Außenhandelsüberschuss von rund 7 Mrd. EUR, nochmal 1,4 Mrd. mehr als im Vorjahr, was vor allem auch den Nationalbankchef freut. Der ungarische Einzelhandel schloss mit ungefähr dem gleichen Ergebnis ab wie 2010.

Zahl der Verkehrstoten auf ungarischen Straßen, nicht um gefahrene Kilometer bereinigt.

Transportwesen / Verkehrstote

Die Leistungen des Transportgewerbes bei Gütern und Passagieren blieben weitgehend unverändert, lediglich der Luftverkehr hat sich um 13% erhöht, in etwa in gleichen Teilen bei Fracht und Passagieren, was sich 2011 (Malév) nicht halten lassen wird. Auch die Nutzung Öffentlicher Verkehrsmittel blieb konstant. 76.470 private Kraftfahrzeuge wurden im letzten Jahr neu zugelassen, ein Viertel mehr als vor einem Jahr, wo der Markt fast völlig zum Erliegen kam. Die Gesamtzahl neuer PkW liegt dennoch rund 2/3 unter dem Schnitt der Jahre 2003-2007, auch das eine Folge des Krisen-Forex-Schnitts. Da weniger Kilometer gefahren wurden (Danke MOL!) gab es fast 3% weniger Unfälle mit Verletzten, 15.800 Unfälle wurden registriert mit 20.800 Verletzten und 638 Toten (-14%), im Verhältnis zu Einwohnerzahl und gefahrenen Kilometern sind dies jedoch rund 40% mehr als in Deutschland.

Zahl der verfügbaren Krankenhausbetten pro 10.000 Einwohner

Bevölkerungsentwicklung

 

Die Bevölkerungsentwicklung weist 88.050 Neugeborene in Ungarn, eine Geburtenrate von 8,8 pro Mille, aus sowie 128.700 Todesfälle (12,9 von Tausend) im Jahre 2011. Die Geburten gingen damit um 2,5%, die Todesfälle um 1,3% gegenüber 2010 zurück, es gab 37.750 Hochzeiten, 0,6% mehr als im Jahr davor. Die Säuglingssterblichkeit lag bei 4,9 auf Tausend, der geringste in Ungarn gemessene Wert. In Deutschland liegt er bei 4,1. Der natürliche Bevölkerungsrückgang summierte sich im Lande auf 40.650 und lag damit rund 550 Personen über 2010, die Gesamtbevölkerung, einschließlich Ein- und Auswanderung wird mit 9.962.000 angegeben, ca. 24.000 weniger als im Vorjahr.

Arbeitsmarkt

Die Beschäftigtenrate stieg bei den 15-64jährigen auf 55.8%, 0,4 Punkte über dem Vorjahr, insgesamt 29.000 Menschen mehr gingen einem registrierten Job nach, die offizielle Arbeitslosenquote lag um die 11%, nur rund 470.000 Menschen waren offiziell als arbeitslos anerkannt. 61,2% der Männer zwischen 15-64 Jahren waren in Arbeit, aber nur jede zweite Frau. Die Jugendarbeitslosigkeit blieb bei ca. 26% stehen. Mehr zum Arbeitsmarkt und der diffizilen Lohn- und Gehaltsstatistik, Brutto- Netto- Reallohnentwicklung, Lohnkompensationen etc.

Mehr zu den Lesarten des Haushaltsdefizits und dem Streit darum mit der EU

cs. / red.

 

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