Ost-West-Drehscheibe
Pester Lloyd Stellenmarkt

Das Archiv ab 1854

 

Hauptmenü

 

 

 

 

(c) Pester Lloyd / 06 - 2013   BALKAN 04.02.2013

 

Die goldene Perspektive?

Ali Ahmeti über die EU-Perspektiven von Mazedonien und dem Balkan

Ali Ahmeti, der Parteivorsitzende der mazedonischen Albaner-Partei DUI, sprach in Wien über Hoffnungen, die Mazedonien mit einem EU-Beitritt verknüpft und über dessen größtes Hindernis: den Namensstreit mit Griechenland. Gleichzeitig nimmt er zu weiteren Balkanstaaten und aktuellen Konflikten Stellung, unterstützt den Kosovo und macht die Stabilität der ganzen Region von der Zukunft des umstrittenen Balkanstaates abhängig.

Das Institut für den Donauraum und Mitteleuropa (DIM) hatte in Kooperation mit der Southeast European Cooperative Initiative, der Politischen Akademie, dem Karl-Renner-Institut und dem Vienna Economic Forum zu einem Vortrag in den Presseclub Concordia nach Wien eingeladen. Gast und Hauptakteur des Abends war Ali Ahmeti (Foto), der Parteivorsitzende der mazedonischen Regierungspartei DUI („Demokratische Union für Integration“), welche die Rechte der Albaner in Mazedonien vertritt. Dabei referierte Ahmeti zum Thema “Western Balkans and EU-Integration: Perspectives for Macedonia”.

Namensstreit muss zu Gunsten von Stabilität durch EU-Beitritt schnell beigelegt werden

Der DUI-Parteichef, früher auch Führer der “Albanischen Befreiungsarmee für Mazedonien”, kam direkt auf die EU zu sprechen und zeigte sich optimistisch, was den Beitritt Mazedonien anbelangt. Um weitere Fortschritte zu erzielen, sei die Zusammenarbeit von lokalen Behörden und Amtsträgern mit der internationalen Gemeinschaft von hoher Bedeutung. Das gelte auch für das große ungelöste Problem, welches dem EU-Beitritt Mazedoniens noch am meisten im Weg stünde: Der Streit um den Namen „Mazedonien“, den der Staat mit Griechenland seit über 20 Jahren ausfechtet. Um diesen zu lösen, sei die Hilfe von „Freunden“ nötig, was als ein Rückgriff auf die Zusammenarbeit mit der Internationalen Gemeinschaft zu verstehen ist.

Tatsächlich scheinen sich Griechenland und Mazedonien durch die Hilfe von UN-Vermittler Matthew Nimetz allmählich anzunähern. Dabei fordert Ahmeti seine schnelle Lösung und zeigt sich diesbezüglich optimistisch, was auch die neuesten Gespräche zwischen Vertretern beider Staaten unterstreichen. Die Rolle der DUI in der Namensfrage definierte der Parteivorsitzende mit der Vertretung der in Mazedonien lebenden Albaner. Der Name müsse im Einklang zu „Parteien und Menschen in Mazedonien“ sein, womit klar ist, dass auch die Minderheiten nicht unterrepräsentiert werden dürfen. Dabei stellst sich sogar die Frage, ob man bei den Albanern in Mazedonien überhaupt von einer Minderheit reden kann, machen diese noch fast 30% der Bevölkerung aus. Fakt ist: Sofern die genannten Bedingungen erfüllt sind, sehen Ahmeti und seine Parteikollegen keinen Anlass, sich gegen einen Namensvorschlag für Mazedonien zu stellen. Republik Nord-Mazedonien sei beispielsweise eine akzeptable Idee.

Ein Beitritt in die EU und auch in die NATO bedeutete für Mazedonien Stabilität, Frieden, Sicherheit und wirtschaftliche Investitionen. Gerade eine starke Wirtschaft helfe gegen viele soziale Probleme, vorneweg gegen Arbeitslosigkeit. Diese hochentwickelte Wirtschaft könne aber nur durch Investitionen entstehen. Gerade für private Investoren aus dem Ausland seien Sicherheit und Stabilität wichtige Voraussetzungen, um in einem Land zu investieren – Voraussetzungen, die sich Mazedonien von einem EU-Beitritt erhofft und womit sich der Argumentationskreis schließt.

„Nachbarschaftsbeziehungen wichtig, Zukunft des Kosovo entscheidend“

Ahmeti stellte er klar, dass gute Nachbarschaftsbeziehungen für Mazedonien wichtig seien, da sonst die Zukunft negativ vorbelastet sei. Im Kern bedeutet das: Streitet man nicht mit dem Nachbarn, kann man mehr Energie auf den Fortschritt des eigenen Landes legen, statt sich mit Nachbarschaftsquerelen rumzuschlagen. In Bulgarien wird Aussage von Regierungsmitglied Ahmeti mit hochgezogener Augenbraue gehört worden sein, nachdem die generell spannungsreichen bulgarisch-mazedonischen Beziehungen in den letzten Monaten ziemlich abgekühlt sind.

Und auch zum aktuellen Geschehen in der Balkanregion äußerte sich der DUI-Vorsitzende. So müsse der Nordkosovo in den Kosovo integriert werden, eine Autonomie oder gar eine Angliederung an Serbien sei keine gute Lösung. Eine Änderung der Kosovo-Grenzen würde einen Dominoeffekt auslösen, der für die Stabilität der gesamten Balkanregion prekär sei. Daher müsse das Interesse bestehen, dass der Kosovo seinen eigenen Staat etablieren, stabilisieren und gute Nachbarschaftsbeziehungen pflegen kann.

 

Zur mittlerweile erfolgten Beseitigung des Denkmals für ehemalige UÇPMB-Mitglieder im südserbischen Preševo äußerte sich Ahmeti kritisch. Es sei zum Schämen, wie sich 7 Millionen Serben gegen 60.000 Albaner durchgesetzt hätten und das Denkmal von der serbischen Polizei einfach rigoros beseitigt worden sei. Dabei wäre eine Konfliktlösung in Form eines Dialogs die bessere Methode gewesen. Dennoch nahm er ein wenig Feuer aus dem Statement, indem er aussagte, dass es an den Albanern in der Region selbst gelegen sei, ihre Situation zu bewältigen. Entspannungspolitik im Stile von Nichteinmischung ist hier für Ahmeti und seine Partei das Credo.

Letztendlich müssen alle Länder der Balkanregion zusammenarbeiten, um drei Ziele zu erreichen: Frieden, Stabilität und Sicherheit. Diese könnten v.a. durch EU- und NATO-Mitgliedschaften erreicht werden, wie er immer wieder betonte. Was die Erreichung der Ziele anbelangt, zeigte sich Ahmeti optimistisch: „Wer hätte die heutige Situation auf dem Balkan vor zwanzig Jahren für möglich gehalten?“

ch.sch.

 

Möchten Sie den Pester Lloyd unterstützen?